Elke Tubandt, die PragA-Projektleiterin, mit Mode und Kunst an der Seite Foto: Georg Linsenmann

Der etwas andere Laden im Stuttgarter Norden: Mode und Kunst spielen in der Boutique „PragA“ mit dem Sozialprojekt zusammen.

S-Nord -

Dieses Jahr hat PragA mal richtig was zum Feiern: Seit zehn Jahren gibt es die Second-Hand-Boutique an der Ecke Heilbronner Straße und Friedhofstraße. Das vom Caritasverband getragene Sozialprojekt will Frauen aus der Sackgasse der Langzeitarbeitslosigkeit heraushelfen. Im August vergangenen Jahres ist noch „Move on“ hinzugekommen, ein Qualifizierungsangebot für geflüchtete Frauen. Von den zehn Plätzen werden aktuell allerdings nur zwei genutzt. „Das muss noch ein bisschen anlaufen“, sagt dazu Elke Tubandt, die PragA-Projektleiterin.

Verlust der Stadtbahnhaltestelle dämpft die Feierlaune

So richtig zum Feiern ist ihr aktuell eh nicht, was an der Stilllegung der nahen Stadtbahn-Haltestelle liegt: „Wir merken das sehr. Uns fehlt jetzt die Laufkundschaft. Ich hoffe, dass wir das überleben. Wir müssen uns ja über den Verkauf finanzieren, und bisher hat das im Großen und Ganzen funktioniert.“ Das ist dann aber das einzige Negativum, das Tubandt in gut einer Stunde anführt. Ansonsten ist sie Feuer und Flamme für die PragA: „Das ist doch das pure Gegenmodell zum Milaneo nebenan!“, sagt sie – und erklärt warum: „Hell, freundlich, entspannt und stressfrei. So ist das Einkaufen bei uns!“ Längst hat sie Kaffee und Wasser angeboten. „Wir machen das immer. Und manchmal sitzt man auch auch nur und redet miteinander. Wie bei unserem Frauentreff hier.“

Selbstredend geht es auch ums Verkaufen. Auf 200 Quadratmetern wird Oberbekleidung angeboten, auch Taschen, Schuhe und Accessoires. Vorwiegend für Frauen. Aber zweimal im Jahr ist auch Männer-Tag: „Dann haben wir schon beim Öffnen eine Schlange. Die Herren sind heiß auf diese Tage, denn hier finden sie hochwertige Sachen zu sehr günstigen Preisen“, betont Tubandt. Alle Waren hat PragA geschenkt bekommen. Hochwertige, nicht abgetragene Ware sei das, erklärt die PragA-Chefin und greift zur Bestätigung greift mal kurz nach links, nach einem Paar Laura Ashley-Pumps. Auf der Sohle klebt noch der Neupreis: 105 Euro. Bei PragA sind sie für 25 Euros zu haben: „Die waren wohl noch nicht mal auf der Straße“ sagt Tubandt. Wiederverwertung stehe an erster Stelle: „80 Prozent der Kleidung, die wir nicht mehr tragen, sind zu schade für den Müll“.

Werte und Wertschätzung sind Schlüsselbegriffe von Elke Tubandt: „Die Arbeit hier erleben die Frauen als Wertschätzung. Sie sind unter Menschen, sind offen, haben mit schönen Dingen zu tun, arbeiten selbständig, sind zuverlässig. Jeder Mensch hat Wertschätzung verdient.“ Und Second Hand sei Ausdruck von Achtsamkeit und Wertschätzung für Dinge. Das solle auch die Ausstattung, die Präsentation der Ware und die Atmosphäre des Ladengeschäftes widerspiegeln: „Second Hand sieht man hier nicht. Und man riecht es auch nicht!“

Großes Lob für die Einrichtung

„Das ist eines der besten Sozialprojekte von ganz Stuttgart“, fädelt sich Hannelore Huzel ins Gespräch ein, die Sozialarbeiterin vor Ort. Tubandt nennt sie „die große Stütze von PragA“, worauf Huzel ergänzt: „Was die Kooperation von Ehrenamt, Stadtteil und Kirche angeht, kenne ich nichts Besseres. Auf dieser Basis konnten wir schon viele Frauen auf dem Weg in eine bessere Zukunft unterstützen.“

Ein PragA-Fan ist auch Ingrid Sagner aus Botnang. Sie macht hier ehrenamtlich mit, ordnet eben eine flache Schale mit Tüchern und Schals: „Ich habe für den Ruhestand eine vernünftige, sinnvolle Betätigung gesucht. Hier habe ich sie gefunden.“ Ihr gefällt nicht zuletzt „der nachhaltige Umgang mit Bekleidung“. Und hier sei „für jeden Geschmack etwas zu haben. Ob modisch, ausgefallen oder schlicht. Gelegentlich schlage ich selbst auch mal zu.“ Ob Second Hand aber nicht immer noch das Image von „Arme Leute-Kleidung“ anhafte? Ganz entschieden sagt Sagner: „Überhaupt nicht! Hier kommen viele, die es vom Geldbeutel her bestimmt nicht nötig hätten. Einfach aus Begeisterung für die schönen Sachen, die wir hier anbieten.“

Ein bisschen gefeiert hat PragA nun aber doch schon: Mit einer Vernissage, bei der die neue Ausstellung mit Bildern des Zuffenhäuser Künstlers und Poeten Peter Juréwitsch eröffnet wurde: mit über hundert Gästen. Eine Gelegenheit, bei der die Bezirksvorsteherin Sabine Mezger den Künstler für die „kräftigen Farben, die Fröhlichkeit, die feine Ironie und den subtilen Humor“ seiner Bilder gefeiert hat. 28 Arbeiten sind hier ausgestellt, vorwiegend duftige Aquarelle. Fließende Farben, fantasiestarke Abstraktion mit einem femininen Unterton, leicht ins Surreale schwenkend. Sie passen auch atmosphärisch perfekt in die PragA: „Mode und Kunst passen hier zusammen. Ich finde das hat Niveau und Stil. Die Farben künden vom Frühling. Ich hoffe, dass dieser Optimismus der Kunst ein gutes Zeichen ist für unsere Zukunft!“