Amüsant gespielt und absolut unterhaltsam. Foto: Kalle Kalmbach

Das Stück „Die Studentin und Monsieur Henri“ feiert eine glänzende Premiere auf dem Theaterschiff.

Bad Cannstatt - Im April musste Cordula Polster ihr Stuttgarter Theaterschiff in Heilbronn vom TÜV überprüfen lassen. Jetzt liegt die „Frauenlob“ wieder am Mühlgrün in Bad Cannstatt und die Schiffseignerin kann weiterhin darauf unterhaltendes und spannendes Theater bieten. Am Samstag gab es die erste Premiere eines neuen Stückes mit Yvan Calbéracs Komödie „Die Studentin und Monsieur Henri“. Auch darin geht es um einen delikaten Testlauf. Der Minuten lange Schlussapplaus bestätigte den Erfolg von Polsters humorvoller und anrührender Inszenierung eines brillanten Lustspiels.

Dreimal musste Katharina Stehr als wohnungssuchende Studentin Constance klingeln, bis der knurrige Rentner Monsieur Henri (Momme Mommsen), sie überhaupt in seine Wohnung ließ. Auf Anraten seines Sohnes soll Henri ein Zimmer – mit Blick auf den Friedhof – vermieten, damit er nicht allein ist, falls er Hilfe braucht. Beim Bewerbungsgespräch lässt Henri kein Detail aus, um seine „Retro-Wohnung“ schlecht zu reden. Doch Constance akzeptiert unverdrossen, was immer ihr möglich ist. Nur waschen will sie sich können, glücklicherweise, denn das war Henris erster Test, ob sie auch kein Dreckspatz wäre.

Constance bekommt das Zimmer, weil Henri nur noch „in Würde krepieren“ will, riskiert aber alles wieder, als sie diesem Wunsch versehentlich zustimmt. Der Reiz dieser verbalen Duelle liegt darin, dass unter der hemmungslosen Aggressivität zwischen Vermieter und Mieterin immer mehr eine verdeckte Zuneigung erkennbar wird. Das geht so weit, dass der Alte die Junge als Köder einspannt, um seinen Neffen mit einer „Charmeoffensive“ dazu zu bringen, sich von dessen „bescheuerter“ Frau zu trennen.

Herrliches Quartett

Damit beginnt ein herrliches Quartettspiel, in dem provoziert und attackiert wird, getäuscht und verführt – und gleichzeitig eine ungewohnt neue Sympathie zwischen allen Vieren zutage tritt. Dem Ensemble gelingt es auf wundersame Art, die Rollen, in denen sie zu Beginn gefangen waren, zu durchbrechen und sich selbst zu befreien, auch wenn das nicht schmerzlos vonstattengeht.

Britta Scheerer bestätigte als Henris Schwiegertochter Valérie beim ersten Auftritt voll und ganz dessen Antipathie gegen die bigotte Kichererbse mit dem rechthaberischen Bildungsdünkel. Zunehmend aber wird sie sympathischer und lebensklüger. Auch Paul (Markus Streubel) verliert seine Steifheit und sein Minderwertigkeitsgefühl durch Constances Verführungskünste, auch wenn diese auf perfide Art gespielt sind. Die Studentin wiederum hält rechtzeitig ein und befreit sich von väterlichen Zwängen, während Henri sie gewissermaßen in seine Familie adoptiert. Eine glänzend gespielte Komödie, die in amüsantem Ton mit Witz und Tiefsinn, menschliche Beziehungen austestet, erwartet die Theaterschiffbesucher bis Ende Juli.