Birgit Haas erklärt Pflanzen. Foto: Rutschmann

Die VHS-Ökostation am Stuttgarter Wartberg ist offizielles Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt. Den Mitarbeitern geht es darum, den Besuchern für einfaches Gärtnern nahe zu bringen.

Stuttgart-Nord - Das Wildkräuterbuffet musste nach dem botanischen Spaziergang durch den Garten der VHS-Ökostation am Wartberg wegen der Coronapandemie ausfallen. Aber zumindest mit dem Wein vom Projekt „Steiler Zucker“ konnten die Teilnehmer anstoßen. Und dazu gab es beim Gartenfest zum Abschluss der Sommerwochen allen Grund: Die VHS-Ökostation wurde als offizielles Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt geehrt. „Wir haben drei Projekte eingereicht, wurden jetzt aber für unsere gesamte Bildungsarbeit ausgezeichnet“, sagt Susann Haalck. Sie ist stellvertretende Direktorin bei der VHS für Finanzen, Personal sowie zentrale Verwaltung.

Jeden Tag etwas „Wildes“

Auch beim diesjährigen Gartenfest wurden die Gäste durch den 4500 Quadratmeter großen Naturgarten geführt: Dass Heidelbeeren, Brombeeren, Himbeeren zu den Köstlichkeiten gehören, die der Sommer zu bieten hat, das ist bekannt. Die orangefarbenen Vogelbeeren genießen jedoch keinen guten Ruf.

Zu Unrecht, weiß Birgit Haas von der Ökostation. Denn die Früchte der Eberesche können gegessen werden, und sie sind sogar sehr lecker. Frisch vom Baum gepflückt, schmecken sie sauer und ein bisschen bitter durch ihren hohen Gehalt an Parasorbinsäure. Abgekocht und eingefroren werden diese Stoffe abgebaut, und die Beeren können zu Marmelade oder Chutney verarbeitet werden. Die Vogelbeere passt deshalb wunderbar zum Credo von Birgit Haas: „Jeden Tag etwas Wildes“. Haas will den Besuchern der Ökostation einfaches Gärtnern nahe bringen und sie für die Gaben der Natur interessieren.

Deshalb fordert sie die Gruppe auch auf, im eigenen Garten Platz für sogenannte „Überlebenskünstler“ zu lassen, die wenig Pflege und Wasser benötigen. Dazu zählt beispielsweise die Wilde Möhre, die Urgroßmutter aller Karotten, deren Samen aus den Dolden sehr lecker schmecken oder der Wilde Oregano, der sich zu Kräuterbüscheln verarbeiten lässt. Es geht darum, alte Aromen wieder neu zu entdecken. Kräuter, die viele für Unkraut halten, haben sechs bis sieben Mal mehr Inhaltsstoffe als das Obst und Gemüse aus dem Supermarkt. So enthält der Giersch mehr Vitamin C als ein Kopfsalat. Und aus den Blättern des Maulbeerbaums, die 25 Prozent pflanzliches Eiweiß beinhalten, lassen sich wie aus Haselnussblättern Smoothies zaubern. Die Früchte des Speierlings mit adstringierenden Wirkung werden zudem genutzt, um Most haltbarer zu machen.

„Die Sommerwochen sind für uns ausgesprochen wichtig“, stellte VHS-Fachbereichsleiterin Karin Haupt fest. Sie würde sich noch mehr Schulklassen wünschen, die das grüne Klassenzimmer als Lernort nutzen. Seit 20 Jahren engagiert sich Haupt mit ihren rund 60 Helfern für die Ökostation, die auch ein kontemplativer Ort sein kann. An diesem Abend trifft sich auch eine Yogagruppe oben am Berg

Über die Anerkennung als offizielles Projekt der UN-Dekade biologische Vielfalt freute sich auch Bezirksvorsteherin Sabine Mezger. Sie überreichte einen kleinen Vielfaltsbaum aus Holz als Trophäe. „Ihre Arbeit macht Mut und Hoffnung und zeigt, was man erreichen kann, wenn man mit und nicht gegen die Natur arbeitet“, sagte Mezger und plädierte für eine Abkehr von monotonen und bienenfeindlichen Steingärten in Stuttgart.