Im September brannte in Kirchberg ein Haus ab – die Polizei verhaftete einen Feuerwehrmann als mutmaßlichen Brandstifter. Foto: SDMG

Ein brandlegender Feuerwehrmann, ein Unbekannter, der Holzstapel anzündet: Brandstiftung ist im Rems-Murr-Kreis keine Seltenheit. Ein Profiler des Landeskriminalamts erklärt, was Menschen antreibt, die Feuer legen.

Rems-Murr-Kreis - Der Verdacht gegen einen 20-jährigen Feuerwehrmann aus Kirchberg (Rems-Murr-Kreis), mehrere Brände gelegt zu haben, hat sich erhärtet. Mindestens sechs Taten wirft ihm die Polizei vor. Ein anderer Täter hat es derzeit im Remstal, aber auch im Kreis Esslingen und in Stuttgart, auf Holzstapel abgesehen. Andreas Tröster (59), Profiler beim Landeskriminalamts (LKA) Baden-Württemberg, erklärt, wie unterschiedlich Brandstifter ticken.

Herr Tröster, Brandermittlungen dauern oft sehr lange – warum?

Diese Taten sind deswegen so schwer aufzuklären, weil häufig Spuren am Tatort mitverbrennen. Bei anderen Delikten liegen Indizien ganz offenkundig am Tatort, bei Brandstiftungen sind dagegen aufwendige Gutachten von Sachverständigen nötig. Zudem liegen oft sehr wenige Zeugenaussagen vor – bis alle Beweise, wenn es sie denn überhaupt gibt, zusammengetragen sind, vergeht einige Zeit.

Welche Mittel hat die Polizei, um Brandstiftern auf die Spur zu kommen?

Es gibt zum Beispiel Spürhunde, die Brandbeschleuniger ausfindig machen. Für die Spurensicherung können wir Brandschutt abtragen oder Erdreich unter dem Brandobjekt untersuchen. All das ist sehr aufwendig. Mit verstärkter Präsenz können wir versuchen, präventiv vorzugehen oder womöglich einen Täter auf frischer Tat zu ertappen.

Was geht in Menschen vor, die Brände legen?

Zunächst muss man betonen, dass die meisten Brandstiftungen fahrlässig geschehen – also aus Unachtsamkeit, zum Beispiel die Kippe, die im Halbschlaf herunterfällt. Bei den vorsätzlichen Brandstiftungen gibt es unterschiedlichste Motive. Es geht los mit Faszination von Feuer, Tätern, die einfach sehen wollen, wie ein Feuer anfängt zu lodern und es immer größer wird. Andere wollen Frust oder Aggressionen abbauen. In etwa wie jemand, der voller Wut eine Glasscheibe eintritt, nur dass ein Feuer eben länger anhält.

Nicht selten spielen auch Alkohol und Drogen eine Rolle. Hinter einer überwiegenden Anzahl von Brandstiftungen steckt auch Versicherungsbetrug. Eine weitere maßgebliche Rolle spielt in vielen Fällen der Wille, anderen Menschen Schaden zuzufügen. Wobei sich solche Brandstifter etwas leichter ermitteln lassen, weil wir das Opfer und sein Umfeld durchleuchten können.

Vom Feuerwehrmann zum Brandstifter – sind solche Fälle häufig?

Dass Feuerwehrleute Brände legen, kommt vor. Häufig ist es nicht, aber solche Einzelfälle entfalten natürlich eine große Strahlkraft und die Wahrnehmung wird dadurch verzerrt. Es gibt auch nicht die eine typische Biografie solcher Täter. Manche mögen schon immer von Feuer fasziniert gewesen und deswegen zur Feuerwehr gegangen sein. Andere haben ein übersteigertes Geltungsbedürfnis oder genießen es, Macht auszuüben. Gleichzeitig können solche Täter die ersten am Brandort sein, sich dadurch in den Vordergrund rücken und dort wieder bei anderen Leuten punkten.

Ist zu befürchten, dass ein Holzstapel-Zündler irgendwann Wohnhäuser anzündet?

Der in Alltagsvorstellungen häufig vermutete stufenmäßige Karriereverlauf von jemandem, der erst Holzstapel anzündet und dann auf Wohnhäuser umsteigt, ist in der Realität vergleichsweise selten. Natürlich ist so ein Brand eine gefährliche Sache: Der Täter hat es oft nicht in der Hand, was sich aus seinem Feuer entwickelt. Dann können Menschen oder Tiere zu Schaden kommen, obwohl er es gar nicht beabsichtigt hatte. Manchmal ist das Zündeln auch ein Experimentieren im Heranwachsendenalter, das dann irgendwann keine Rolle mehr spielt.

Mit welchen Strafen müssen überführte Brandstifter rechnen?

Nicht jeder brennende Holzstapel wird juristisch gleich als Brandstiftung gewertet. Es gibt auch den Straftatbestand „Sachbeschädigung per Brandlegung“. Werden aber zum Beispiel Häuser, landwirtschaftliche Anlagen oder Autos angezündet, gilt dies als Brandstiftung und damit als gemein gefährliches Verbrechen und wird mit einem bis zehn Jahre Haft geahndet. Zudem kennt das Gesetz auch weitere Strafschärfungen, etwa die besonders schwere Brandstiftung, wenn dabei Menschen ums Leben kommen.