Das war’s: Reinhard Grindel hat aufgegeben. Foto: dpa

Reinhard Grindel hat sein Amt als DFB-Präsident aufgegeben. Hinter dieser Entscheidung steckt viel mehr als eine geschenkte Uhr.

Stuttgart - Der Rücktritt des DFB-Präsidenten Reinhard Grindel hat viele Facetten. Und ganz sicher hat der scheidende Verbandschef mit zahlreichen Verstrickungen und unglücklichen Auftritten seinen Teil zum persönlichen Scheitern beigetragen. Doch haben einige Funktionäre des Verbandes und im Umfeld desselben nur auf diesen Tag gewartet – und vermutlich schon länger auf ihn hingearbeitet. Die Pressestimmen zum Rücktritt.

„Frankfurter Allgemeine“: Allein mit der Trennung von Grindel gewinnt der größte Fußball-Verband der Welt nicht automatisch neues Vertrauen. Dazu müsste auch den Heckenschützen die Tür gewiesen werden. Sie haben den 57 Jahre alten Juristen im eigenen Lager hinterrücks abgeschossen mit der gezielten Lancierung kompromittierender Details. Es ist schwer zu glauben, dass diese miese Tour die Basis sein kann für ein ehrenhaftes Comeback des DFB.

„Berliner Zeitung“: Er war nicht mehr tragbar. Nicht unbedingt wegen einer Luxus-Uhr, die er sich vom ukrainischen Fußball-Oligarchen Grigorij Surkis hat schenken lassen, damit gern mal geprotzt hat, die zweifelhafte Gabe allerdings beim Deutschen Fußball-Bund nie gemeldet hatte, wie die Bildzeitung zu berichten wusste. Und auch nicht unbedingt wegen der Heimlichkeiten um die Bezüge, die er in einer mittelfristigen Doppelfunktion beim DFB in Anspruch nahm. Das alles sind ja letztlich nur Symptome einer Persönlichkeitsschwäche, die Reinhard Grindel zweifellos zum ungeeignetsten und damit auch unfähigsten DFB-Präsidenten in der Geschichte des deutschen Fußballs macht.

Die Missgeschicke häuften sich

„Kicker“: Grindels Missgeschicke häuften sich zuletzt. In der heiklen Causa um die Fotos von Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem umstrittenen türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan hatte er eine klare Linie vermissen lassen. Grindel musste sich vorwerfen lassen, er habe allein Özil zum Schuldigen für das WM-Scheitern gemacht. Zuvor hatte es bereits Kritik wegen einer übereilten Vertragsverlängerung mit Bundestrainer Joachim Löw gegeben. Unglücklich wirkte Grindel auch, als er den Umgang von Löw mit der abrupten Ausmusterung der Weltmeister Thomas Müller, Mats Hummels und Jerome Boateng monierte – und dann schnell zurückrudern musste.

„Tagesspiegel“: Es ist absurd, dass Grindel, der den DFB gegen Korruption immunisieren wollte, ausgerechnet über das Geschenk eines Oligarchen stürzt. Eine Uhr – Inbegriff des käuflichen und in Statussymbole verliebten Funktionärs. In der Vergangenheit waren Fußballoffizielle immer wieder wegen teurer Uhren in die Schlagzeilen geraten. Zuletzt hatte Brasiliens Verband während der WM 2014 großzügig Geschenke an hochrangige Funktionäre der Fifa verteilt. Grindel gibt am Dienstag zu, er habe durch sein „wenig vorbildliches Handeln“ Vorurteile bestätigt.

„Südwestpresse“: Eine entscheidende Frage wird sein, ob der nächste DFB-Chef weiter als Ehrenamtler den Posten ausüben soll. Den Strukturen im Spitzenfußball wird diese Praxis schon lange nicht mehr gerecht.

„Kölner Stadtanzeiger“: Den Unfall Grindel hat die gesamte DFB-Führung zu verantworten.