Es gibt nur ein Thema für Großbritanniens Presse: Der Rückzug von Herzogin Meghan und Prinz Harry. Foto: AFP/Daniel Leal-Olivas

Sollten Harry und Meghan Verständnis für ihren Rückzug erwartet haben, dürften sie beim Blick in die Zeitung enttäuscht sein. Britische Medien werfen dem Paar vor allem vor, die Queen überrumpelt zu haben.

London - Es gibt ein schönes englisches Wort für verblüfft: „Flabbergasted“. Es ist ein Wort, das in den britischen Medien die Runde macht, seitdem Prinz Harry und Herzogin Meghan am Mittwochabend via Instagram die Bombe platzen ließen: Das Paar will nicht mehr dazugehören zur ersten Riege der Royals.

Unser Kommentar: Der notwendige Schritt in die Moderne

Es ist ein Schritt, der sich zwar abgezeichnet hatte, der in seiner Rigorosität aber dennoch überrascht. Vor allem, weil der Buckingham Palace in die Entscheidung offenbar kaum oder sogar überhaupt nicht einbezogen war. Entsprechend zurückhaltend war die Reaktion des Königshauses: „Wir verstehen den Wunsch, einen anderen Ansatz zu verfolgen, doch handelt es sich um komplizierte Sachverhalte, deren Klärung Zeit brauchen wird.“

Susanna Reid, Moderatorin der bekannten Frühstücksfernsehshow „Good Morning Britain“, die in unzähligen britischen Haushalten über den Bildschirm flimmert, setzte den Ton. Sie sei, genau, „flabbergasted“ ob der Tatsache, dass die Sussex’ Queen Elizabeth II. offenbar im Vorfeld nicht eingeweiht haben. „Man würde doch annehmen, dass sie es einfach aus Respekt tun würden, damit man die Monarchin nicht im Unklaren lässt.“

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Die Boulevardzeitung „Sun“ titelte „Der Megxit“ und warf dem Paar vor, einen Bürgerkrieg im britischen Palast entfacht zu haben.

„Sie haben es nicht einmal der Queen gesagt“, empörte sich der „Daily Mirror“ und nannte die überraschende Ankündigung von Harry und Meghan „egoistisch“.

Die britischen Medien beschäftigen sich außerdem mit der Frage, wie Herzogin Meghan und Prinz Harry künftig ihr Geld verdienen wollen: Der frühere BBC-Royals-Korrespondent Peter Hunt sagte dem Fernsehsender Channel 4, Versuche der Royals, ihr eigenes Geld zu verdienen, hätten „immer mit Tränen geendet“. Derzeit kommt hauptsächlich Prinz Charles mit seinem Privatvermögen für seinen Sohn und seine Schwiegertochter auf. Die Kosten für die Sicherheit des prominenten Paares trägt der britische Steuerzahler.

Dickie Arbiter, der frühere Pressesprecher der Queen nannte das Vorgehen der Sussex’ den „falschen Weg“.

Der Fernsehjournalist Tom Bradby, der Harry und seinen älteren Bruder William in den vergangenen Jahren immer wieder interviewt hat (unter anderem für die explosive TV-Dokumentation „Meghan and Harry: An African Journey“), wagte eine düstere Vorhersage: Harrys Ankündigung sei „ein langer, trauriger Abschied von seinem royalen Leben. Das ist ein neuer Krieg der Windsors - und er ist noch nicht vorbei.“

„Royals, die abtreten? Schwer vorstellbar, aber wahr. Ich kann ihnen keinen Vorwurf machen. (...) Gemeinsam haben wir, die Medien, ihnen das Leben zur Hölle gemacht – und dass Harry Diana so früh verloren hat, muss bestimmt in diese Entscheidung mit eingeflossen sein. Die Presse hat an ihrem Tod ihren Anteil gehabt. Meghan hat sich auf ähnliche Weise – und mit Recht – gegen die aufgepeitschte Hetzkampagne einiger Zeitungen gewehrt, schreibt „The Independent“:

„Die Verkündung ihres Rücktritts folgt für den Herzog und die Herzogin von Sussex auf ein Jahr voll Stress und Unbehagen über ihre Rollen. Der Plan des Paares, einen einzigartigen, bislang unbegangenen und unkonventionellen Weg einzuschlagen, folgt auf viel Spekulationen, die beiden seien nicht besonders glücklich über den Status quo. Dieser neue Weg, so scheint es, erlaubt es ihnen, Kapital aus ihrer internationalen Bekanntheit zu schlagen“, schreibt „The Guardian“:

„Es ist noch nicht klar, ob der Rücktritt von Harry und Meghan, ein in der Geschichte der Königsfamilie beispielloser Vorgang, der definitive Schlag ist, der das Fundament der ,Firma’ untergräbt. Oder ob er sich als Publicity-Gag erweist, als ein Trick, um mehr als zehn Millionen Anhänger auf der Instagramseite zu erweitern. Harry ist nicht im Ansatz das, was er einmal war. (...) Meghan Markle ist die Eminenz. Sie ist diejenige am Steuer, die Entscheidungen trifft, lenkt und kommandiert. (...) Er scheint sehr verliebt zu sein. Sie scheint eher zur Berechnung zu neigen, sodass man sie in den USA „Prinzessin Pushy“ nennt - eine, die jemanden zu etwas anderem drängt. Bis mitten in eine andere Geschichte: den Megxit, der Ausstieg aus dem Königshaus, ein historischer Abschied wie der Brexit“, meint „La Repubblica“ (Italien)..