Wenn überhaupt, wird es in dieser Saison nur noch Geisterspiele wie zwischen Mönchengladbach und Köln geben. Foto: dpa/Roland Weihrauch

An diesem Dienstag diskutieren die Vertreter der 36 Erst- und Zweitligavereine über die Zukunft im deutschen Profifußball. Wir fassen zusammen, um was es geht.

Frankfurt - Außergewöhnliche Ereignisse erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. So kommen die Fußballchefs der deutschen Proficlubs an diesem Dienstag ab 10.30 Uhr zu einer großen Videokonferenz zusammen. Gesucht wird nach kurz- und mittelfristigen Lösungen in der Corona-Krise. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was steht auf der Agenda?

Im Wesentlichen sind es drei Themen. Erstens: Wie geht es mit dem Trainingsbetrieb weiter? Zweitens: Was wird aus dem Spielbetrieb? Der dritte Punkt betrifft das liebe Geld.

Wer trainiert jetzt eigentlich wie?

Mittels Sondergenehmigungen haben zuletzt der FC Augsburg und der VfL Wolfsburg Schlupflöcher zurück in den (fast) regulären Trainingsbetrieb gefunden. Auch Borussia Dortmund trainiert unter Duldung der Behörden in Nordrhein-Westfalen neuerdings wieder gemeinsam auf dem Rasen – in Zweiergrüppchen und ohne Körperkontakt. Es dauerte nicht lange, bis aus anderen Vereinen der Ruf nach Chancengleichheit und einem Ende des föderalen Flickenteppichs laut wurde. Sehr wahrscheinlich wird die DFL eine Ansage an alle Clubs machen, die da lautet: Schluss mit gemeinschaftlichem Fußballtraining jedweder Art!

Welche Szenarien gibt es für den weiteren Saisonverlauf?

Dass die Aussetzung des Spielbetriebs bis mindestens 30. April beschlossen wird, gilt als Formsache. „Das wird mit 36:0-Stimmen durchgewunken“, glaubt Eintracht Frankfurts Sportvorstand Fredi Bobic. Die große Frage lautet: Was dann? Es ist kein Geheimnis, dass die Liga gerne so schnell wie möglich weiterspielen würde, am liebsten schon am 1. Mai. Nur: Das Heft des Handelns hält nicht sie in der Hand, sondern die Politik. „Wir sitzen nur auf dem Beifahrersitz“, veranschaulicht der frühere Stuttgarter Bobic die Rollenverhältnisse. Im Alleingang geht gar nichts. Die jüngsten Aussagen von FDP-Chef Christian Lindner klingen auch nicht gerade ermutigend: „Bundesliga mit Publikum und Fans – das wird mit das Letzte sein, das wir öffnen“, sagte der BVB-Fan mit Blick auf mögliche Lockerungen.

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Weshalb die Liga und ihre Vertreter am Dienstag auch nicht mehr tun können, als verschiedene Szenarien zu diskutieren. Im Kern geht es um zwei Modelle: Das Eine sieht vor, die verbliebenen neun Spieltage im Schweinsgalopp mit englischen Wochen zu Ende zu spielen. Ohne Zuschauer und mit einem Minimalaufgebot an Arbeitskräften. Problem: Aufgrund der ständigen Reisen quer durch Deutschland wären die Profis einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt. Die mögliche Erkrankung einzelner Spieler würde eine Quarantäne für die gesamte Mannschaft nach sich ziehen und das Konstrukt zum Einsturz bringen. Weshalb die DFL-Granden auch ein zweites Modell zur Diskussion stellen: Eine Art Turnier an vier festen Standorten im Norden, Süden, Westen und Osten. Die Mannschaften würden alle zwei Tage spielen und würden vor Ort einkaserniert.

Das ist aber nur der Plan B. Einer Realisierung von Plan A spielt zumindest die jüngste Ankündigung von Uefa-Boss Aleksander Ceferin in die Karten. Der Slowene zieht in Erwägung, die nationalen Ligen zur Not erst im Juni starten und die Saison bis August zu Ende spielen zu lassen. Dass viele Spielerverträge am 30. Juni enden, gilt in der Szene noch als das kleinste Problem.

Am Ende diktiert aber die Politik den Spielplan, auch wenn die deutschen Fußballbosse sich gerne in einer Sonderrolle sehen. Ein Saisonabbruch gilt allen als Worst-Case-Szenario, ist aber eben auch das: ein mögliches Szenario.

Wer soll wem unter die Arme greifen?

Noch viel schwieriger als die Quasi-Neu-Erfindung eines Spielmodus dürfte eine finanzielle Lösung der Corona-Krise zu finden sein. Eine, die allen gerecht wird – von den Branchenriesen bis zu existenzbedrohten Regionalligisten. Am Dienstag sollen alle Vereine eine wirtschaftliche Bestandsaufnahme vornehmen. Der von DFL-Chef Christian Seifert ausgerufene „Kampf ums Überleben“ hat vielerorts bereits begonnen – spätestens von der zweiten Liga abwärts. Zu erörtern ist die zentrale Frage, ob und wie der Verteilerschlüssel für die TV-Gelder künftig verändert wird. „Es wird definitiv weniger Geld im Umlauf sein. Das alles kann man nur solidarisch lösen“, appellierte Werder Bremens Geschäftsführer Klaus Filbry an seine Kollegen.

Welche Position vertritt der VfB?

Thomas Hitzlsperger will keine Forderungen an den Dachverband richten, sondern erst einmal hören, was er zu sagen hat. „Wir werden auf alle Szenarien bestmöglich vorbereitet sein“, gibt sich der Vorstandschef des VfB Stuttgart zuversichtlich. Auch wenn den VfB die Corona-Pandemie im schlimmsten Fall 16,5 Millionen Euro aus entgangenen TV-, Ticket- und Sponsoreneinnahmen kosten könnte.