Der Klassiker in der Magie: Mann zaubert, Frau ist schmückendes Beiwerk und lässt sich überraschen. Überdurchschnittlich gut spielen Juanita Chiquita und Sven Alexiuss ihre Rollen in „Magic Rocks“ im Friedrichsbau Varieté. Foto: Alexandra Klein

Jung, frisch und rasant rockt die neue Magic-Show den Friedrichsbau. Noch immer wird Zauberkunst von Männern dominiert. Warum sind Frauen meist nur schmückendes Beiwerk? Am Frauentag wurde Premiere mit Stadtpromis gefeiert.

Stuttgart - In einer Zaubershow weiß das Publikum, dass es getäuscht wird - und liebt die Schummelei, wenn sie so gut gemacht ist wie bei „Magic Rocks“ im Friedrichsbau Varieté. Bei der Premiere des neuen Programms hat man im Theater auf dem Pragsattel zwei verschiedene Zuschauertypen studieren können: Typ eins will wissen, wie ein Trick funktioniert, diskutiert mit wissenschaftlichem Eifer am Tisch mögliche Varianten durch – um am Ende doch daneben zu liegen. Typ zwei will die Illusion mit dem Herzen genießen, nicht mit dem Verstand hinterfragen. Typ zwei will sich in einer Fantasiewelt verzaubern und diese nicht durch das Wissen über doppelte Böden zerstören lassen.

Unternehmer Hans Peter Stihl ist ein Stammgast im Varieté

Stuttgart ist eine magische Stadt. Kaum wo anders leben so viele erfolgreiche Zauberkünstler wie hier, von einem besonders aktiven Magischen Zirkel gefördert, der weltweit Zeichen setzt. Dieser Magische Zirkel hat jetzt Thorsten Strotmann mit einem Schild, das den Besuch empfiehlt, ausgezeichnet – einen Close-up-Magier, der ohne staatliche Förderung mit Erfolg ein privates Theater im Römerkastell betreibt und mit dem Gedanken spielt, in Leonberg ein eigenes Haus für die Magie zu bauen. Und jetzt spielt für drei Monate eine international bunt zusammengemischte Zaubertruppe auf dem Pragsattel, die bei der umjubelten Premiere von Promis (dabei: Unternehmer Hans Peter Stihl, ein Stammgast im Varieté, Zauberkünstlerin Roxanne, die Grünen-Kreisvorsitzende Raphaela Ciblis, Ballettlegende George Bailey, „Soko-Stuttgart“-Schauspielerin Astrid Fünderich, SWR-Redaktionsleiter Axel Graser, Musicalsängerin Kimberley Trees, Modedesigner Tobias Siewert, Kinderhospiz-Botschafterin Christina Semrau, FDP-Kreisvorsitzender Armin Serwani, SPD-Stadtrat Hans H. Pfeifer) gefeiert worden ist.

„Magic Rocks“ ist nicht nur temporeich und witzig – die Show gibt auch optisch was her. An schönen Menschen mangelt es auf der Bühne nicht. Ausgerechnet am Internationalen Frauentag ist bei der Premiere eines mal wieder klar geworden: Selbst in der neuen Magie, die als „jung“ und „zeitgemäß“ angepriesen wird, stehen Männer wie seit Jahrhunderten in der ersten Reihe. Frauen hingegen werden bevorzugt als schmückendes Beiwerk oder als schwebende Jungfrau eingesetzt.

Roxanne bedauert: „Es gibt wenige weibliche Zaubervorbilder“

Eine Ausnahme im Friedrichsbau bietet die Gruppe Evolution of Magic. Eine Frau daraus darf eine Illusion präsentieren und partnerschaftlich mit dem männlichen Kollegen bei einem Trick mit einer zebrochenen Flasche agieren. Warum zaubernde Damen ansonsten zurückstehen müssen? Die Zauberkünstlerin Roxanne, Gast bei der Premiere, hat eine Erklärung dafür: „Es gibt wenige weibliche Vorbilder, denen man nacheifern kann. Im Mittelalter hat man Frauen, die Unerklärliches taten, als Hexen verbrannt. Außerdem haben etliche Zaubervereinigungen lange Zeit bei sich keine Frauen zugelassen.“

Im normalen Leben ist die Gleichheit von Mann und Frau noch immer weit entfernt – in der Zauberkunst aber noch viel weiter. Ein Scheiterhaufen für Hexen mag es heute nicht mehr geben, aber Jungfrauen schweben wie seit eh und jeh. Auf schwebende Jungmänner, von einer Zauberfrau in die Höhe gebracht, muss die Welt noch immer warten.

In der Entertainment-City Stuttgart mit hohem Verblüffungspotential leben so viele Magier, dass es wenigstens einem von ihnen endlich gelingen sollte, Feinstaub und Dreck aus dem Kessel zu zaubern.

Wir brauchen mehr Menschen, die magisch denken! Im Varieté rätselt Typ eins noch immer, warum ausgerechnet eine Jungfrau schweben kann. Typ zwei weiß die Antwort: Die Jungfrau wird vom Gemächt eines unsichtbaren Einhorns in der Luft gehalten. Magie ist wunderbarer Wahnsinn!