Werner Gass: einst Spieler beim VfB – bald Mitglied des Präsidiums? Foto: VfB

Bei der Mitgliederversammlung des VfB Stuttgart wird der Nachfolger von Thomas Hitzlsperger als Präsidiumsmitglied gesucht. Zwei Kandidaten stehen zur Wahl, einer davon ist Werner Gass – wir stellen ihn vor.

Stuttgart - Er stand für Kampf, Leidenschaft, Einsatz. Schienbeinschoner trug er keine. Die herunterhängenden Stutzen waren sein Markenzeichen. „Ich hatte halt einfach zu dünne Waden“, sagt Werner Gass mit einem Augenzwinkern. 36 Jahre nach seinem Karriereende als Spieler der Amateure des VfB Stuttgart hat der 65-Jährige immer noch eine drahtige, durchtrainierte Figur. Er muss schließlich Vorbild sein: Seit er sein Sportgeschäft in Geislingen (an dem lange Zeit auch Jürgen Klinsmann beteiligt war) nach 27 Jahren aufgegeben hat, konzentriert er sich voll auf sein zweitens geschäftliches Standbein als Personal-Trainer. Das füllt ihn aus, langweilig ist ihm nicht, dennoch geht der frühere Außenverteidiger noch einmal in die Offensive: Beim VfB will er sich bei der Hauptversammlung am 14. Juli ins Präsidium wählen lassen.

Kein Wahlkampf im Duell mit Mutschler

Ob das Kribbeln langsam steigt? Gass schüttelt den Kopf. „Nein, ich sehe das ganze entspannt“, sagt er. Schließlich hat er sich nicht aufgedrängt für das Amt. Der Vereinsbeiratschef Wolf-Dietrich Erhardt hat ihn vergangenen Februar beim Heimspiel gegen den SC Freiburg um seine Handynummer gebeten. Dann ging alles recht fix. Ein Anruf, eine zweistündige Einzelbefragung, dann fiel unter vier Kandidaten die Entscheidung auf Gass und Rainer Mutschler, langjähriger Geschäftsführer der VfB Marketing GmbH und seit 2017 Marketing-Chef bei Eishockey-Club Ravensburg Towerstars. „Ein feiner Mensch. Ich mag ihn sehr“, sagt Gass über den früheren Bundestrainer alpin des Deutschen Ski-Verbandes, der neuerdings beim VfB als administrativer NLZ-Leiter tätig ist. Es wird keine Schlammschlacht geben, nicht einmal einen Wahlkampf. Aber am Ende müssen sich die Mitglieder für einen der beiden entscheiden, der dann den für den Sport zuständigen Thomas Hitzlsperger (Ende Februar 2019 zum Sportvorstand aufgerückt) in diesem Gremium ablöst. Wolfgang Dietrich und Finanzexperte Bernd Gaiser wurden 2017 auf vier Jahre gewählt.

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Bis zur U 15 und für andere Sportarten zuständig

Gass weiß, dass er in dem Amt nicht die ganz großen Räder drehen würde. Das ändert nichts daran, dass er sagt: „Es ist eine Ehre für mich, vorgeschlagen geworden zu sein.“ Er oder Mutschler werden für die Fußball-Jugend bis zur U 15 zuständig sein. Wenn man ihn fragt, wird er seine Meinung auch zu den Profis äußert oder zur U 19 oder zur zweiten Mannschaft. Für die war er in seiner Laufbahn von 1975 bis 1983 750 Mal im Einsatz. Hinzu kamen 33 Einsätze bei den Profis. Er trug zum Bundesliga-Wiederaufstieg 1977 bei, 1980 führte er als Kapitän die VfB-Amateure im Finale gegen den FC Augsburg zur Deutschen Amateurmeisterschaft. Ebenfalls im Team von Trainer Willi Entenmann damals waren Spieler wie Siegfried Grüninger, Arno Schäfer, Ilyas Tüfekci, Gerhard Wörn, Rainer Adrion und Frank Elser.

Der VfB II liegt ihm am Herzen

Der Unterbau, besonders der VfB II, liegt Gass extrem am Herzen. „Dass die Zweite jetzt in die Oberliga runter musste, hat mich genauso hart getroffen wie der Abstieg der Profis“, versichert Gass. „Man hat diese Mannschaft am langen Arm verhungern lassen. Wir müssen sie aber stärken und wieder wie früher junge Spieler an die Profimannschaft heranführen.“ Nicht nur Spieler aus Südamerika sollten ein Thema sein, sondern vielmehr die Talente in der Region. „Wieso haben die Schlotterbeck-Brüder aus dem Remstal den Durchbruch beim SC Freiburg geschafft und nicht bei uns“, fragt sich Gass.

Freundschaft zu Jürgen Klinsmann

Der Schwabe ist Heimatverbunden. In seiner Nachbarschaft in Gingen/Fils wuchs Jürgen Klinsmann auf. Noch immer verbindet die beiden eine Freundschaft. Zumal in den ehemaligen Räumen von Gass’ Sportgeschäft ein Kinderhaus entstand, das ein gemeinsames Projekt der Klinsmann-Stiftung Agapedia und der Stadt Geislingen ist. Ansonsten will sich Gass zum sensiblen Thema Klinsmann und der VfB nicht äußern.

Wunsch nach Respekt bei der Hauptversammlung

Er blickt lieber auf die Hauptversammlung am 14. Juli. „Ich wünsche mir, dass alles sauber und mit Respekt abläuft“, sagt Gass. Die Aussage bezieht sich nicht auf sein Duell mit Mutschler, sondern auf mögliche Angriffe auf Präsident Dietrich. „Es geht doch nicht um einzelne Personen, sondern um den VfB“, sagt er genauso so kämpferisch wie er früher mit herunterhängenden Stutzen rannte bis die Socken qualmten.