Straßenschneisen, warten an Ampeln – was Fußgänger nervt, ahnen die Ämter eigentlich schon ohne wissenschaftliche Hilfe Foto: Rudel/Regenscheit

Die Wege der Fußgänger werden viel zu wenig beachtet, meint die Stadt – und vergibt für 85 000 Euro, um dies zu ändern.

S-Mitte - Einfach durch die Innenstadt schlendern war gestern. Die Zukunft des Fußgängerwesens beginnt mit „making walking count“ – was in etwa bedeutet: einer Verkehrszählung auf den Gehwegen. Denn die Datenbasis ist erstens dünn, zweitens fehlerhaft. Auf die Zählung folgt die Debatte, „walking audits“ benannt, an der die Bürger sich rege beteiligen sollen. Schließlich ist das Gehen wichtig für die Kultur einer Stadt, ihre soziale Struktur und ihr Wirtschaftsleben.

Derlei Erkenntnisse sind in einem achtseitigen Papier nachzulesen, mit dem Stuttgart sich um Fördermittel zum Wohle des Fußgängerwesens beworben hat, samt Arbeitsplan, Meilensteinplan und Ressourcenplan. Der Bund billigte das Vorhaben und gewährte knapp 100 000 Euro aus seiner Kasse. Auf etwa 120 000 Euro sind die Untersuchungen zum Wohle der Fußgänger insgesamt kalkuliert. Das Projekt namens „Besser zu Fuß unterwegs in Stuttgart“ hat im Juli begonnen und soll meilensteinplangemäß im März nächsten Jahres enden – mit einem Abschlussbericht.

Den größten Teil der Gesamtkosten überweist die Stadt weiter. Rund 85 000 Euro bekommen vier Gesellschaften für Marketing, Moderation, Koordination und Meinungsforschung. Vier Ämter sind beteiligt, die SSB und die Universität Stuttgart. Eine Arbeitsgruppe soll alle zwei Wochen tagen, um „in Politik und Gesellschaft eine fruchtbare Diskussion in Gang zu bringen“ und in fernerer Zukunft die „Walkability“ zu verbessern, die Begehbarkeit. Dem Projekt dürfte internationale Aufmerksamkeit gewiss sein. Seinen Anfang nahm es im Juli 2011, als Oberbürgermeister Wolfgang Schuster die „Internationale Charta für das Gehen“ unterschrieb.

Auf das eine oder andere Hindernis für die Walkability sind die Ämter bereits ohne Hilfe gekommen: Wege sind schmal, schlecht beleuchtet, mit Autos oder Tischen von Straßenwirtschaften verstellt. An Straßenschneisen schlendert niemand gern entlang. Fußgänger müssen an Ampeln zu lange warten und dann über die Straße hetzen, weil die Grünphase zu kurz ist. So steht es in Gemeinderatsunterlagen.