Zur Stuttgarter CSD-Demo am 27. Juli haben sich bisher 110 Formationen angemeldet. Erstmals sitzt Polizeipräsident Markus Eisenbraun in der Jury, erstmals fahren Stuttgarter Zeitung, Stuttgarter Nachrichten und Hitradio Antenne 1 auf einem eigenen Truck mit.
Nicht von einer Parade, sondern von einer Politdemo sprechen die Stuttgarter Veranstalter, statt Christopher Street Day sagen sie Pride (ihre Homepage heißt deshalb www.stuttgart-pride.de). Weltweit gehen queere Menschen für ihre Sichtbarkeit und ihre Forderungen mit vielen heterosexuellen Freunden unter dem Namen Pride (englisch für Stolz) auf die Straße. Mehr als eine große Party soll der bunte Marsch am Samstag, 27. Juli, vom Feuersee bis zum Schlossplatz sein, weshalb der noch immer oft gewählte Name Parade falsch sei.
Empfang am 12. Juli im Stuttgarter Rathaus
Traditionell (nämlich seit nunmehr 15 Jahren) starten die Pride-Wochen in Stuttgart mit dem Empfang im Stuttgarter Rathaus. OB Frank Nopper (CDU) empfängt die Rainbow-Community am Freitag, 12. Juli, 19.30 Uhr, im Großen Sitzungssaal. „Wir müssen unsere Vielfalt und die unterschiedlichen Lebensweisen schützen und verteidigen“, erklärt der Stuttgarter CSD-Sprecher Detlef Raasch, „denn nur gemeinsam und solidarisch sind wir stark gegen die Angriffe von Menschen, denen unsere Art zu leben und zu lieben zuwider ist.“
OB Frank Nopper hat sich bisher nicht zur CSD-Demo angemeldet
Ob der Rathauschef in diesem Jahr erstmals bei der CSD-Politdemo mitfährt, ist noch immer unklar. „Herr Nopper hat sich bei uns noch nicht angemeldet“, sagt Raasch. Die Organisatoren gehen deshalb davon aus, dass der OB auch diesmal nicht dabei ist. In der Vergangenheit hatte ihm dies viel Kritik eingebracht. Auch auf Anfrage unserer Redaktion gibt es aus dem Rathaus kein klares Ja zur Teilnahme Noppers. Bis zum 12. Juli sei noch Zeit, sich anzumelden, heißt es.
Aus der queeren Community ist zu hören, für den Erfolg der Pride sei es doch völlig egal, ob der OB auf einem Wagen mitfährt oder nicht. Erstmals dabei in einem Ehrenamt – zumindest dies steht bereits fest – ist der Stuttgarter Polizeipräsident Markus Eisenbraun, der in der Jury sitzen wird, deren Aufgabe es ist, die besten Formationen bei der Politdemo zu prämieren.
StZ, StN und Antenne 1 erstmals gemeinsam auf einem Truck des Pressehauses
Neu in diesem Jahr ist außerdem, dass die Belegschaften von Stuttgarter Zeitung, Stuttgarter Nachrichten und Hitradio Antenne 1 auf einem eigenen Truck mitfahren. Das Motto der Pressehauses lautet: „Vielfalt vereint. Gemeinsam für Toleranz, Respekt und Akzeptanz“. Chris Fleischhauer, der stellvertretende Programmchef von Antenne 1, organisierte vor einem Jahr bereits die erste Pride-Fahrt des Privatsenders und freut sich nun, dass die Redaktionen der beiden Stuttgarter Tageszeitungen nun dabei sind.
Bisher haben sich 110 Formationen für die Demo angemeldet. Es könnten noch mehr werden. Denn die Bewerbungsfrist endet erst am 8. Juli. Erstmals findet die CSD-Hocketse am 27. und 28. Juli neben dem Marktplatz auch auf dem Rotebühlplatz statt, wo ebenfalls getanzt werden kann. Dafür wird die Straße gesperrt. Der Umzug wird notwendig, damit es aufgrund der fußballbedingten Verschiebung der Jazz Open keine akustischen Überschneidungen gibt. Auf dem Schillerplatz kann diesmal nicht gefeiert werden, weil die Entfernung vom Schlossplatz nicht weit ist, wo am 27. Juli Jamie Cullum auftritt und 28. Juli Sting.
Beim Rathausempfang am 12. Juli werden auch die drei CSD-Schirmpersonen Lisa Strelkowa von LGBTJews, Atahan Demirel von der Queer Muslimischen Allianz Deutschland und Olcay Miyanyedi, Vertreter der Türkischen Gemeinde Baden-Württemberg, sprechen. Zum Empfang werden – wie in den Vorjahren – sechs große Regenbogenflaggen an der Rathausfassade gehisst. „Das ist ein wichtiges Zeichen für die Community“, erklärt Deflef Raasch, „vor allem jetzt, da die queere Community immer mehr Anfeindungen ausgesetzt ist und eine rechtsextreme Partei bei der Europa- und Kommunalwahl viele Stimmen holen konnte.“
Der CSD-Sprecher verweist darauf, dass laut Bundesinnenministerium im vergangenen Jahr insgesamt 1.499 Fälle von Hasskriminalität im Bereich „sexuelle Orientierung“ und 854 Fälle im Bereich „geschlechtsbezogene Diversität“ gemeldet wurden. Das bedeute einen Anstieg von Vorfällen gegen lesbische, schwule, bisexuelle und queere Menschen um etwa 49 Prozent und gegen trans*, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen um etwa 105 Prozent.
Tagung gegen Hass und Gewalt im Hotel Silber
Einen Tag nach dem Rathausempfang findet im Hotel Silber eine Veranstaltung „gegen Hass und Gewalt“ statt. Zur Tagung „Religiös begründete Abwertungen als Nährboden von Hetze und Gewalt gegen queere Menschen“ laden für Samstag, 13. Juli, von 13.30 bis 17.30 Uhr, das Projekt „Der Liebe wegen.org“, die Weissenburg, die MCC Gemeinde Stuttgart sowie die Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber in den Erinnerungsort an der Dorotheenstraße 10. Die in Kooperation mit der städtischen Abteilung für Chancengleichheit und dem Haus der Geschichte Baden-Württemberg organisierte Veranstaltung widmet sich mit vier Vorträgen und einer Podiumsdiskussion der Frage, „was getan werden kann, um den Nährboden von Hass und Gewalt nachhaltig abzutragen“.