Die Welt ist nicht gerecht: Die unterschiedlichen Preise, die Frauen und Männer für (fast identische) Produkte und Dienstleistungen hinblättern müssen, sind dafür ein Beleg. Foto: dpa

Friseurläden, Reinigungen und Drogerien sind ein Hort der Ungleichheit: Weibliche Kunden müssen häufig mehr fürs Schneiden, Bügeln und Parfüm berappen als Männer.

Stuttgart/Berlin - Haarschnitt, Reinigung, Spielzeug: Produkte und Dienstleistungen richten sich häufig nicht nur nach dem Geschlecht, sondern schlagen auch mit unterschiedlichen Preisen zu Buche. Das haben Forscher in der Studie „Preisdifferenzierung nach Geschlecht (Gender Pricing) in Deutschland“ herausgefunden, die die Antidiskriminierungsstelle des Bundes am Mittwoch vorstellte. Mehr als 2000 Waren und Dienstleistungen wurden untersucht.

Das Ergebnis: Nur 3,7 Prozent der Produkte, die sich speziell an Frauen oder Männer richteten, hatten einen Preisunterschied. Bei den Dienstleistungen waren es hingegen 59 Prozent. Im Schnitt müssen Frauen hier 13,80 Euro mehr berappen.

Frauen

Laut Statistischem Bundesamt bekommen weibliche Beschäftigte für ihre Arbeit im Durchschnitt 21 Prozent weniger Lohn als Männer. 2016 kamen Frauen auf einen Stundenlohn von 16,26 Euro brutto (Männer: 20,71 Euro). Die Statistiker begründen diesen „Gender Pay Gap“ (geschlechterspezifische Einkommenslücke) damit, dass Frauen weniger in Führungspositionen, häufiger in Teilzeit und weniger lang arbeiten. Außerdem ist das Lohnniveau in typischen Frauenberufen vergleichsweise niedrig.

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Frauen müssen vor allem bei speziell für sie angebotenen Produkten und Dienstleistungen tiefer ins Portemonnaie greifen. Rasierklingen in blauer Verpackung kosten 3,89 Euro, das exakt gleiche Produkt in Pink kostet 4,49 Euro.

Ein Kurzhaarschnitt kostet in 89 Prozent der untersuchten Friseur-Salons mehr als ein Männerhaarschnitt, teils ist er doppelt so teuer. 32 Prozent der Wäschereien verlangen für die Reinigung einer Damen-Bluse weitaus mehr als für ein Herren-Hemd. Aber auch Männer müssen manchmal mehr als Frauen zahlen. Sie legen bei rund neun Prozent der Dienstleistungen im Schnitt 7,50 Euro drauf, etwa beim Schuster.

In der Diskothek, bei Sportevents und Datingportalen sind Männer im Nachteil. Häufige Begründung: Durch Rabatte solle der niedrige Frauenanteil erhöht werden.

Männer

Bis 2012 waren geschlechtsspezifische Risiken bei Versicherungstarifen gang und gäbe. Für geringere Risiken konnten niedrigere Prämien berechnet werden als für höhere. Frauen mussten in der Kfz-Haftpflicht weniger zahlen als Männer, weil sie nachweislich weniger Schadensfälle verursachen.

Bei der Rentenversicherung waren für Männer die Prämien preiswerter, weil sie statistisch kürzer leben. Seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu Unisex-Tarifen im Jahr 2012 darf es allerdings keinen Unterschied mehr zwischen Mann und Frau bei Kfz-Haftpflicht, privater Kranken-, Lebens- oder Unfallversicherung geben. Dafür sind die Policen teurer geworden.

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„Hersteller und Händler nutzen offenbar aus, dass Frauen bereit sind, für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen mehr zu zahlen als Männer“, heißt es bei der Verbraucherzentrale Hamburg. Die Aufschläge würden bis zu 200 Prozent betragen. Die Preise unterschieden sich, obwohl die Produkte meist baugleich sind und nur die Farbgebung anders ist. Der Grund für dieses „Gender Pricing“ (Geschlechter-Preisgestaltung) liegt weniger in unterschiedlich hohen Herstellungskosten.

Frauen geben zum Beispiel bereitwilliger Geld für ihr Äußeres aus als Männer. Das nutzen die Konzerne aus. Außerdem tun die Händler alles, um die Preisdifferenzen zu verschleiern. In Drogeriemärkten beispielsweise existieren oft eigene Frauen- und Männerecken. Preisvergleichende Einkäufe sind hier also eher die Ausnahme.

Kinder

Schon im Kindesalter werden die Unterschiede zwischen den Geschlechtern zementiert. So sind Bodys für Mädchen deutlich teurer als für Jungen, bei Schulranzen liegen Jungen vorne, bei Laptoptaschen dagegen Mädchen. Ein Schaumbad im Prinzessinnen-Look kostet 2,95 Euro, die blaue Variante für Jungen 1,75 Euro. Das Plastik-Tretauto Bobby Car kostet bei einem internationalen Spielwarenhändler in Rot 32,98 Euro, in Pink 36,99 Euro.

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Senioren

So unterschiedlich das Lebensgefühl von 18- und 75-Jährigen auch ist, eines haben sie gemeinsam: hohe Kfz-Tarife. Von Jugendlichen verlangen die Versicherungen Risikozuschläge des normalen Beitragssatzes von bis zu 220 Prozent. Fahranfänger verursachen statistisch gesehen viele Unfälle. Auch Rentner werden als wandelndes Risiko eingestuft und müssen bis zu doppelt so viel zahlen wie der Durchschnittsfahrer.

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Städter

Die Hebesätze der Grundsteuer auf Immobilien sind sehr unterschiedlich, da die Kommunen die Höhe selbst bestimmen können. Nach Angaben des Immobilien-Bewerters Homeday sind die Steuerbemessungsbeiträge in Metropolen generell hoch (Berlin 810 Prozent, München 535 Prozent, Hamburg 540, Stuttgart 520). Grund: knapper Wohnraum und klamme Kassen. Die höchsten Hebesätze finden sich allerdings in Gemeinden mit weniger als 100 000 Einwohnern, von denen keine weniger als 400 Prozent erhebt. Spitzenreiter: Nauheim (Hessen, rund 10 000 Einwohner) mit 960 Prozent.

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Familien

Urlaub ist generell ein teures Vergnügen, doch Familien sind besonders gebeutelt. Wer wegen schulpflichtiger Kinder in den Sommerferien verreisen muss, blättert bis zu 60 Prozent mehr für das Flugticket hin. Entsprechend teurer sind auch Unterkunft und Essen.

Singles verfügen in der Regel nicht nur über mehr Geld zum Ausgeben als der durchschnittliche Familienvater, sondern können sich ihre Urlaubsreisen auch noch kostengünstiger und außerhalb der Schulferien auswählen.

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