Senioren und Schüler kochen gemeinsam Maultaschen. Foto: Fatma Tetik

Herrgottsbscheißerle gefüllt mit Pistazien und Duftreis? Na klar! Bei einem Projekt an der Gotthard-Müller-Schule in Filderstadt kochen Senioren mit ausländischen Schülern: Sie haben 18 neue Maultaschen-Füllungen zusammengestellt – ganz international.

Bernhausen - Maultaschen sind aus der schwäbischen Küche nicht wegzudenken. Auf ihr liebevoll auch Herrgottsbscheißerle genanntes Nationalgericht lassen die Schwaben nichts kommen. Das Flaggschiff der schwäbischen Hausmannskost ist seit 2009 sogar von der EU in seiner Herkunftsbezeichnung geschützt. Umso ungewöhnlicher ist das aktuelle Projekt in der Vorbereitungsklasse der Gotthard-Müller-Schule: In der Schulküche der Gemeinschaftsschule kreieren die ausländischen Schüler gemeinsam mit betreuten Bewohnern der Wohngemeinschaft für Senioren WGfS neue Varianten der Traditionsspeise. Das Besondere: die Teigtaschen werden mit den Nationalspeisen aus den Herkunftsländern der Schüler gefüllt. Die Idee zu dem Kochprojekt stammt von Jan Stark. Der Pädagoge unterrichtet die Vorbereitungsklasse mit Schülern aus insgesamt 13 Nationen.

Mit der WGfS besteht seit geraumer Zeit eine enge Kooperation, bei der gemeinsame Projekte und Aktivitäten von Senioren und geflüchteten Schülern im Vordergrund stehen. Im vergangenen Jahr wurde ein Theaterstück entwickelt und es gab gemeinsame Malkurse. Nun geht es also dem Heiligtum der Schwaben an den Kragen. „Zugegeben, die Idee ist schon ziemlich verrückt“, sagt Jan Stark.

Plätzchen mit Migranten gebacken

Und dennoch sei das Projekt eine gute Möglichkeit, um Brücken zu bauen. „Religion, Herkunft und Alter spielen beim Kochen keine Rolle“, sagt Stark. Sprachliche und soziale Grenzen als auch manche Vorurteile könnten am Küchentisch überwunden und abgebaut werden. Margot Kühnle vom Haus Albblick in Harthausen hat an Weihnachten schon Plätzchen mit den Migranten gebacken. Nun steht die 77-Jährige gemeinsam mit Mädchen und Buben aus Syrien, Afghanistan, Afrika, Albanien oder Griechenland in der Schulküche und schnippelt Zutaten für die exotischen Maultaschen-Füllungen.

Die Rezepte dazu haben die Schüler der Vorbereitungsklasse geschrieben. Moien aus Afghanistan hackt Pistazien, die mit einer duftenden Reismasse vermengt werden. „Das koche ich daheim auch oft mit meiner Mama. Es riecht nach meiner Heimat“, sagt der Zehnjährige, während er im Kochtopf rührt. Kühnle findet es spannend, die traditionelle Maultasche neu zu interpretieren. „So etwas wäre zu meiner Zeit noch undenkbar gewesen.“ Die Zusammenarbeit mit den jungen Menschen sei erfrischend und mache großen Spaß.

Die Rezepte sind nichts für Exotik-Muffel

Auch ihre Mitbewohnerin Elisabeth Pöhler freut sich über das generationenübergreifende Kochprojekt. „Die Abwechslung zum Alltag im Heim tut richtig gut“, sagt die Seniorin. Der Kontakt zu den jungen Menschen wirke wie eine Frischekur, schildert die 87-Jährige. Sprachlich gebe es gelegentlich noch Schwierigkeiten. „Das liegt aber daran, dass die jungen Leute kein Schwäbisch verstehen“, sagt sie lachend. Einmal die Woche treffen sich die Senioren und Schüler nun, um gemeinsam die internationalen Maultaschen zu kochen. Für die kulinarische Reise konnte Jan Stark zudem die Köchin Mora Fütterer aus Stuttgart gewinnen, die das Projekt fachmännisch begleitet.

Die Rezepte seien nichts für Exotik-Muffel, so Fütterer. Wer die Teigtaschen mit den verschiedensten Füllungen jedoch probiere, komme voll auf seine Kosten. Möglich ist das bei der Abschlussveranstaltung am 7. April, 15 Uhr, im Café Casa, an der Nürtinger Straße 11. Die insgesamt 18 neuen Maultaschen-Rezepte werden anschließend in einem bebilderten Kochbuch zusammengefasst. Der Erlös aus dem Buchverkauf bei der Abschlussveranstaltung kommt Folgeprojekten der Vorbereitungsklasse zugute, sagt Jan Stark.