Der Schorndorfer Barbara-Künkelin-Preis geht an Dunja Hayali. Die Journalistin und Moderatorin wird bei der Hybridveranstaltung aus Berlin zugeschaltet.
Schorndorf - Sie bezieht kraftvoll auf vielen Kanälen Stellung gegen Rassismus und Hass – so hat Justizministerin Christine Lambrecht Dunja Hayali in ihrer Laudatio beschrieben. Der Journalistin und Moderatorin wurde am Sonntag in einer Hybridveranstaltung aus dem Remstal-Studio 33 in Schorndorf der Barbara-Künkelin-Preis verliehen. Die Preisverleihung, die im März 2020 wegen Corona ausfallen musste, wurde nun per Livestream nachgeholt.
Dunja Hayali unterstützt den Verein Gesicht zeigen
Christine Lambrecht verwies auch auf das vielfältige Engagement von Dunja Hayali, die unter anderem den Verein Gesicht zeigen unterstützt. Diesem Verein, der sich für ein weltoffenes Deutschland gegen Rassismus, Antisemitismus und rechte Gewalt einsetzt, lässt Dunja Hayali das Preisgeld von 5000 Euro zukommen. „Ich bin sehr gerührt“, sagte die Preisträgerin, digital aus Berlin zugeschaltet. Die Auszeichnung sei ein weiterer Ansporn für ihre Arbeit. Einer ihrer entscheidenden Leitsätze als Journalistin sei „verstehen zu wollen, ohne Verständnis zu zeigen“. Sie plädierte dafür, im Dialog zu bleiben, auch wenn dies zum Teil „frustrierend und anstrengend“ sei und sprach sich für eine lebendige Streitkultur aus. „Lassen Sie uns streiten“, sagte Hayali, dadurch entwickle sich auch die eigene Persönlichkeit. Mit Sorge beobachte sie bei verschiedensten Debatten zunehmend, dass „jeder in seinem Kosmos“ bleibe und nicht wirklich miteinander geredet werde.
Der Preis geht auf couragierte Schorndorferinnen zurück
Der Preis für couragierte Frauen in Schorndorf hat Tradition, er wird seit 1983 im Zwei-Jahres-Rhythmus ausschließlich an Frauen vergeben. Er erinnert an Anna Barbara Walch-Künkelin. Die resolute Schorndorferin hatte mit anderen Frauen 1688 das Rathaus der Stadt gestürmt und so – entgegen dem Beschluss der männlichen Ratsmitglieder – verhindert, dass Schorndorf an die Franzosen übergeben wurde.
Der Mut, Haltung zu zeigen, Nein zu sagen und für die freie Meinungsäußerung einzustehen, das sei dringlicher denn je, sagte Schorndorfs Oberbürgermeister Matthias Klopfer. Die Pressefreiheit sei in Gefahr angesichts von Fake News, medienfeindlicher Rhetorik und Attacken auf Journalisten „auch direkt vor unserer Haustüre“. Die freie Presse und Meinungsfreiheit seien ein „unverzichtbarer Wert“. Die Freiheit, „auch das zu sagen, was sie nicht hören wollen“. „In welchem Deutschland wollen wir eigentlich leben?“, fragte OB Klopfer. Und beantwortet die rhetorische Frage so: Er wünsche sich ein Land, in dem es noch mehr mutige Menschen wie Dunja Hayali gebe.
Was bedeutet der Begriff Heimat?
„Sie passt zu hundert Prozent zu dem Preis“, sagte Elsbeth Rommel. Die Vorsitzende des Preisgerichts machte deutlich, welche Gedanken hinter der Auszeichnung stehen. Sie sei für Frauen bestimmt, die etwas rebellisch sind, sich gegen den Zeitgeist stemmen und gleichzeitig die Zukunft innovativ gestalten.
Dunja Hayali stehe für diesen Mut. Sie habe Dinge anders angegangen als in der Vergangenheit. So habe sie auf beleidigende Hasskommentare in einer neuen Weise reagiert. Sie habe die Mails beantwortet. Sie habe erklärt, verhandelt, versucht, zu verstehen. „Sie vertritt Haltung und zeigt Haltung“, sagte Elsbeth Rommel. Mit Hass und Mobbing im Netz setzte sich auch das Rollenspiel der Klasse 9b der Gottlieb-Daimler-Realschule in Schorndorf auseinander und zeigte Strategien der Gegenwehr auf. Holger Dietrich, Vorsitzender des Schorndorfer Heimatvereins, sprach über den Begriff der Heimat. Für ihn bedeute Heimat, dass jeder ein Recht darauf habe. „Heimat ist in uns“, griff Dunja Hayali das Gespräch auf. Auch nach eineinhalb Stunden virtuellen Austauschs blieb die Veranstaltung, moderiert von Susanne Kaufmann vom SWR, spannend. Dunja Hayali, die sich selbst als „Verfassungspatriotin“ beschreibt, möchte sich weiter für die Grundwerte der Demokratie stark machen und andere dazu anregen. Und sie möchte analog nach Schorndorf kommen, OB Klopfer hat sie fürs nächste Jahr schon mal eingeladen.