Lob und Kritik halten sich die Waage in der Presse. Foto: I/IMAGO/Michael Gstettenbauer

Die Pressestimmen zum dritten Entlastungspaket sind vielfältig: Neben Lob gibt es Kritik am Gießkannenprinzip und dem ordnungspolitischen Eingriff in den Strommarkt.

Den einen ist es zu wenig, die anderen bemängeln das Gießkannenprinzip oder ordnungspolitische Eingriffe in den Strommarkt: Die kritischen Pressestimmen zum dritten Entlastungspaket der Bundesregierung sind vielfältig. Aber Lob ist auch dabei.

„Neue Osnabrücker Zeitung“

Die „Neue Osnabrücker Zeitung“ kommentiert: „Das Paket bietet einige gute Ansätze. So werden jetzt Rentner und Studierende mit einem Zuschuss von einmalig 300 beziehungsweise 200 Euro bedacht, nachdem sie bei den vorherigen Paketen leer ausgegangen waren. Hartz IV wird zum Bürgergeld und auf 500 Euro erhöht, der Kreis der Wohngeldbezieher erweitert und eine Art Übergewinnsteuer bei Strom eingeführt. Doch unter dem Strich reicht das Sammelsurium an Maßnahmen nicht, um einen Wohlstandsverlust breiter Bevölkerungsschichten infolge des Ukraine-Kriegs zu verhindern. Der Absturz wird bestenfalls abgefedert.“

„Frankfurter Allgemeine Zeitung“

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schreibt: „Politisch haben die vielen Maßnahmen des Pakets letztlich alle dasselbe Ziel: Sie sollen den sozialen Frieden im Land bewahren, den Putin mit seiner hybriden Kriegsführung aushöhlen will. Weil der Druck so immens ist, werden auch die geplanten staatlichen Eingriffe größer, diesmal vor allem bei der Stromerzeugung. Beim Gas, das gibt die Koalition offenherzig zu, wäre selbst der finanzstarke deutsche Staat nicht mehr in der Lage, alle Preissteigerungen zu kompensieren. Dass Versäumnisse der vorherigen Entlastungen korrigiert werden (Studenten, Rentner), ist sinnvoll. Ob der Abbau der kalten Progression reicht, um die Mittelschicht zu beruhigen, ist dagegen ungewiss. Dieser Weg ist steinig, aber es ist der richtige. Der Preis der Alternative wäre ein geo-politischer, aber er wäre noch höher.“

„Frankfurter Rundschau“

Die „Frankfurter Rundschau“ kommentiert: „Die Sorge angesichts explodierender Preise, die Angst vor nicht mehr bezahlbarer Energie ist im Land spürbar. Die Erschütterung durch den Krieg in der Nachbarschaft kommt hinzu. Ja, es geht hierzulande nicht um Leben und Tod wie für die Menschen in der Ukraine. Aber auch hier steht viel auf dem Spiel. Eine Teuerung wie derzeit haben nur die wenigsten Menschen erlebt. Manche wissen nicht, wie sie ihre Energierechnungen und ihre Lebensmitteleinkäufe bezahlen sollen. Für sie ist das Entlastungspaket ein Lichtblick. Aber nicht mehr. Dieses Paket darf daher nicht das letzte Wort sein. Weitere müssen folgen.“

„Hannoversche Allgemeine“

Die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ schreibt: „Die Ampelkoalition hat die Erwartungen an das dritte Entlastungspaket selbst in die Höhe geschraubt, hinter denen sie nun zurückbleibt. „Wuchtig“ und „präzise“ sollten die Beschlüsse sein. Ein Volumen von 65 Milliarden Euro ist wuchtig, keine Frage, aber die Hilfen sind alles andere als präzise, gerade in den Bereichen, wo die meisten Menschen die größten Sorgen haben: Gaspreis und Lebenshaltungskosten. Tagelang wurde darüber debattiert, ob ein Gasgrundbedarf errechnet und darauf ein Preisdeckel gesetzt werde. Nun soll eine Expertenkommission „zeitnah“ klären, „ob und, wenn ja, wie ein solches Modell in Deutschland oder Europa realisierbar ist“. Das wird dauern.“

„Nürnberger Nachrichten“

Die „Nürnberger Nachrichten“ schreiben: „Nun sollen es noch einmal 65 Milliarden sein, die an die Gesellschaft in ihrer ganzen Breite gehen - von Rentnern bis zu Studenten. Damit summieren sich die bisherigen Krisenprogramme im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg auf rund 100 Milliarden Euro. Eine unvorstellbar hohe Summe angesichts eines gesamten Bundeshaushalts von rund 450 Milliarden Euro. Solche Entlastungsprogramme haben immer zwei Seiten: das Ausgeben/Verteilen des Geldes und das Gegenfinanzieren, das zwangsläufig irgendwann fällig ist. Über Punkt eins redet die Ampelkoalition deutlich mehr und deutlich lieber als über Punkt zwei.“

„Neue Zürcher Zeitung“

Die „Neue Zürcher Zeitung“ aus der Schweiz schreibt: „In dem Bestreben, möglichst niemanden zu vergessen und eskalierende Bürgerproteste zu vermeiden, hat die Ampelkoalition eine Vielzahl von Maßnahmen vereinbart. Darunter sind gezielte Schritte wie die Ausweitung des Wohngeldes für einkommensschwache Haushalte und Selbstverständlichkeiten wie der Abbau der kalten Progression. Aber auch dieses Paket neigt zum Gießkannenprinzip.“

„Tages-Anzeiger“

Der „Tages-Anzeiger“ aus der Schweiz kommentiert: „Die wichtigste, zugleich heikelste Maßnahme des Pakets besteht in einem beherzten Eingriff in den Strommarkt. Die aufgrund des Kriegs in der Ukraine vervielfachten Gaspreise haben wegen eines eigentümlichen Mechanismus dazu geführt, dass auch die Strompreise explodiert sind. Erzeuger, die mit Wind, Sonne oder Kohle billig Strom produzieren, machen derzeit ohne eigenes Zutun Milliardengewinne. (...) Weil Finanzminister Lindner eine „Übergewinnsteuer“, wie sie Italien oder Großbritannien eingeführt haben, aus steuerpolitischen und verfassungsrechtlichen Gründen unbedingt vermeiden wollte, musste die Ampel-Koalition ein anderes Instrument finden: Die Erlösobergrenze für Stromerzeuger und der „Preisdeckel“ für private Haushalte sollen nun auf dem Energie-, nicht auf dem Steuerrecht basieren.“ (dpa)