Gustav Ermert sagt, auch die schlechte Planbarkeit wegen der Pandemie habe das Aus für „Kultur bei uns“ beschleunigt. Foto: Caroline Holowiecki

38 Jahre lang haben Ehrenamtliche in Sillenbuch Lesungen, Konzerte, Kindertheater und mehr ausgerichtet, nun wurde das Projekt eingestellt. Warum?

Was für ein Erlebnis! Gustav Ermert ist auch Tage später noch begeistert. 180 Besucher waren beim Klavierkonzert in der Riedenberger Emmauskirche, das die Sillenbucher Initiative „Kultur bei uns“ jüngst ausgerichtet hat. Im Foyer habe man zusätzlich Stühle platzieren müssen. „Ein Riesenerfolg, sagenhaft“, sagt er. Den negativen Beigeschmack schiebt der 73-Jährige in diesem Moment beiseite. Denn das fulminante Konzert war zugleich auch das letzte von „Kultur bei uns“. Die ehrenamtlichen Organisatoren hören auf.

38 Jahren hat das vereinsartig organisierte Team das Kulturleben mit Musik, Lesungen, Vorträgen, Kindertheater und mehr bereichert. Das Ziel: etwas vor Ort anbieten und möglichst Künstlerinnen und Künstler aus dem Bezirk einbinden. „Wir hatten bis zu 1000 Besucher im Jahr“, sagt Gustav Ermert, der sich 16 Jahre lang unter anderem um den Newsletter, die EDV und die Plakate gekümmert hat. Was nun jedoch zum Aus geführt hat, ist eine komplexe Gemengelage.

Veränderte Förderbedingungen haben den Ausschlag gegeben

Zum einen ist laut Gustav Ermert die Gruppe zerbröckelt. Nach und nach hätten Engagierte altershalber oder jobbedingt aufgehört, „es kamen keine neuen nach“, sagt er. Zuletzt sei man noch zu fünft gewesen. Auch die Unwägbarkeiten und die schlechte Planbarkeit wegen der Pandemie hätten die Arbeit erschwert. Den letzten Schubser hat eine Veränderung bei der Förderung durch den Bezirksbeirat gegeben. Aus dessen Budget hat man stets einen fixen Betrag erhalten, jüngst aber ist dem Rechnungsprüfungsamt aufgefallen, dass in Sillenbuch jahrelang Geld falsch vergeben wurden. Finanzielle Mittel müssen demnach im Vorfeld beantragt werden, also bevor eine Anschaffung getätigt oder eine Veranstaltung ausgerichtet werden, so steht es in der Geschäftsanweisung für die Gewährung von städtischen Zuwendungen. Die Vergabe eines Pauschalbetrags ist demnach nicht zulässig.

„Wir würden weiterhin Geld kriegen, aber nicht die 8000 Euro“, sagt Gustav Ermert. Künstlerhonorare kenne er zwar im Vorfeld, vieles aber nicht, etwa die Kosten für die Gema oder Plakate. „Das war, wie man so schön sagt, der letzte Tropfen. Das wäre ein Riesenaufwand gewesen.“

In vielen Mails wird Bedauern über das Ende geäußert

Die Ehrenamtlichen haben schon fast alles abgewickelt. Die Homepage ist gelöscht, Verträge sind gekündigt, die „Kultur bei uns“-Freunde wurden per Newsletter informiert. Gustav Ermert hat viele Antwortmails erhalten. Manche hat er sich ausgedruckt. Eine Person hat einen virtuellen Blumenstrauß geschickt, eine schreibt von einer Hiobsbotschaft.

„Gerade für uns ältere Menschen ist es ein Verlust“, steht in einer dritten Mail. Auch intern wird der Abschied bedauert, betont Gustav Ermert. Was ihn tröstet: dass das letzte Konzert so ein toller Erfolg war. Er lächelt. „Ein schöner Abschluss.“