Am 3. November 2020 findet in den USA die Präsidentschaftswahl statt. Die Vorwahlen, in der die Parteien ihren Kandidaten bestimmen, sind kompliziert. Unsere Bilderstrecke zeigt, welche Kandidaten noch im Rennen sind. Foto: dpa/Kay Nietfeld

Wer in den USA Präsidentschaftskandidat werden will, benötigt einen langen Atem. Das Vorwahl-System ist kompliziert. Der „Super Tuesday“ am 3. März ist besonders wichtig. Was passiert an diesem Tag?

Washington - Der „Super Tuesday“ gehört zur Serie der Vorwahlen, die über den Präsidentschaftsbewerber einer Partei entscheiden, wie das Lincoln-Memorial zu Washington. An jenem Dienstag, traditionell Anfang März, wird in mehr Bundesstaaten abgestimmt als an jedem anderen Tag des Wahlkalenders. Vergeben werden alleine 1357 der 3979 Mandate der Delegierten, die im Juli auf dem Nominierungsparteitag in Milwaukee bestimmen, wer Donald Trump herausfordern soll. Um es einzuordnen: Bei den ersten vier Vorwahlen, in Iowa, New Hampshire, Nevada und South Carolina, ging es um weniger als fünf Prozent der Stimmen, während es am Super-Dienstag um 34 Prozent geht. Allein in Kalifornien werden 415 Delegierte bestimmt. Es folgen Texas (228) und North Carolina (110).

Neu: Auch Kalifornien am „Super Tuesday“ mit dabei

Diesmal fällt die Entscheidung de facto allein bei den Demokraten, und zwar in 14 Staaten. Nachdem Joe Biden die Vorwahl in South Carolina am Samstag mit der Unterstützung vor allem vieler schwarzer Wähler klar gewonnen hat, ist für den „Super-Dienstag“ nun wieder alles offen.

Auch in Kalifornien wird nunmehr bereits am Super Tuesday gewählt. Der bevölkerungsreichste und zudem wirtschaftlich stärkste US-Staat ist im Kalender nach vorn gerückt, weil er sein Gewicht dann in die Waagschale werfen will, wenn das Rennen noch offen ist, nicht erst wie bisher am Schluss. Gerade die Bewohner des Golden State am Pazifik halten es für einen Anachronismus, dass die Weichen zum Auftakt in Iowa und New Hampshire gestellt werden, wo Weiße rund 90 Prozent der Bevölkerung bilden, was dem demografischen Gesamtbild des Landes nicht annähernd entspricht.

Übrigens: Wer in den USA Präsidentschaftskandidat werden will, braucht nicht nur einen langen Atem – sondern auch viel Geld:

Caucus oder Primary – wo ist der Unterschied?

Es gibt zwei Verfahren, Caucus und Primary. Bei einem Caucus treffen sich Mitglieder oder Sympathisanten der Partei abends in Schulturnhallen, Bibliotheken oder auch Wohnzimmern. Man hält Reden, versucht andere vom eigenen Favoriten zu überzeugen, dann wird in zwei Runden abgestimmt.

Primaries sind geheime Wahlen mit Stimmzettel und Kabine. Allerdings sind die Regeln nicht überall gleich. Bei geschlossenen Vorwahlen dürfen nur eingetragene Parteimitglieder eine Stimme abgeben. An offenen kann theoretisch jeder Wahlberechtigte teilnehmen, wobei in der Praxis überzeugte Republikaner kaum bei den Demokraten abstimmen dürften und umgekehrt. Eine dritte Variante: Bei einer halb offenen Vorwahl dürfen registrierte Republikaner nicht bei den Demokraten zur Wahl gehen und umgekehrt. Parteilose sind zugelassen.

Wer gilt derzeit als Favorit?

Fällt am Super Tuesday die Vorentscheidung? Möglich ist es. Bernie Sanders könnte so viele Delegierte gewinnen, dass er seinen Kontrahenten enteilt – vor allem, wenn diese sich nicht bald auf eine einzige personelle Alternative zu ihm verständigen. Die Demoskopen sehen den 78-Jährigen sowohl in Kalifornien als auch in Texas vorn, in Kalifornien klar, in Texas knapp vor Joe Biden.

Ursprünglich war Biden der Favorit, hofft, seine Popularität bei schwarzen Amerikanern in Siege in Südstaaten umzumünzen. Bidens Erfolg in South Carolina gilt als Beginn einer möglichen Trendwende. Gelingt es Biden, seinen Start vergessen zu machen, dürfte er andere Vertreter der politischen Mitte, Amy Klobuchar und womöglich auch Michael Bloomberg, drängen, das Handtuch zu werfen, damit sich die Moderaten im Duell gegen den linken Senator Sanders nicht gegenseitig behindern. Pete Buttigieg, der aus der Vorwahl in Iowa noch als knapper Sieger hervorgegangen war, hat nach der Wahl in South Carolina das Handtuch geworfen.

So haben sich die Umfrageergebnisse in den letzten Monaten entwickelt:

Und wenn am Ende kein Sieger feststeht?

Was passiert, wenn am Ende der Vorwahlen kein Sieger feststeht? Wer auf die Hälfte der 3979 Delegiertenmandate kommt, ob erst im Juni oder schon im April oder Mai, hat gewonnen. Diese Delegierten fallen unter die Kategorie „pledged“. Das heißt, sie können im Sommer nur für den Kandidaten stimmen, dem sie aufgrund des Vorwahlresultats in ihrem Staat verpflichtet sind. Erreicht keiner die magische Marke von 1990 Delegierten, wird es kompliziert. Dann käme im ersten Wahlgang des Nominierungskonvents niemand auf eine absolute Mehrheit, so dass eine zweite Runde folgen müsste. Das Zünglein an der Waage könnten dann die 771 Superdelegierten bilden, die meisten Parteiprominente, die an nichts gebunden sind. Das wäre für die Demokraten ein Albtraum.