Horst Fischer erläutert den Fortschritt auf der Baustelle. Foto: Martin Tschepe

Bei einer Baustellenführung bekommen Anwohner, Ex-Schüler und interessierte Bürger einen Einblick in die Arbeiten am Ludwigsburger 200-Millionen-Euro-Projekt.

Ein Nachmittag im Herbst auf der Kaiserstraße in Ludwigsburg – zur Mega-Baustelle sind es von hier aus nur eine paar Schritte. Einen Steinwurf entfernt von den Arbeiten haben sich rund zwei Dutzend Männer und Frauen für eine Führung über die Baustelle des Bildungszentrums West versammelt. Ein Mann erzählt mit einem Grinsen im Gesicht, dass er oft an diesem Ort vorbei fahre und schlicht neugierig sein. Ein Ehepaar sagt, sie beide wohnten gleich nebenan – und hätten ihre Kinder wegen des Neubaus des Bildungszentrums bewusst nicht in eine der weiterführenden Schulen hier geschickt, sondern ins Schiller-Gymnasium in der Innenstadt. Abitur machen quasi auf einer Baustelle, das sei doch nichts.

 

Wie sieht es in ihrer einstigen Schule aus?

Zur Besichtigung der Bauarbeiten sind auch Meike Riley und Gesine Hölscher gekommen. Die die beiden Schwestern haben in den 1980er-Jahre das Otto-Hahn-Gymnasium (OHG) besucht und sind gespannt: Wie sieht es in ihrer einstigen Schule aus? Was tut sich auf der Baustelle?

Eine top Sicht auf die Baustelle

Und los geht’s. Die beiden Projektleiter Horst Fischer und Michael Hüttig vom städtischen Fachbereich Hochbau und Gebäudewirtschaft geleiten die Bürger ins alte OHG und dann in das Zimmer A103 im ersten Stock. Von dort aus hat man eine top Sicht auf die Baustelle, schaut aus wie eine Szene aus einem Wimmelbuch. Es ist zwar bereits kurz nach 17 Uhr, aber noch wuseln ein paar Bauarbeiter mit gelben Westen über das Areal.

Wer eine wahre Führung über die Baustelle erwartet hat, wird ein klein bisschen enttäuscht, denn die nächsten etwa eineinhalb Stunden wird die Gesellschaft im Zimmer A103 zubringen. Noch sagt Horst Fischer, sei es schlicht zu gefährlich, mit so vielen Leuten direkt zu den Bauarbeitern zu gehen. Vielleicht später mal, es seien weitere Führungen fest eingeplant. Infos indes bekommen die Männer und Frauen an diesem Frühabend so viele, dass sie sich alle Details ganz bestimmt nicht merken können.

Die Baustelle hat große Dimensionen. Foto: Martin Tschepe

Im Zeit- und Kostenplan

 Man sei im Zeitplan, so Fischer. Und auch der Kostenrahmen werde – Stand heute – eingehalten. 200 Millionen Euro! So viel Geld hat die Stadt Ludwigsburg für ein Einzelprojekt noch nie ausgegeben. Der Schulbetrieb laufe während des gesamten Arbeiten weiter. Die ersten zwei von drei neuen Gebäuden fürs OHG, für die Gottlieb-Daimler-Realschule, für die Abendrealschule, die neue Mensa, die Volkshochschule und die Stadtteil-Bibliothek entstehen auf den Freiflächen unmittelbar neben dem Altbau.

Wenn diese zwei Gebäude fertig sind, erfolgt der erste Teilumzug, voraussichtlich Ende 2027, Anfang 2028. Dann werde das alte Realschulgebäude abgerissen und an dessen Stelle das dritte neuen Gebäude errichtet. Komplett fertiggestellt werden solle das neue Bildungszentrum West im Jahr 2030. Bis die Außenanlagen auch noch hergerichtet sind, werden dann voraussichtlich nochmal zwei Jahre vergeben.

Novum für das Sportgymnasium

Horst Fischer zeigt aus einem der vielen Fenster im Raum A103 in Richtung des riesigen Krans auf der Baustelle. Genau dort entstehe eine sogenannte Bewegungslandschaft für den Sportunterricht mit einer Kletterwand, mit Seilen und einer Grube. Ein Novum für das Sportgymnasium und die Realschule.

Fischer erzählt indes auch, dass das Projekt vor ein paar Jahren zusammengestrichen worden sei. Zunächst seien zusätzlich eine neue Sporthalle und auf einem der neuen Gebäude eine weitere Etage geplant gewesen. Dieses Stockwerk könne aber, falls eines Tages nötig und finanzierbar, drauf gesetzt werden auf den Neubau. Nach der Fertigstellung habe das Bildungszentrum West etwa 28 000 Quadratmeter Flächen, rund 8000 mehr als derzeit.

Das Interesse an dem Bauprojekt ist groß. Foto: Martin Tschepe

 Die Bürger sind neugierig und fragen. Wie wird künftig geheizt? Antwort: mit Fernwärme. Gibt es eine Klimaanlage? Nein, geplant sei eine sogenannte adiabate Kühlung, das sei eine energieeffiziente Methode der Kühlung von Luft, die auf dem Prinzip der Wasserverdampfung basiere. Bleibt das Schulgelände für Öffentlichkeit jederzeit begehbar? Ja. Und könnten die Räume „des Stadtteilzenturms“, so die Frage einer Frau, auch außerhalb der Unterrichtszeit anderweitig genutzt werden? Das, so Horst Fischer, könne er nicht beantworten. Er erwarte aber Diskussionen zu dieser Frage. Die neue Mensa, so der Mann von der Stadtverwaltung weiter, habe jedenfalls eine Bühne. Geplant seien zudem ein Lesegarten, ein paar Parkplätze in der Kaiserstraße für die Autos von Menschen mit Behinderung sowie viele Abstellplätze für Fahrräder.

Noch sind im Untergrund die riesigen Rohre zur Be- beziehungsweise zur Entlüftung der neun Gebäude zu sehen. Doch die Baustelle dürfte flott wieder wachsen. Wer weiß: womöglich sind bei einer der nächsten Führungen über das Areal schon die ersten Stockwerke im Rohbau zu sehen.

„Das wird richtig gut.“

Die beiden Ex-OHGlerinnen wollen wieder kommen. Was sagen die Schwestern zu ihrer alten Schule und dem Mega-Projekt? „Super spannend.“ Die beiden sind sich einig: Es sei erschreckend, dass das alte Gebäude, das erst vor gut 40 Jahren errichtet wurde, derart marode ist. Es sei aber „ganz toll“, was die Stadt Ludwigsburg für die Schülerinnen und Schüler tut. „Das wird richtig gut.“