Marcus Michalski als Kurt Fellner (links) und Christian A. Koch als Heinz Bösel. Foto:  

Von der gepflegten Männerfeindschaft zur wunderbaren Männerfreundschaft: Diese Geschichte erzählt das Theaterstück „Indien“. Aber die neuen Freunde werden alsbald auf die härteste aller Proben gestellt. Kathrin Sievers inszeniert die Tragikomödie an der Esslinger Landesbühne.

Eine solide gegenseitige Abneigung verbindet Kurt Fellner und Heinz Bösel, zwei Restauranttester in der Provinz, die im behördlichen Auftrag den Wirts- und Gasthäusern unter den Klodeckel, in die Kochtöpfe und auf die Abrechnungen schauen. Dabei hält sich der bodenständige Bösel wortkarg am Bierkrug fest, während ihn Karrierestreber Fellner gnadenlos vollschwallt mit Angeberwissen und pedantischen Belehrungen. Schönste Voraussetzungen also für eine gepflegte Männerfeindschaft. Doch es kommt anders, ganz anders.

„Eine der besten Tragikomödien“

Für die Regisseurin Kathrin Sievers ist das Theaterstück „Indien“ der österreichischen Kabarettisten Josef Hader und Alfred Dorfer „eine der besten Tragikomödien“ überhaupt. 1993 mit den Autoren in den beiden Hauptrollen erfolgreich verfilmt, ging gleichwohl auch die Bühnenkarriere des Stücks weiter. In der Stuttgarter Intendantenzeit Friedrich Schirmers wurde es mit Ernst Konarek und Gottfried Breitfuß jahrelang in einer Kneipe in Zuffenhausen gespielt. Jetzt kommt es in Sievers’ Neuinszenierung an Schirmers heutige Wirkungsstätte, die Esslinger Landesbühne. Premiere ist am Freitag im Podium 1 des Schauspielhauses.

Solidarität im Unglück

„Wahnsinnig lustig und wahnsinnig traurig“ sei „Indien“, sagt die Regisseurin. „Ich kenne keinen anderen Text, dem das auf diesem Niveau gelingt.“ Solche Berührung des Tragischen und des Komischen grundiert bereits die große Zäsur, die Verwandlung der Feind- in eine wunderbare Freundschaft. Erst einmal eskaliert der Streit, dann schwingt König Alkohol sein sentimental verbrüderndes Szepter, das aber nur Türöffner ist für Nähe, Emotion, Empathie. Was die wundersame Wandlung im Innersten bewirkt, ist jene stärkste Anziehungskraft, die es zwischen zwei Seelen geben kann: geteiltes Leid, Solidarität im Unglück, „gegenseitige Offenbarung des eigenen Elends“, wie Sievers sagt. Für beide lief eben einiges schief im Leben, sind etliche Träume geplatzt. Nun aber, unterm Vorzeichen der Freundschaft, zeigt sich auch: Die lästigen Eigenheiten der beiden sind nur die verkorkste Außenansicht eigentlich sympathischer Charaktere. Doch der nunmehr unzertrennliche Bund von Heinzi und Kurtl wird auf die denkbar härteste Probe gestellt, die von Krebsdiagnose und Tod. „Indien“, der Stücktitel, versteht sich von diesem Ende her: als Stichwort und Sehnsuchtsmotiv für kosmischen Trost, Wiedergeburt, weitergehendes Leben. Sievers nimmt diese spirituelle Dimension ernst, die ironisierende Rolle des katholischen Priesters mit seinem Letzte-Ölung-Werkzeugkasten ist gestrichen.

Auf Schwäbisch und Bayerisch

Ernst genommen wird aber auch eine ganz andere Seite des Textes, auf die Dramaturgin Sarah Frost hinweist: der Dialekt. Für Regisseurin Sievers ist „die Atmosphäre des Stücks unbedingt Süddeutsch oder Österreichisch“ – eine Atmosphäre, die recht konkret auch das Bühnenbild Frank Chamiers aufgreifen will. Als Dialekt aber wird nicht das originale Niederösterreichisch imitiert, sondern Marcus Michalski als Fellner spricht Schwäbisch, Christian A. Koch als Bösel Bayerisch. Was nicht nur näher dran ist an Esslingen, sondern die anfängliche Antipathie trefflich in bewährten landsmannschaftlichen Animositäten spiegelt.

Die Premiere beginnt an diesem Freitag, 25. November, um 20 Uhr im Podium 1 des Esslinger Schauspielhauses. Die nächsten Vorstellungen folgen 30. November, 13., 15. und 31. Dezember, 28. Januar, 11. Februar, 10. März.