Egal, ob in München oder im Kreis Ludwigsburg: Wohnen ist teuer. Foto: dpa/Simon Ribnitzky

Die Gemeinde Murr steigt mit ihrer Sozialstiftung in das Projekt „Türöffner“ der Caritas ein. Darin geht es darum, Wohnraum an Personen zu vermitteln, die auf dem freien Markt keine Chance hätten.

Murr - Jahrelang vermietete Gabriele Lehmann mit ihrer Familie ein kleines Haus in Walheim als Ferienwohnung. Die Wohnungsnot im Landkreis Ludwigsburg stimmte die Mundelsheimerin jedoch nachdenklich. „Uns geht es gut, andere haben es sehr schwer, ein Dach über dem Kopf zu finden“, sagt sie – und bereut es nicht, ihren Wohnraum dem Caritas-Projekt „Türöffner“ zur Verfügung gestellt zu haben.

Eine alleinerziehende Frau mit zwei Kindern, die aus einem anderen Kulturkreis stammt, kam auf den 63  Quadratmetern des Lehmann’schen Hauses unter. Genau solchen Menschen, die auf dem freien Wohnungsmarkt so gut wie keine Chancen haben, möchte die Gemeinde Murr helfen. Sie ist jetzt mit ihrer Sozialstiftung als Partner beigetreten. „Die Caritas bietet sich als verlässlicher Mieter an für Wohnraum, der bisher nicht genutzt wird“, erklärte der Bürgermeister Torsten Bartzsch kürzlich im Gemeinderat. Der Vorteil für Vermieter bestehe darin, dass die Caritas sie entlastet und sogar die Verwaltung des Mietverhältnisses übernimmt. „Treten Probleme auf, schickt die Caritas Sozialarbeiter vorbei“, erklärt Bartzsch, der in seiner Gemeinde dafür wirbt und bereit ist, einmalig aus Mitteln der Sozialstiftung 2500 Euro an die Caritas zu zahlen.

Bisher haben 132 Menschen eine Wohnung gefunden

Eine solche Förderung durch eine Kommune könne das Projekt „Türöffner“ gut gebrauchen, erklärt Ellen Eichhorn-Wenz, Leiterin der Stabstelle Strategische Projekte bei der Caritas-Regionalstelle Ludwigsburg-Waiblingen-Enz. Solche einmalige Zahlungen dienten etwa dazu, Schäden an alten Wohnungen zu beheben und sie zu renovieren. Die Caritas erhalte Zuschüsse insbesondere durch explizite Kooperationen, wie sie mit Kommunen wie Ludwigsburg, Freiberg, Gerlingen, Ditzingen und Murr bereits bestehen. Im Gespräch stehe die Caritas zudem mit Asperg. Seit dem Start des Projekts im Jahr 2019 seien 43 Wohnungen angemeldet worden. Darin fanden bisher 132 Menschen auf 2900  Quadratmetern ein Obdach. Oft seien die Mieter auch wirtschaftlich eigenständig, würden aber auf dem freien Markt wegen ihres Migrationshintergrunds von Eigentümern nicht aufgenommen.

Reich werden können Vermieter nicht, wenn sie die Caritas als Mieter zwischenschalten. Dafür sparen sie sich eine Menge Arbeit. „Wir haben viele jüngere Vermieter, die woanders leben und sich nicht intensiv um ihre Immobilie kümmern können – oder aber ältere, die mit der Mieterauswahl und Formalitäten wie der Nebenkostenabrechnung überfordert wären“, erzählt Ellen Eichhorn-Wenz. Auf der anderen Seite wollten manche Vermieter lieber Herz zeigen und verzichteten deshalb auf maximalen Profit. „Orte wie Gerlingen, Ditzingen oder Kornwestheim zählen zu den teuersten Mittelstädten in Deutschland“, weiß Eichhorn-Wenz. Vermieter dort würden – je nach Zustand der Wohnung – schon mal dreistellige Eurobeträge weniger einnehmen, wenn sie ihre Wohnung bei „Türöffner“ vermieteten.

Die Caritas garantiert die Mietzahlungen

Die Miete fließt durch die Caritas immer – gerade auch, wenn Empfänger von Sozialleistungen das Angebot nutzten. „Sie unterschreiben bei uns eine Abtrittserklärung – das Geld fließt direkt vom Jobcenter an die Vermieter“, erklärt Ellen Eichhorn-Wenz, die den Landkreis Ludwigsburg lobt, weil er die Mietobergrenzen für die Hartz-IV-Empfänger angehoben habe. Damit würde eine Vermietung finanziell lohnenswerter. Im Rems-Murr-Kreis hingegen sei die Mietobergrenze niedriger. Dies sei mit ein Grund dafür, dass dort bisher nur sechs Mietverhältnisse zustande gekommen seien.

Wer eine Wohnung für das Projekt „Türöffner“ anbieten möchte, sollte sich an Ellen Eichhorn-Wenz unter Telefon 01 71 / 706 70 78 oder eichhorn-wenz@caritas-ludwigsburg-waiblingen-enz.de wenden.

Das Projekt "Türöffner" der Caritas Baden-Württemberg
Wohnraum ist knapp geworden. Die Caritas, der Sozialverband der katholischen Kirche, hat deshalb im Jahr 2019 das Projekt „Türöffner“ gestartet. Diese Wohnraumoffensive dient dazu, mithilfe der katholischen Kirchengemeinden aber auch der bürgerlichen Gemeinden im Landkreis Ludwigsburg Wohnraum zu akquirieren.

Zielgruppe sind Menschen in schwierigen Lebenssituationen. Sie sollen die Wohnungen anmieten können. Es sind Personen, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind oder ein oder mehrere Kinder alleine erziehen müssen. Auch Menschen mit Fluchterfahrungen gehören zu den möglichen Mietern, die sonst schlechte Chancen hätten.

Befristete Zeit Die Caritas strebt ein langfristiges Mietverhältnis an. Falls dies möglich ist, begrüßt der Sozialverband das. „In diesem Falle würden wir uns aus dem Mietverhältnis zurückziehen.“ Grundsätzlich ist es aber laut Caritas das Bestreben, das Objekt zunächst für die Dauer zwischen drei und zehn Jahre anzumieten.