Karlheinz Kreuter kämpft sich durch eine Brombeerhecke, die im Garten eines Kunden in Waiblingen wuchert. Foto: Gottfried Stoppel

Karlheinz Kreuter übernimmt im Auftrag der Freiwilligen-Agentur Waiblingen kleine Reparaturaufträge im Haushalt. Bei seinem jüngsten Einsatz hat er es mit einer Brombeerhecke aufgenommen.

Waiblingen - Diese Brombeerhecke wäre die ideale Kulisse für einen Dornröschen-Film. Gut drei Meter hoch steht sie wie eine dornige Wand im Garten eines Einfamilienhauses in Waiblingen. Karlheinz Kreuter begutachtet das Gestrüpp mit Kennerblick. Und beschließt: ohne Akku-Heckenschere führt kein Weg zu den Träublesbüschen, die sich da irgendwo unter teils üppig grünen, teils abgestorbenen und verholzten Ästen verbergen. „Ich hatte letztes Jahr die Hand gebrochen und konnte nichts machen“, sagt der Gartenbesitzer, Kreuters Kunde, entschuldigend, „das richtige Werkzeug habe ich auch nicht. Jetzt komme ich gar nicht mehr zurecht.“

Fahrtkostenerstattung für Ehrenamtliche

„Sie sind ein echter Lichtblick“ – den Satz hat Karlheinz Kreuter seit seinem ersten ehrenamtlichen Einsatz vor ungefähr drei Jahren schon des Öfteren gehört. Und dieses Wort steht auch auf dem blauen T-Shirt, das er bei seinen ehrenamtlichen Arbeitseinsätzen gewissermaßen als Dienstkleidung trägt. Im Auftrag der Freiwilligen-Agentur Waiblingen rückt der 64-Jährige gegen einen Fahrtkostenersatz zu jenen aus, die seine Unterstützung brauchen: Menschen, bei denen der Wasserhahn tropft, eine Deckenlampe oder der Fernseher angeschlossen oder ein Heizkörper entlüftet werden muss.

Berufshandwerkern wolle man dabei keine Konkurrenz machen, betont Birgit Rachbauer vom Koordinationsteam der Freiwilligen-Agentur Waiblingen: „Unsere Ehrenamtlichen erledigen nur kleine Aufträge, bei denen kein professioneller Handwerker kommen würde, weil es sich einfach nicht lohnt. Ein Einsatz sollte maximal eine Stunde dauern.“ Insgesamt sechs Freiwillige sind derzeit für das Angebot „Lichtblick“ tätig – alle sind männlich. „Wir legen Wert auf Allrounder“, sagt Birgit Rachbauer. Allerdings hat so mancher Ehrenamtliche ein Spezialgebiet, das ihm besonders liegt.

Die Geräte bringen die Helfer

Karlheinz Kreuter ist gelernter Elektriker, erledigt aber im Bedarfsfall, so wie an diesem Tag, auch Einsätze im Garten. Eben hat er eine Akku-Heckenschere aus dem Auto geholt und will loslegen. „Die Geräte, die ich für einen Einsatz brauche, habe ich selbst – oder ich weiß, wo ich sie ausleihen kann“, sagt er. So halten es alle Lichtblick-Mitarbeiter. Die Freiwilligen-Agentur habe sich dagegen entschieden, einen eigenen Fuhrpark anzuschaffen, erklärt Birgit Rachbauer: das sei eine Kostenfrage, zudem fehle der Agentur auch der für eigenes Werkzeug nötige Stauraum.

Kreuter schmeißt seine Heckenschere an und legt los. Unter lautem Rattern frisst sich das Schneidwerkzeug durch die gut fingerdicken Ranken. Ruckzuck ist die Wiese übersät mit Zweigen. Kreuters Kunde packt mit an: Er schnappt sich einen Rechen und sammelt das Schnittgut zusammen, das sich bald zu einem fast hüfthohen Hügel türmt. Nebenbei erzählt er von früher: Das Haus, Baujahr 1949, hätten die Eltern sich mühevoll zusammengespart, im Garten sei einst das Gemüse für die Familie gewachsen. Heute sprießt dort das Gras – und eben die Brombeeren.

Die Heckenschere macht schlapp

Karlheinz Kreuters Heckenschere macht plötzlich seltsame Geräusche und stoppt gleich darauf. Der Akku ist leer. Ein Glück, dass der Lichtblick-Mann Ersatz dabei hat. Ein Passant läuft am Gartenzaun vorbei und nickt Kreuter angesichts der Berge von Brombeerranken anerkennend zu. Nach etwa 20 Minuten stößt dieser auf eine längst vergessene Teppichklopfstange, die komplett unter der Hecke verschwunden war. „Die Johannisbeeren gibt’s wohl nicht mehr“, meldet der 64-Jährige wenig später aus dem Gebüsch. Und ruft dann kurz darauf: „Ich hab’ jetzt den Durchblick“ – er ist am Zaun zum Nachbargrundstück angekommen. Karlheinz Kreuters Kunde ist beglückt: „Das Gröbste ist jetzt weg, jetzt hab’ ich wieder Mut und kann alleine weiter machen.“ Das Urteil des 67-Jährigen über Karlheinz Kreuters Einsatz: „Das ist wie ein kleines Wunder.“

Anlaufstelle für Ehrenamtliche und Hilfesuchende

Bürgerengagement
Die Freiwilligen-Agentur Waiblingen berät Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren wollen und ein passendes Einsatzfeld suchen. Sie ist ein Angebot der Stadt Waiblingen und arbeitet mit Institutionen aus den Bereichen Senioren, Bildung, Kinder und Jugend zusammen.

Kontakt
Das Büro im Familienzentrum Karo, Alter Postplatz 17, ist mittwochs von 14 bis 16.50 Uhr geöffnet.

Lichtblick
„Kleine Hilfen im Alltag“ bietet das Projekt Lichtblick, bei dem Ehrenamtliche Hilfesuchende gegen einen geringen Obolus unterstützen: beim Ausfüllen von Formularen, Programmieren von Fernsehgeräten, Reparieren von tropfenden Wasserhähnen oder Aufhängen von Gardinen und Bildern.

Bedingungen
Die Einsätze im Rahmen von Lichtblick sollten nicht länger als eine Stunde dauern. Pro Auftrag fällt eine Aufwandsentschädigung von zehn Euro zuzüglich Material an. Für Inhaber des Stadtpasses entfällt diese. Anmelden kann man sich unter Telefon 0 71 51/982 24 89 11.