In seiner ersten Amtszeit hielt Donald Trump die USA und die Welt in Atem. Nun kommt er aller Voraussicht nach zurück - entfesselter und extremer denn je. Mit dramatischen Folgen. Ein Überblick über seine Pläne für seine zweite Amtszeit als US-Präsident.
Nach dem Wahlsieg des republikanischen Kandidaten Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl am 5. November liegt ein konkreter Fahrplan vor, der einen radikalen Umbau des Regierungsapparats in Washington und die Bündelung der Macht in den Händen des Präsidenten vorsieht.
Trump hat sich von dem „Project 2025“ genannten Konzept zwar öffentlich mehrfach distanziert. Dennoch ist dieses in zentralen Punkten deckungsgleich mit seinen politischen Positionen.
„Project 2025“: 180-Tage-Plan für Amerikas Umbau
Im April 2023 veröffentlichte die in Washington ansässige rechtskonservative Denkfabrik Heritage Foundation das „Project 2025“ genannte Konzept „Mandate for Leadership: The Conservative Promise“ (Mandat zur Führung: Das konservative Versprechen). Die Verfasser schreiben: „Der Schaden, den die Linke angerichtet hat“, müsse durch eine strikt konservative Agenda rückgängig gemacht werden.
Um die USA „aus dem Griff der radikalen Linken zu befreien“, würden „die richtigen Leute“ gebraucht, die bereit seien, „diese Agenda vom ersten Tag der nächsten konservativen Regierung an umzusetzen“. Dafür legt „Project 2025“ einen 180-Tage-Plan vor.
Der Chef der Heritage Foundation, Kevin Roberts, nennt den Plan revolutionär: „Wir sind dabei, die zweite Amerikanische Revolution zu erleben, die unblutig bleiben wird, wenn die Linke dies zulässt“, sagte er Anfang Juli.
Project 2025: Mehr Macht für den Präsidenten
Mit dem Tag der Amtseinführung soll der Umbau der Exekutive beginnen:
Ziel ist eine drastische Zentralisierung der Regierungspolitik, bei der das Weiße Haus eine straffe Kontrolle über alle Bundesbehörden einschließlich des Justizministeriums erhalten würde.
Die Ministerien für Bildung und Heimatschutz sollen abgeschafft werden.
Die US-Bundespolizei FBI, „eine zunehmend gesetzlose Organisation“, soll von Grund auf erneuert werden.
Radikaler Personalaustausch bei Bundesbehörden
Ferner ist ein radikaler Personalaustausch in den Bundesbehörden vorgesehen, bei dem tausende Mitarbeiter durch eine rechtskonservative Gefolgschaft ersetzt werden sollen. Potenzielle Anwärter auf die Jobs im Regierungsapparat wurden im Zuge des Project 2025 bereits auf ihre Gesinnung hin überprüft.
Dieser Schritt richtet sich gegen den von den ultrarechten Kräften ausgemachten „Staat im Staate“ („Deep state“), der sich ihrer Überzeugung nach in der ersten Amtszeit Trumps gegen dessen radikale Vorhaben zur Wehr setzte.
Project 2025: Migration, Abtreibung, Umwelt
„Project 2025“ sieht bei zahlreichen Themen die Durchsetzung einer ultrakonservativen Agenda vor:
Dazu zählt eine rigorose Migrationspolitik mit Massenabschiebungen sowie der Fertigstellung des von Trump in dessen erster Amtszeit begonnenen Baus einer durchgängigen Mauer an der Grenze zu Mexiko.
Das Abtreibungsrecht soll verschärft werden, etwa durch ein Verbot der Abtreibungspille Mifepriston.
In der Umweltpolitik sollen Programme für saubere Energien beerdigt, Emissionsbeschränkungen gekippt und die Ausbeutung fossiler Energien wieder kräftig unterstützt werden.
Wie steht Trump zum Project 2025?
Der Republikaner hat sich mehrfach von den Plänen distanziert, zuletzt beim TV-Duell am 10. September: „Ich habe nichts mit dem ‚Project 2025‘ zu tun. Ich habe es nicht gelesen und ich werde es nicht lesen.“
Gleichwohl sind die genannten politischen Pläne identisch mit Trumps Vorhaben. So will er mit der straffen Neuorganisation der Bundesbehörden und der Entlassung tausender Mitarbeiter den Hightech-Milliardär Elon Musk beauftragen.
Nach Recherchen des Senders CNN waren mindestens 140 Ex-Mitarbeiter der früheren Trump-Regierung an der Ausarbeitung von „Project 2025“ beteiligt, unter ihnen nach Angaben der Demokratischen Partei einer seiner engsten Berater aus der ersten Amtszeit, Stephen Miller, sowie die Ex-Minister Ben Carson und Christopher Miller.
Projekt 2025: Was sagen die Kritiker?
Kritiker sehen in „Project 2025“ eine Blaupause für einen Abbau der Demokratie und die Etablierung einer rechtsautoritären Herrschaft. Der Verfassungsrechtler Erwin Chemerinsky von der University of California in Berkeley bezeichnete die Pläne als „zutiefst beängstigend“. Sie beschrieben eine „Bewegung hin zu einer autoritären Regierung“.
Biden zum Project 2025: „Größter Angriff auf unser Regierungssystem“
US-Präsident Joe Biden bezeichnet das „Project 2025“ als „den größten Angriff auf unser Regierungssystem und unsere persönliche Freiheit, der jemals in der Geschichte dieses Landes vorschlagen worden ist“.
Die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris warnt, Trump habe einen „detaillierten und gefährlichen Plan namens ‚Project 2025‘“. Sollte er wiedergewählt werden, „will er den umsetzen“.
Trumps Pläne nach einem Wahlsieg
Was hat Donald Trump im Falle seines Wahlsiegs am 5. November wirklich vor? Ein Überblick über seine Pläne für den Fall einer Wiederwahl:
- Demokratie: In seiner ersten Amtszeit versuchte Trump, die ohnehin große Machtfülle des Präsidenten so weit auszudehnen wie nur irgend möglich. Seine Äußerungen zeigen, dass er bei einer zweiten Amtszeit noch deutlich weiter gehen würde.
- „Diktator“ und „tiefer Staat“: Am ersten Tag im Amt werde er wie ein „Diktator“ agieren, sagt er. Und: „Ich werde den tiefen Staat vollständig auslöschen.“ Mit „tiefer Staat“ meint Trump angeblich illegale Machtstrukturen unter der amtierenden Regierung, die er als „Schurkenregime“ bezeichnet. Auch gegen „radikale linke Irre“ will Trump vorgehen – notfalls mit Nationalgarde oder Militär.
- „Project 2025“: Anders als 2016 sind Trump und seine Unterstützer dieses Mal auf die Übernahme der Macht vorbereitet. Das von der ultrakonservativen Denkfabrik Heritage Foundation konzipierte „Project 2025“ liefert die Blaupause für eine Revolution von rechts: einen kompletten Umbau des Regierungsapparats und einen radikalen Personalaustausch in den Bundesbehörden. Das Weiße Haus hätte danach die straffe Kontrolle über alle Ressorts. Zwar hat sich Trump von dem Projekt distanziert, doch unterhält er enge Verbindungen zu dessen Verfassern, darunter zahlreiche ehemalige Mitarbeiter seiner Regierung.
Trump und der Rechtsstaat
- Trump ist der erste strafrechtlich verurteilte Ex-Präsident in der US-Geschichte. In drei weiteren Verfahren ist er angeklagt, zwei davon wegen versuchter Manipulation der Wahl 2020, die er gegen Präsident Joe Biden verloren hatte. Er selbst spricht von einer politischen Kampagne, bei der seine Gegner die Justiz als Waffe missbrauchten.
- Trumps Rache: Sollte er ins Amt kommen, will er sich rächen: Ein „Sonderstaatsanwalt“ soll Biden dann vor Gericht bringen, den er als korrupt schmäht. Seine fanatischen Anhänger, die wegen der gewaltsamen Erstürmung des Kapitols verurteilt wurden, nennt er „Geiseln“, die er an „Tag eins“ im Amt begnadigen will.
- Immunität: Rückenwind brachte ihm die Entscheidung des Supreme Court zur weitreichenden Immunität von US-Präsidenten. Trump dürfte versuchen, die von der Bundesjustiz gegen ihn geführten Verfahren einzustellen.
- Ukraine Krieg: Er werde den Krieg zwischen Russland und der Ukraine noch vor seinem eigentlichen Amtsantritt binnen „24 Stunden“ beenden, sagt Trump – ohne zu erklären, wie das gehen soll. Zugleich erzählt er, dass er mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin „großartig“ zurecht komme. Der Republikaner ist ein entschiedener Gegner der Milliardenhilfen für Kiew. Mit seinem Amtsantritt wäre absehbar, dass die USA als wichtigster Geldgeber Kiews wegfallen. Ein schnelles Ende des Krieges herbeizuführen würde vermutlich bedeuten, dass Trump die Ukraine zur Abgabe eines großen Teils des von Russland besetzten Territoriums zwingen würde
- Nato: Trump fordert seit jeher von den Verbündeten, mehr Geld für ihre eigene Verteidigung auszugeben. Und stellt dabei ohne Umschweife den Beistandspakt in Frage. Diese Linie bleibt unverändert: Im Frühjahr sagte der Republikaner, er werde zahlungssäumigen Nato-Partnern nicht zu Hilfe kommen, wenn diese angegriffen würden. Er würde die Russen dann sogar ermutigen, mit ihnen zu tun, „was immer sie wollen“.
- Gaza-Krieg: Trump unterstützt Israels Vorhaben, die islamistische Palästinenserorganisation Hamas zu vernichten. Er verlangt aber, dass dies schnell erledigt werden solle. „Ich bin nicht sicher, ob mir die Art und Weise gefällt, wie sie das tun“, erklärt Trump. Der israelische Premier Benjamin Netanjahu sieht in Trump einen Verbündeten.
- Klimawandel: In seiner ersten Amtszeit stieg Trump aus dem Pariser Klimaabkommen aus und würde dies wohl erneut tun. Der Immobilienunternehmer, der die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel ignoriert, sagte, er werde „Bidens verschwenderische Ausgaben und den neuen grünen Betrug rasch stoppen“, womit er die Mittel zur Eindämmung des Klimawandels meinte. Die Förderung klimaschädlicher Energieträger wie Öl und Gas will er hingegen in großem Stil wieder ankurbeln.
- Handel und Steuern: In seiner ersten Amtszeit zettelte Trump einen Handelskrieg mit China an und verhängte eine Reihe von Strafzöllen auf Produkte aus der Europäischen Union. Nun betont er, er wolle eine drastische Ausweitung der Zölle auf fast alle aus dem Ausland importierten Waren. 10 bis 20 Prozent sollen die Zölle auf Waren aus Ländern betragen, „die uns seit Jahren abzocken“.
- Steuererhöhungen aus der Amtszeit von Joe Biden will Trump allesamt rückgängig machen. Stattdessen sollen alle Steuersenkungen, die er 2017 veranlasst hatte, verlängert und auch erweitert werden.
- Die Körperschaftssteuer für Unternehmen, die ihre Produkte in den USA herstellen, will er von 21 auf 15 Prozent senken. Auch hat er eine aggressive Industriepolitik zum Schaden von Handelspartnern wie Deutschland angekündigt. Durch Steuerdumping will er „anderen Ländern die Arbeitsplätze wegnehmen“.
- Migration: Die fremden- und einwanderungsfeindliche Rhetorik gehört zum Standardrepertoire des Rechtspopulisten, im diesjährigen Wahlkampf schlägt er noch drastischere Töne an. Er kündigte an, an Tag eins im Weißen Haus die größte Massen-Deportation von Migranten ohne Papiere in der US-Geschichte anzuordnen. Migranten würden „das Blut unseres Landes vergiften“. Dabei würde er sich darauf freuen, „das Militär einzusetzen“, und Internierungslager für Auszuweisende einrichten.
- Abtreibungsrecht: Trump erinnert erzkonservative Anhänger immer wieder daran, dass die von ihm vorgenommene Nominierung dreier konservativer Richter für den Supreme Court nach 50 Jahren die Abschaffung des landesweiten Rechts auf Abtreibung in den USA herbeiführte. Nun will er die diesbezüglichen Regelungen den einzelnen US-Bundesstaaten überlassen. Viele davon haben nach der Supreme-Court-Entscheidung das Abtreibungsrecht erheblich verschärft.