Dietmar Allgaier, Pierre-Enric Steiger und Jochen Haas (von links) stellen sich zur Präsidentenwahl beim VfB Stuttgart. Foto: Baumann/Hansjürgen Britsch

Dietmar Allgaier, Jochen Haas und Pierre-Enric Steiger äußern sich zu ihren inhaltlichen Schwerpunkten bei einem Wahlsieg am Samstag auf der Mitgliederversammlung. Dabei werden größere Unterschiede deutlich.

Der Wahlkampf für das Präsidentenamt beim VfB Stuttgart neigt sich dem Ende entgegen. Nur noch wenige Tage verbleiben Dietmar Allgaier, Jochen Haas und Pierre-Enric Steiger, um sich mit ihren Inhalten zu positionieren. Im Gespräch mit unserer Redaktion haben die drei Kandidaten zu vielen Themen Stellung bezogen und jeweils ihre Schwerpunkte erläutert, mit denen sie auf der Mitgliederversammlung des Fußball-Bundesligisten am Samstag (11 Uhr) in der Schleyerhalle Stimmen für sich sammeln wollen. Wir dokumentieren die Aussagen zu den jeweiligen Prioritäten in alphabetischer Reihenfolge. Diese durften jeweils maximal 1893 Zeichen umfassen.

 

Die Schwerpunkte des Dietmar Allgaier

Dietmar Allgaier (58), Interimspräsident und Ludwigsburger Landrat: 1. „Für mich gibt es als höchster Mandatsträger für die über 120 000 Mitglieder im Verein und für den Hauptanteilseigner der AG drei Säulen. Zunächst möchte ich durch eine gute Strategie und eine mittelfristige Finanzplanung über die Funktion des Aufsichtsratsvorsitzes so stabile Rahmenbedingungen für die VfB AG garantieren, dass wir im Bereich Profifußball in einem wirtschaftlich schwierigen Jahr von unserer Substanz gut weiterleben könnten. Dafür benötigen wir insgesamt ein starkes Finanzfundament. Zu diesem Komplex gehören für mich im Übrigen auch die Frauen und die U-21-Mannschaft.“

2. „Die zweite Säule ist für mich die Entwicklung des Neckarparks und der Infrastruktur. Dafür brauchen wir eine neue Vision, da wir veraltete und zu wenige Plätze haben. Nur ein Beispiel: Allein für den Fall, dass unsere VfB-Frauen in die Bundesliga aufsteigen, bräuchten wir in naher Zukunft ein Stadion mit einem Fassungsvermögen von 12 000 bis 15 000 Zuschauern. Das muss in puncto Infrastruktur alles bedacht, geplant und umgesetzt werden. Um hier eine angemessene Zukunftslösung hinzubekommen, müssen wir zunächst alle Beteiligten an einen Tisch holen und auf Augenhöhe die Möglichkeiten diskutieren.“

3. „Mein dritter Punkt betrifft Struktur und Abteilungen des VfB e.V. Auch hier braucht es eine strategische Weiterentwicklung im Bereich Vereinsangebote, Breitensport und Kooperationen – mit klaren Zielen, die dem enormen Wachstum des VfB gerecht werden. Wir sollten uns aber auch in die Region hinausentwickeln. Die Menschen sollen künftig nicht nur nach Stuttgart zum VfB kommen, sondern wir sollten mehr zu den Menschen rausgehen. Das alles mitzugestalten – darauf habe ich Lust.“

Die Schwerpunkte des Jochen Haas

Jochen Haas (56), Finanzexperte und Privatier: 1. „Zuerst geht es mir um Mitbestimmung und Mitgestaltung. Wir brauchen eine aktivere Haltung unter den Mitgliedern. Dadurch sollen wieder mehr Menschen zur Mitgliederversammlung kommen und sich am Geschehen beteiligen. Nur so können wir dann die Interessen der Mitglieder würdig vertreten. Ich plädiere dafür, die Expertise, die wir im VfB über unsere 120 000 Mitglieder haben, zum Beispiel in Think Tanks zu bestimmten Themen zu nutzen. Dafür benötigen wir auch Personen in den Vereinsgremien, die Leidenschaft für den VfB entwickeln und dabei aber Eigeninteressen hinten anstellen. Wir brauchen ‚Mitmacher statt Bruddler’, lautet mein Motto.“ Voraussetzung dafür sind ein harmonierendes Präsidium, sowie ein starken Teamplayer als Präsident.

2. „Der zweite Punkt , der zu beachten ist, dass der VfB e.V ein Verein für aktiven Sport ist. Daher ist es für mich wichtig, die Abteilungen mit ihren tollen Leistungs- und Wettkampfsportlern weiterzuentwickeln. Die Zahl der Abteilungen wie auch der aktiven Mitglieder soll wachsen und dem müssen wir gerecht werden. Das betrifft jedoch nicht nur die Infrastruktur oder Finanzierung. Wir sollten auch darüber nachdenken, neue Abteilungen zu gründen. Zum Beispiel die populären Sportarten Handball oder Basketball, aber auch moderne Kampfsportarten fände ich cool. Solche Vorhaben sollten dann keine Momentaufnahmen darstellen, sondern werden mittel- und langfristig angegangen werden.“

3. „Als Drittes ist mir ein sehr gutes Miteinander in den Vereinsgremien, das auf Respekt und Verständnis basiert sowie eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem AG-Vorstand wichtig. Es braucht eine deutlich verbesserte und auch einheitliche Kommunikation beim VfB. Wir sollten nach unseren Entscheidungen mit einer Stimme sprechen. Dafür braucht es unter anderem auch starke e.-V.-Vertreter im Aufsichtsrat.“

Die Schwerpunkte des Pierre-Enric Steiger

Pierre-Enric Steiger (53), Präsident der Björn-Steiger-Stiftung und Vorstandsmitglied im Deutschen Verkehrssicherheitsrat: 1. „Das wichtigste Thema ist die Gesamtentwicklung aller Abteilungen beim VfB, so wie ich es in meinem Positionspapier bereits ausgeführt habe. Für mich steht im Vordergrund, dass sich der VfB-Präsident entscheidend um die anderen Abteilungen kümmert. Wir sollten schauen, dass wir jede Abteilung auf ein vernünftiges Level heben. Vorrang hat, die bereits vorhandenen Sportarten zu entwickeln, um zu demonstrieren, dass wir neue Sportarten aufnehmen könnten. Handball, Basketball oder Volleyball wären denkbar. Ein solches Projekt ginge dann für mich nur in Partnerschaften auf Augenhöhe mit anderen Vereinen.“

2. „Eine weitere Herausforderung wird sein, uns in Sachen Transparenz und Kommunikation zu verbessern. In diesen Bereichen gibt es Entwicklungspotenzial. Das ist jedenfalls mein Eindruck nach vielen Gesprächen mit Mitgliedern. Wir müssen schauen, dass wir die Mitglieder in den Entscheidungsprozessen besser abholen und früher informieren. Ein Beispiel: Nehmen Sie die Vereinsvertreter im Aufsichtsrat der VfB AG. Da wurden nach der Benennung schlichtweg die Namen kommuniziert. Ich würde es besser finden, Formate anzubieten, in denen sich die Kandidaten vorstellen, damit sich die Mitglieder einen Eindruck von ihnen machen können.“

3. „Der dritte Schwerpunkt ist es, die VfB-Aktie auf den Weg zu bringen und diese Beteiligungsmöglichkeit für Mitglieder umzusetzen. Dabei steht das Vorhaben symbolisch für mehr Mitsprachemöglichkeit in der VfB AG. Ich denke, dass die VfB-Aktie die Menschen auf zwei Ebenen emotionalisiert: Erstens gibt es diejenigen, die schlicht ein solches Wertpapier haben wollen – als Schmuckaktie. Das genügt ihnen. Zweitens gibt es diejenigen, die seit der Ausgliederung 2017 sagen, der Profifußball hat sich von uns entfernt. Hier schwingt die Hoffnung mit, über die Möglichkeiten, die ein Aktionär hat, wieder enger heranzurücken.“