Der gesetzliche Mindestlohn soll 2015 in Kraft treten. Bis 2017 wird es noch einige Übergangsregelungen geben. Doch spätestens danach muss überprüft werden, ob alle Unternehmen mindestens 8,50 Euro zahlen. Für die Überwachung des Gesetzes wird der Zoll zuständig sein.
Der gesetzliche Mindestlohn soll 2015 in Kraft treten. Bis 2017 wird es noch einige Übergangsregelungen geben. Doch spätestens danach muss überprüft werden, ob alle Unternehmen mindestens 8,50 Euro zahlen. Für die Überwachung des Gesetzes wird der Zoll zuständig sein.
Berlin - Die Schlagbäume sind schon länger verschwunden. Dennoch rüstet der Zoll auf. Derzeit sind 39 000 Beamte und Tarifangestellte in seinen Diensten. Schon bald wird eine vierstellige Zahl von Beamten im mittleren und gehobenen Dienst dazukommen. Sie sollen darüber wachen, dass der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn eingehalten wird.
Noch wird hinter den Kulissen im Bundesfinanzministerium um die genaue Zahl der Planstellen gerungen. 2015 sollen bereits 1600 neu geschaffen werden. Der Chef der Zollgewerkschaft, Dieter Dewes, hält sogar eine Verstärkung um 2000 bis 2500 Kräfte für notwendig. Knapp fünf Millionen Beschäftigungsverhältnisse müsse der Zoll künftig zusätzlich im Blick haben, um die Einhaltung der gesetzlichen Lohnuntergrenze zu kontrollieren. Dewes ist nicht nur Chef der Zollgewerkschaft, sondern auch Vorsitzender des Personalrats im Bundes-finanzministerium. Er hat daher einen besonders guten Draht zu Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und zum zuständigen Abteilungsleiter im Ministerium, Julian Würtenberger. Das dürfte bei den Gesprächen helfen.
Ob 1600 neue Stellen oder mehr – klar ist: Die neuen Kräfte werden die gut 6000 Mitarbeiter bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls verstärken. Diese Truppe kämpft bereits seit zehn Jahren an bundesweit 113 Standorten gegen illegale Beschäftigung und das Prellen der Sozialkassen um Beiträge. Die Spezialisten von der FKS sind bereits heute damit beschäftigt, die Einhaltung der branchenbezogenen Mindestlöhne zu überwachen.
Als der Zoll jüngst die Kraftfahrzeugsteuer von den Ländern übernahm und Mitarbeiter suchte, wurde auch bei ehemaligen Soldaten und bei ehemaligen Post- und Telekom-Bediensteten Ausschau nach Nachwuchs für den Zoll gehalten. Bei der Bekämpfung von Missständen im Niedriglohnbereich muss das Personal auf anderem Wege gesucht werden. Die neuen Mitarbeiter müssen die komplette Bandbreite der Zollausbildung mitmachen. Sie müssen vor Ort ermitteln können wie etwa ein Polizist. Sie müssen sich im Steuerrecht bestens auskennen und an der Schusswaffe ausgebildet sein. Für den gehobenen Dienst dauert die Ausbildung drei Jahre, ein Hochschulstudium gehört dazu. Im mittleren Dienst dauert sie zwei Jahre.
Der Bundestag will den Mindestlohn am 4. Juli beschließen. Noch tobt der Streit um die Ausnahmen. Dewes ist strikt gegen weitere Ausnahmen: „Je mehr Ausnahmen die Lobbyisten jetzt noch durchdrücken, desto aufwendiger wird für uns die Kontrolle, und desto mehr Personal benötigen wir.“
Die Kontrolleure werden ein offenes Ohr haben müssen für Hinweise aus der Bevölkerung. Vielfach kommen Tipps von Unternehmern, die sich darüber ärgern, dass Konkurrenten mit unlauteren Methoden arbeiten. Gewisse Branchen sind anfällig für Verstöße gegen die gesetzliche Lohnuntergrenze. So gibt es etwa schwarze Schafe bei Logistikunternehmen. Paketzusteller müssen laut Arbeitsvertrag am Tag eine bestimmte Stückzahl ausliefern. Denkbar ist, dass das Pensum aber nicht in acht Stunden, sondern nur in zwölf Stunden zu schaffen ist. Dann liegt ein Verstoß vor. Der Prüfer vom Zoll muss dafür aufwendig recherchieren, die Geschäftsunterlagen prüfen, klären, ob die zurückzulegenden Wege in der Zeit zu schaffen sind. Es muss auch mit den betroffenen Arbeitnehmern gesprochen werden.
Immer dann besteht die Gefahr, dass der Mitarbeiter die vereinbarten 8,50 Euro nicht bekommt, wenn nicht je Arbeitsstunde, sondern nach Leistung abgerechnet wird. Diese Modelle arbeiten mit dem sogenannten Stücklohn. Taxifahrer etwa müssen vielfach eine bestimmte Zahl von Fahrgästen oder Fahrten am Arbeitstag vorweisen. Dabei ist Missbrauch denkbar, wenn die technischen Geräte für die Abrechnung manipuliert werden. Auch hier muss der Kontrolleur vom Zoll genau hinschauen.
Erntehelfer werden in der Regel ebenfalls nicht nach Stunden, sondern nach Leistung bezahlt. Das Gesetz will, dass auch sie künftig für jede Arbeitsstunde 8,50 Euro bekommen. Missbrauch könnte etwa vorliegen, wenn der Arbeitgeber die Leistungsnorm so hoch anlegt, dass der Erntehelfer nur auf seinen Lohn kommt, wenn er kräftig Überstunden macht.
Experten gehen davon aus, dass als Folge des Mindestlohngesetzes Beschäftigte in die Scheinselbstständigkeit gedrängt werden. Auch Verlagerungen aus dem Niedriglohnbereich in die Scheinselbstständigkeit müssen also vom Zoll in den Blick genommen werden.