Festwirt Hans-Peter Grandl (links) übergibt an Marcel Benz (rechts), Verlegerin Karin Endress (Zweite von links) an Kirsi Fee Wilhelm. Foto: / Wolfgang List

Auf Einladung des „Top-Magazins“ feiern 280 Gäste, darunter zahlreiche Stadtpromis, ein Fest der Tradition und des frischen Winds im Grandl-Zelt. In der Hofbräu-Loge zeigt sich: Der Trend geht zu hochgeschlossenen Blusen fürs Dirndl.

Wer hat’s erfunden? Die Keimzelle der überschwappenden Trachtenwelle vom Neckarstrand befindet sich in der Loge des Grandl-Hofbräu-Zelts. 1999 kam Hans-Peter Grandl, 64, von der Wiesn, wo eine Ochsenbraterei sein Revier war, auf den Wasen. Das Volksfest besaß keinen guten Ruf. Mit Karin Endress, der Chefin des „Top-Magazins“, dachte er sich was Verwegenes aus. Im Herbst 2000 luden sie, unterstützt von der Brauerei, zu einer für Stuttgart in dieser Zeit ungeheuerlichen Wasenparty ein. Auf der Einladung stand: „Bitte kommt in Tracht!“

Von Nopper bis Strobl – auch die Polit-Prominenz ist gekommen

Die Gäste taten’s zurückhaltend. „Viele trugen gerade mal ein Halstüchchen“, erinnert sich die Verlegerin. Und heute? Heute wäre sie mit dem Festwirt steinreich, hätte sie damals eine Provision mit Dirndl-Designern und Dirndl-Läden auf Lebenszeit ausgehandelt. Denn ihre Idee nach Münchner Vorbild hat einen Megahype ausgelöst. Die Macht der Tracht: Ein bisschen ist’s wie Fasching. Wenn sich so viele verkleiden, bleibt dies auf den Verlauf eines Festes nicht ohne Folgen: Mit Kostümen traut man sich was!

Als Vorreiter gilt Hans-Peter Grandl nicht nur bei der Tracht. Schon früh ersetzte er Blaskapellen durch Partybands, vergrößerte das Zelt immer weiter und setzt auf Nachhaltigkeit. Sein Nachfolger Marcel Benz ist bereits an Bord. Mit 280 Gästen – dabei ist ein Who’s who: von OB Frank Nopper und Innenminister Thomas Strobl über Metallarbeitgeberpräsident Stefan Wolf und Moderatorin Petra Klein bis hin zu Musicalstar Kevin Tarte und „Glücksorte“-Autorin Emma von Bergenspitz – kann der Stabwechsel gleich doppelt gefeiert werden. Nach 30 Jahren hat Karin Endress das „Top Magazin Stuttgart“ an Kirsi Fee Wilhelm übergeben, die als neue Chefin auch viele jüngere Gäste eingeladen hat. Tradition trifft auf frischen Wind. Jeder scheint jeden zu kennen. Wie eine große, ausgelassene Familienfeier mit hohem Klatschpotenzial ist’s!

„Der Trend geht zu hochgeschlossenen Blusen“

Binder-Optik-Chef Helmut Baur erinnert sich, als in den Anfängen keiner mit dem Handy Selfies machte. Er brachte einen kleinen Fotoapparat mit. Künstlerin Christa Winter bemerkt, dass früher die Dirndl tiefere Einblicke erlaubten. „Der Trend geht heute zu hochgeschlossenen Blusen“, sagt sie.

The Next Generation feiert die Altvorderen: Viel Beifall gibt’s für Karin Endress und Hans-Peter Grandl. Was sie aufgebaut haben, nutzen die Jüngeren gern als Vorlage für neue Treffer. Die neue Verlegerin Kirsi Fee Wilhelm hat entschieden, dass bei ihrer ersten Wasenparty als Gastgeberin auf Champagner verzichtet wird, auch wenn es dafür einen Sponsor gegeben hätte. Der regionale Gedanke ist ihr wichtig. Einen württembergischen Champagner gibt’s nun mal nicht. Sie will heimische Produzenten unterstützen. „Außerdem ist das Volksfest ein Bierfest“, sagt sie. Ihre Vorgängerin wird ihr beratend zur Seite stehen. Ein bisschen bleibt der Verlag in der Familie: Neuer Mitgesellschafter ist Michael Endress, der Sohn von Uli Endress, mit dem Karin Endress verheiratet ist.