Pfarrerin Sabine Löw tritt beim Preacher Slam an. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Sabine Löw nimmt zum zweiten Mal am Preacher Slam teil. Bei ihrem Auftritt verwandelt sie ein Liebeslied in ein Gebet.

Stuttgart - Der erste Einsatz kam spontan: Als Pfarrer Til Bauer seine Kollegin Sabine Löw im vergangenen Jahr fragte, ob sie beim Preacher Slam mitmachen wolle, hatte sie nur drei Tage Zeit, sich darauf vorzubereiten. Eine Teilnehmerin war kurzfristig abgesprungen und ein Platz wurde frei. Löw sagte zu. Und durfte die Premieren-Veranstaltung auch noch eröffnen – das Los hatte sie dazu bestimmt.

Der Preacher Slam ist die geistliche Variante des Poetry Slam, also ein Wettbewerb, bei dem Teilnehmer selbst geschriebene Texte vortragen. Obwohl die 46-jährige Pfarrerin jede Woche vor Publikum spricht, gibt sie zu, vor dem Auftritt „brutal nervös“ gewesen zu sein. Das sei in diesem Jahr anders. Schon lange hat sie am Text gefeilt, ihn immer wieder überarbeitet. „Ich habe eine Weile auf Inspiration gewartet“, sagt sie.

Die kam irgendwann in Form eines bekannten deutschen Liebeslieds im Radio – um welches es sich genau handelt, verrät sie noch nicht. Das Lied will sie bei ihrem Auftritt in ein Dankgebet verwandeln und mit den Zuschauern zusammen zelebrieren. Das ist ein Experiment. „Einen Slam-Beitrag in Form eines Gebets habe ich bislang noch nicht gehört“, sagt Löw.

Ob das ankommen wird? Es ist ihr egal. „Es geht mir ums Tun, nicht ums Siegen“, sagt sie. Authentisch zu sein, das stehe im Vordergrund. Applaus als Gradmesser für die Güte der vorgetragenen Inhalte – so ist es üblich beim Preacher Slam – findet sie ohnehin befremdlich. Deshalb stand sie der Veranstaltung zunächst skeptisch gegenüber. Bei ihrem ersten Auftritt hat sie genau diesen Zwiespalt zum Thema gemacht. Mittlerweile hat sich diese Skepsis aber gelegt. Dem Format kann sie nun viel abgewinnen. Das Gemeinschaftsgefühl, das zwischen den Teilnehmern entsteht, gehört dazu. „Die Stimmung ist einfach toll, wie bei einer Party“, so Löw, die seit diesem Sommer Pfarrerin der Paulusgemeinde im Stuttgarter Westen ist. „Die Kirche war voll, die Leute waren hin und weg.“

Pfarrerin mit „Bühnen-Gen“

Auftritte vor Menschen gehören zu ihrer Spezialität. „Ich habe das Bühnen-Gen und wollte lange Zeit Schauspielerin werden“, sagt Löw. Früher hat sie viel Theater gespielt. Als Gast-Slammerin bei einer Veranstaltung im Remstal hat sie einmal unter dem Motto „Schöpferin“ den ganzen Saal Geburtswehen veratmen lassen. Ihre schauspielerischen Aktivitäten ruhten in den vergangenen Jahren, durch die Teilnahme am Preacher Slam sei die Lust daran jedoch zurückgekehrt, sagt sie.

Jenseits des Auftritts vor einem Publikum hätten Schauspiel und Predigt allerdings sonst nicht viel gemein, findet Löw, die seit 16 Jahren Pfarrerin ist. Denn beim Schauspiel schlüpfe man in andere Rollen, beim Predigen gehe es genau um das Gegenteil: „Darum, authentisch zu sein – man selbst eben“, sagt sie.

Vor ihren Mitstreitern hat sie großen Respekt. „Da sind zum Teil echte Wortakrobatinnen und Wortakrobaten dabei“, so Löw. Es sei großartig, wenn Sprache zur Kunst werde. Wie der erste Preacher Slam gezeigt hat, ist das Spektrum der fünfminütigen Darbietungen groß: von humorigen Einlagen wie die des damaligen Siegers Christoph Messerschmidt aus Lorch bis hin zu nachdenklichen, meditativen Stücken. Einen persönlichen Favoriten auszumachen fällt Sabine Löw schwer. „Jeder Text hat seine eigene Würde“, so Sabine Löw.

Der zweite Stuttgarter Preacher Slam findet am heutigen Freitag um 19.30 Uhr in der Steigkirche, An der Steig 21, in Bad Cannstatt statt.