Engagierte und ausgezeichnete Frauen in der Hospizgruppe: Elisabeth Tosch , Maria Jungbauer, Hannelore Häring, Sandra Meyer und Susanne Werner (von links) Foto: factum/Granville

Für viele Sterbende sind sie die fürsorgliche Hand in den letzten Stunden: Die Ehrenamtlichen der Hospizgruppe begleiten Menschen in den Tod – und setzen sich auch mit dem eigenen Sterben auseinander.

Schwieberdingen/Hemmingen - Über den Tod spricht man nicht. Vor allem nicht, wenn man jung ist. Diese Erfahrung hat Sandra Meyer gemacht. Nach dem Tod ihres Vaters und ihres Großvaters hatte sie das Gefühl, das Thema sei innerhalb der Familie und in ihrer damaligen Heimatgemeinde tabu gewesen. „Einen Sozialdienst oder Hilfe hat man nicht in Anspruch genommen.“

Das wollte die Frau so nicht hinnehmen, sie meldete sich vor fünf Jahren zu einem Kurs der Hospizgruppe Schwieberdingen-Hemmingen an. „Dass ich ein paar Jahre später hier sitze und sterbende Menschen regelmäßig begleite, hätte ich aber nicht gedacht“, sagt die Vizevorsitzende der Gruppe. Die Hospizgruppe hat für ihre Arbeit jetzt den Armin-Zeeb-Preis des Ludwigsburger Grünen-Kreisverbands erhalten.

Angst vor dem Tod der Eltern

Viele der 16 Ehrenamtlichen aus der Gruppe sind nach dem Tod von Angehörigen oder in Vorbereitung auf deren Sterben der Gruppe beigetreten. Wie die Schwägerinnen Maria Jungbauer und Elisabeth Tosch, die sich nach dem Tod des Vaters und Schwiegervaters ebenfalls einen schöneren Umgang der Familie mit dem Thema gewünscht haben. „Zu der Zeit gab es bei uns eine Vortragsreihe zum Thema Sterben und Sterbebegleitung. Die haben wir besucht.“ Anschließend seien die beiden in den Vorbereitungskurs für die Hospizbegleitung und von dort aus in die neu gegründete Hospizgruppe gelangt. Das war 1991. Auch Susanne Werner ist seit Beginn an dabei. Die inzwischen 82-Jährige ist das älteste Mitglied der Gruppe. „Ich bin beigetreten, weil ich Angst hatte vor dem Tod meiner Eltern. Als mein Vater dann vor 20 Jahren starb, war ich ganz ruhig.“ Auch dabei, mit dem Tod ihres Mannes umzugehen, habe ihr die Erfahrung aus der Sterbebegleitung geholfen.

Manche wollen alleine sterben

Rund zehn bis 15 Menschen jährlich begleiten die Ehrenamtlichen in ihren letzten Stunden. Bei einigen von ihnen sind sie nur in den letzten Stunden dabei, etwa wenn diese vom Krankenhaus zum Sterben nach Hause gehen. Bei anderen begleiten sie die mit dem Tode konfrontierten Menschen über Monate hinweg. „Es gibt auch Beispiele, wo sich ein einsamer Mensch durch unsere Begleitung so weit erholt, dass er doch noch etwas länger als von den Ärzten vorhergesagt lebt“, sagt Jungbauer.

Einmal im Monat treffen sich die Ehrenamtlichen, darunter 14 Frauen und zwei Männer, um über das Erlebte zu sprechen. „Manchmal gibt es Situationen, die gehen einem nicht mehr aus dem Kopf, da fragt man sich, ob man alles richtig gemacht hat“, sagt Maria Jungbauer. Wie die Frau, die letztlich doch alleine starb, als die Ehrenamtliche auf der Toilette war. „Das ist aber gar nicht ungewöhnlich“, sagt Jungbauer. „Manche Menschen wollen nicht sterben, solange ein anderer oder gar ein Angehöriger im Raum ist. Die halten dann noch durch.“

Es sind keine Pflegekräfte

Es sei aber immer öfter auch so, dass Familien zerstritten seien und ältere Menschen gegen Ende ihres Lebens alleine blieben. Hier helfen die Ehrenamtlichen der Hospizgruppe. Oft falle es den Sterbenden schwer, loszulassen und zu gehen. „Manchmal hilft es, wenn sie uns von ihren Fehltritten und Versäumnissen berichten“, sagt Elisabeth Tosch. „Wir haben aber auch schon Kinder erlebt, die am Ende ihres Lebens mit ihren Eltern abrechnen.“ Schön sei das nicht, es helfe aber den Angehörigen und manchmal auch den Sterbenden in den letzten Stunden.

Wie oft die Sterbebegleiter kommen und wann, entscheiden die Familien. Die meisten Einsätze haben die Ehrenamtlichen allerdings in Pflegeheimen. Größtenteils sind es ältere Menschen, die sie begleiten, an deren Bett sie sitzen, mit denen sie sprechen, deren Hand sie halten und auch mal singen oder beten. „Den Haushalt machen wir aber nicht. Und Pflegekräfte sind wir auch keine. Das wird manchmal falsch verstanden“, sagt Hannelore Häring, die Vorsitzende der Gruppe.

Wie fühlt sich das Sterben an?

Wie viele Vereine hat auch die Hospizgruppe Nachwuchsprobleme. Viele der Ehrenamtlichen sind schon etwas älter und können nicht mehr so oft ihre Hilfe anbieten. Die Vorsitzende möchte ihre Arbeit bekannter machen. Daher hat sie sich mit der Gruppe auch aktiv für den Armin-Zeeb-Preis der Grünen beworben.

Ende des Jahres haben Interessierte wieder die Möglichkeit, sich in der Hospizhilfe zu engagieren: Die Hospizinitiative Ludwigsburg bietet dann einen neuen Kurs für diejenigen an, die sich ehrenamtlich einbringen möchten. Der Besuch des Kurses ist für jeden Pflicht, der in der Hospizhilfe tätig werden will. „Dabei beschäftigen wir uns intensiv mit dem Thema Tod. Auch mit dem eigenen“, sagt Häring. In einer Übung legt man sich etwa auf den Boden und stellt sich vor, dass man stirbt. „Das war anstrengend und lehrreich“, erinnert sich Susanne Werner. „Danach kann man sich vorstellen, was die Sterbenden erleben.“ Das nehme auch die Angst vor dem eigenen Tod, fügt Maria Jungbauer hinzu.