Wenig Geld, aber trotzdem schöner wohnen in der WG oder der ersten Wohnung? Wie das funktioniert, erklären vier Interior Expertinnen und Innenarchitekten aus Stuttgart und Berlin.
Hohe Räume, Stuck, Holzleisten, Fischgrätparkett oder Holzdielenboden, weiße Kassettentüren und Galgenfenster – eine Altbauwohnung in einem Gründerzeithaus ist sozusagen von Natur aus schon gut aussehend – doch nicht alle jungen Menschen finden ein WG-Zimmer oder gar eine eigene Wohnung in so einem Gebäude.
Häufige Realität bei Wohnungsbesichtigungen: Nachkriegsbuden oder Mehrfamilienhäuser aus späterer Zeit mit normaler Deckenhöhe, braunen Holztüren, Plastikfenstern, Auslegeware oder Fliesen auf dem Boden. Da ist dann wirklich Gestaltungswille gefragt, zumal man nicht einfach Wände herausreißen kann, um beispielsweise zwei kleine Räume zu einem großzügigen Wohnbereich umzufunktionieren.
Renovier-Tipps von Interior-Experten
Es kann aber durchaus trotzdem schön und nicht zu teuer werden, sofern einige Tipps von Experten – darunter auch Stuttgarter Interior Designerinnen sagen „Günstig und trotzdem schön einrichten – wir sagen, das geht!“
Erster, etwas anstrengender Rat: ausmisten, aufräumen. Also: kein Krimskrams auf dem Kleiderschrank oder in irgendwelchen Ecken lagern und auch die Ablagen in der Küche nicht vollrümpeln.
Kleidung und Dinge, die man nicht so oft benötigt, finden in flachen Kisten unterm Bett Platz. Nicht zu viele aber, denn unterm Bett, so raten wiederum Schlafexperten, sollte es luftig bleiben, der Mensch verliert rund einen halben Liter Wasser pro Nacht, und das muss möglichst Raum zum Verdampfen haben.
Aufräumen und loslassen
Dies ist auch einer der drei Tipps, den die renommierte Berliner Architektin Ester Bruzkus uns exklusiv mitteilt. Sie sagt: „Generell: Reduzieren, aufräumen und loslassen.“ Und weiß man auch nicht alles wegwerfen will und kann, ist damit dieser dringende Rat verbunden: Stauraum schaffen. „Nur absolute Lieblingsobjekte und Bücher sollen sichtbar sein“, sagt Ester Bruzkus, „der Rest muss in Schränken oder hinter Vorhänge verschwinden“.
Vorhang als Raumteiler
Das betrifft auch die bei WG-Bewohnern so beliebte Kleiderstange, weil sie beim Umzug leicht zu transportieren ist. Wer keinen Schrank auf- und abbauen will, dem könnte sich als Raumteiler tatsächlich ein Vorhang im Raum anbieten. Hinter dem verschwindet dann die Kleiderstange und anderes, das man nicht dauernd sehen will. Und so ein Vorhang fällt beim Umzug auch nicht besonders ins Gewicht.
Diesen Tipp gibt die Interior Designerin Lena Grzib vom Stuttgarter Büro Ippolito Fleitz Group: „Wenn du nur ein Zimmer in deiner WG hast, kannst du überlegen, Vorhänge als Raumteiler einzusetzen. Bei einem bekannten Einrichtungshaus aus Skandinavien gibt es zum Beispiel Schienensysteme, mit denen du die Vorhänge in den Raum und um die Ecke führen kannst.“
Raum mit Farbe gestalten
Eine Anregung für die Wandgestaltung hat Ester Bruzkus für handwerklich Interessierte: „Eine Farbe raumübergreifend in einen Farbton eintauchen - Wände, Decke, Sockelleisten, Türen inklusive Rahmen, Lichtschalter und vielleicht sogar den Boden. Das räumt einen Raum auf, gibt Ruhe und ein Gefühl von Gemütlichkeit.“
Und da man heute beim Auszug nicht mehr streichen muss, sondern beim Einzug, ist ja auch eine gewagtere Farbe als Weiß absolut möglich. Sollte in einem Zimmer etwa eine blaue oder braune Auslegeware liegen, lässt sich mit einer Ton-in-Ton-Gestaltung selbst so ein vermeintlicher Gestaltungs-Nachteil in einen Vorteil umwandeln.
Farbe auch in kleinen Räumen
Die Interior Designerin Lena Grzib rät: „Denkt nicht nur an eure Wohnräume, sondern auch Farben in Bad und Küche sind eine echte Bereicherung für die Atmosphäre in eurer Wohnung. Welche Farbe das jeweils ist, kann jeder selbst entscheiden. Seid einfach mutig und zeigt, wer ihr seid.
Großartige Tipps für die Wandgestaltung hat auch der Stuttgarter Innenarchitekt Alexander Fehre: „Mut zur Wandfarbe macht jede Mietwohnung spannend. Wähle einen sanften, warmen Ton für alle Wände und lass die Decke konsequent strahlend weiß. Flure und kleine Bäder dürfen ruhig intensiver oder dunkler ausfallen – sie sind keine Aufenthaltsräume und bringen zusätzliche Spannung in den Grundriss. Die helle Decke zieht den Blick nach oben und schenkt dem Raum optische Höhe.“
Die Decke des Raums als Hingucker
Eine ganz anderen spannenden Vorschlag für die Deckengestaltung hat der für seine opulenten Interiors bekannte Experte Fabian Freytag. Er hat beispielsweise in einem Miniapartment aus der Nachkriegszeit der Decke weiß-gelbe Streifen verpasst, ansonsten auf Weiß und einige schwarze Akzente bei der Möblierung gesetzt.
Beim Anblick des Wohn-, Ess- und Schlafzimmers (also ähnlich wie ein WG-Zimmer) bekommt man ein Gefühl von Sommerfrische. Hilfreich sind dabei auch weiße Lamellen-Jalousien vorm Fenster.
Gute Optiktricks
Apropos Fenster, die vielleicht nicht über ansehnliche Rahmen verfügen: „Wenn du Vorhänge vor den Fenstern haben möchtest“, sagt die Interior Designerin von Ippolito Fleitz, „dann mach’ sie so lang wie möglich und lass sie nicht wie deine Oma am Fensterbrett enden. So wirkt das Zimmer insgesamt höher und größer.“
Noch ein Trick bei kleinen Zimmern, den Lena Grzib verrät:„Spiegel kosten nicht viel. Wir setzen sie in vielen Projekten sein. Räume wirken dadurch größer und es entstehen überraschende Perspektiven.“
Möbel lieber sorgsam aussuchen
Einen Rat, den Innenarchitekten in einer Umfrage zum Innenarchitekur-Preis „Best Interior“ geben, worauf zu verzichten sei, wenn das Budget knapp ist, sagten 87 Prozent der Befragten: Auf nichts. Sprich – lieber solle man erst einmal nur einen Raum gut umgestalten, weiter sparen und sich dann das nächste Zimmer vornehmen.
Weil man aber in der Zwischenzeit ja nicht ganz ohne Möbel leben kann und vielleicht nicht beim günstigen Möbelriesen glücklich wird, sind Vintage-Möbel aus dem Second-Hand-Laden oder dem guten alten Internet eine Lösung. Das ist auch ökologisch sinnvoll, gut Erhaltenes weiter zu verwenden.
Auf Kleinanzeigen sind super Schnäppchen zu machen, die man dann wieder pimpen (Stichwort: Farbe) kann. Neben Gebrauchtmöbelläden empfiehlt der Experte Fabian Freytag folgende Plattformen, die zum Teil auch Designklassiker anbieten: amono, Pamono, 1stDibs, Used Design, Kleinanzeigen, Ebay und VNTG.
Wer nun doch dank einer spendablen Tante, eines großzügigen Opas ein bisschen Geld übrig hat, sollte am besten erst einmal mit einem qualitativ höherwertigen Objekt starten, das zum Hingucker im Raum wird. Bewohnt man ohnehin nur ein WG-Zimmer, ist ein richtig guter Stuhl oder Sessel eine Idee. Oder eine Leuchte – sie schafft gutes Licht und auch sie passt nach einem Umzug garantiert ins nächste Zimmer.
Mehr Licht!
Wichtig ist, auf mehrere Lichtquellen in einem Raum zu setzen, empfiehlt der Berliner Interior-Experte Fabian Freytag, Stand- und Tischleuchten inklusive. „Viele Lichtquellen schaffen Spannung und Tiefe. Im Gegensatz zur einsamen Deckenleuchte tanzen mehrere Lichtquellen durch den Raum und malen Schattenspiele, die Geschichten einzelner Inszenierungen erzählen.“
Auch der Stuttgarter Experte Alexander Fehre gibt Lichttipps, Stichwort: „Lichtstaffelung in drei Ebenen“. Fehre: „Eine Pendelleuchte markiert das Zentrum, eine schlanke Stehleuchte setzt Akzente auf Augenhöhe, und eine dekorative Bodenleuchte taucht die Ecken in weiches Streulicht. Großformatige Spiegel an der längsten Wand verdoppeln das Licht, erweitern die Perspektive und kosten deutlich weniger als ein Kunstwerk ähnlicher Größe. So erzielst du mit Farbe, Licht und Reflexion maximale Wirkung, ohne an der Substanz der Mietwohnung zu rütteln.“
Vintage-Lieblinge finden
Um möglichst lange Freude an etwas teureren Anschaffungen zu haben, ist es sinnvoll, nicht allzu sehr auf Trends zu schauen, sondern auf Qualität und Langlebigkeit setzen. Steht einem der Sinn nach einem fancy Mode-Objekt, dann sind Kerzenhalter, Kissen, Decken eine Option.
Platz schaffen in der winzigsten Hütte
Ist das WG-Zimmer oder die Wohnung sehr klein, ist ein Hochbett sinnvoll, darunter ist dann Platz für einen Esstisch, der auch noch als Schreibtisch seinen Dienst verrichtet. Bei einem Sofa oder einem Sessel wäre dann am besten eines zum Ausklappen wählen, denn Platz für Übernachtungsfreunde kann so in der kleinsten Hütte geschaffen werden.
Die Diele als Visitenkarte
Egal übrigens, wie klein die Wohnung ist oder wenn man auch nur ein Zimmer in einer WG bewohnt – der erste Eindruck zählt, und wenn der Flur nicht wie eine Rumpelkammer ausschaut, kehrt man nach einem anstrengenden Tag von der Ausbildung, von der Uni oder der Arbeit vielleicht doch lieber heim. Sprich: Schuhe nicht herumliegen lassen, sondern in einen Schuhschrank packen, beispielsweise als Wandhängung, wenn der Flur schmal ist.
Schick ist auch ein kleiner Wandschrank oder eine Leiste für Sachen, die man oft verzweifelt sucht: Schlüssel und Schals beispielsweise. Dann vermeidet man auch das verzweifelte Suchen nach dem Haustür-, Auto- oder und Fahrradschlüssel, wenn man die schön gestaltete Wohnung doch mal verlassen will.