Verschreckt die Preiserhöhung des Deutschlandtickets von 49 auf 58 Euro zum Jahreswechsel die Kunden? Die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) haben dazu erste Erkenntnisse.
Als die Landesverkehrsminister im September darüber entschieden haben, wie es mit dem Preis für das Deutschlandticket weitergeht, standen sie vor einer schwierigen Entscheidung: Wie viele Nutzer würden wegen der von ihnen beschlossenen Verteuerung im Jahr 2025 um neun Euro im Monat, immerhin 18,4 Prozent, am Ende abspringen?
Preiserhöhung als Nullsummenspiel?
Wird das Ganze wegen der Einnahmeverluste durch Abokündigungen zum Nullsummenspiel? Zumindest die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB), bei denen die Kündigungsfrist für den Jahreswechsel vor einer Woche abgelaufen ist, können wir hier eine Entwarnung geben.
Zum 31. Dezember 2024 wurden bei den SSB etwa 2,6 Prozent der Aboverträge gekündigt. Damit lag die Kündigungsquote zwar doppelt so hoch wie in einem üblichen Monat. Zum Ende des Jahres sind damit rund 3000 Kündigungen mehr eingegangen als in einem durchschnittlichen Monat. „Die Zahlen sind sehr zufriedenstellend und liegen deutlich unter den deutschlandweit prognostizierten Werten“, sagt SSB-Sprecherin Birgit Kiefer.
Bis zu einem Fünftel Kündigungen befürchtet
Zum Vergleich: der Preisentscheidung der Verkehrsminister lagen Prognosen zugrunde, die bei einem Preisaufschlag auf 59 Euro eine Kündigungswelle von zehn bis zwanzig Prozent vorhersagten. Niedriger lag sie, wenn man eine nüchterne, rationale Abwägung von Kosten und Nutzen zugrunde legte. Am anderen Ende des Spektrums berechnete man die Folgen, wenn der deutlich über der aktuellen Inflationsrate von 2,2 Prozent liegende Aufschlag, emotionale Reaktionen auslösen würde. Die Entscheidung am Ende nicht zehn Euro, sondern neun aufzuschlagen folgte der Hoffnung, den psychologischen Effekt zu dämpfen, weil man bei der Verteuerung so noch unter zwanzig Prozent blieb.
SSB konnte neue Kunden gewinnen
Den SSB sei es sogar gelungen, mehr Kunden zu gewinnen als man verloren habe, heißt es dort. Das Potenzial liegt hier laut dem Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) vor allem bei Jobtickets, die von den Arbeitgebern subventioniert werden. Die Stadt Stuttgart beispielsweise hat entschieden, das Ticket für ihre Mitarbeiter komplett gratis zu belassen – also auch die neun Euro Aufschlag komplett zu übernehmen.
Der VVS insgesamt wird erst Ende der kommenden Woche Bilanz ziehen können, weil noch nicht alle Verkaufszentren die nötigen Daten übermittelt haben. Auch bei der DB, die nur deutschlandweite Zahlen veröffentlicht, wird es noch dauern. Denn hier gilt eine Widerrufsregelung: Gekündigt wird von der Bahn aus rechtlichen Gründen automatisch und man muss ausdrücklich einer Fortführung des Abos zustimmen.
Dies führt allerdings dazu, dass erst am 31. Dezember die Bilanz feststehen wird. Aktuell habe mehr als die Hälfte der Kunden signalisiert, dass man das Abo behalten wolle, sagt eine Sprecherin.