Noch gibt es 16 Briefmarkenautomaten der Post in Stuttgart. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Die Kommunikation wird digitaler, es werden immer weniger Briefe geschrieben. Das hat Folgen für die Dienstleistungen rund um den Papierbrief. Der Briefmarkenautomat wird zum Auslaufmodell.

Stuttgart - Nicht nur im Glücksspielgewerbe, auch im Postwesen gab es früher so etwas wie den einarmigen Banditen. Es ist keine zwei Jahrzehnten her, da hatten Briefmarkenautomaten eine kleine Kurbel, an der man drehte – nach einem Klingeln entnahm man dem Automaten die gewünschte Marke. Tempi passati.

Mit der Euro-Umstellung wurden die aus heutiger Sicht nostalgischen Geräte durch modernere ersetzt. Aber auch die sind auf dem Rückzug. Nur noch 16 solcher Automatenstandorte der Deutschen Post gibt es in Stuttgart, 22 waren es vor drei Jahren. Darüber sind nicht alle Bürger erfreut. So wurden kritische Stimmen laut, als vor geraumer Zeit eines dieser Geräte im Zentrum Gerlingens abgebaut wurde.

Jedes Jahr zwei bis drei Prozent weniger Briefer

„Die Umsätze werden immer wieder überprüft“, begründet der Stuttgarter Postsprecher Hugo Gimber die Entwicklung. Dabei stellt man regelmäßig fest: Die Nachfrage nach Marken vom Automaten sinkt. Das ist hier nicht anders als anderswo. „Jedes Jahr nimmt das Briefaufkommen um zwei bis drei Prozent ab“, sagt Gimber. Immer mehr Informationen werden per SMS oder als E-Mail weit schneller verschickt. Einstweilen haben Briefmarkenautomaten eine Galgenfrist, bis technische Probleme die Geräte lahmlegen. Dann werden sie abgehängt. „Wenn man immer wieder drauflegt, muss man irgendwann betriebswirtschaftlich handeln“, so Gimber.

Bei den Briefkästen der Deutschen Post sind die Verhältnisse dagegen seit Ende 2003 stabil. Deren Zahl liege in Stuttgart bei rund 380, sagt der Postsprecher. Das waren vor der Zäsur allerdings noch viel mehr: Anfang 2003 waren in der Landeshauptstadt noch etwa 600 Postkästen in Betrieb. Deren Reduzierung ging damals freilich nicht so geräuschlos über die Bühne. Der langsame und stetige Schwund der Briefmarkenautomaten löst dagegen kaum Protest aus. Bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gibt es speziell dazu jedenfalls keine Beschwerden.

Zahl der Servicestellen ist gewachsen

Das mag daran liegen, dass es für den Erwerb von Briefmarken und für andere Dienstleistungen reichlich Alternativen gibt. So hat die Deutsche Post in Stuttgart 182 Anlaufstellen, 61 Filialen, 70 Paketshops und 51 weitere Verkaufspunkte. Letztere sind Geschäfte vom Buchshop bis zum Supermarkt. Überdies verkaufen Kioske, die Postkarten im Sortiment haben, auch Briefmarken, sagt Hugo Gimber. Die könne man heute „an viel mehr Stellen kaufen als früher“, an zwölf auch sonntags.

Zumal man Briefmarken längst im Internet herunterladen kann, sogar mit eigenem Konterfei. Oder man schickt auf die Schnelle eine SMS mit dem Stichwort „Brief“ oder „Postkarte“ an eine bestimmte Nummer, erhält einen zwölfstelligen Code, den man einfach per Hand auf den Brief schreibt – fertig. Die Abrechnung erfolgt über den Mobilfunkanbieter.

Im Briefgeschäft ist die BW-Post der Konkurrent

Nicht zu vergessen: Die Deutsche Post ist nicht mehr einziger Anbieter im Briefgeschäft. In der Region Stuttgart und im Bereich Schwarzwald macht die BW-Post dem früheren Staatsbetrieb Marktanteile streitig. Auch die BW-Post, die wie die Stuttgarter Zeitung zur Gruppe der Südwestdeutschen Medienholding (SWMH) gehört, hat in der Landeshauptstadt ein Netz von Servicepoints, Geschäfte, Kioske oder SSB-Servicestellen. Aktuell sind es 36, dazu kommen zehn Standorte mit Briefkästen. Auch die Briefmarken der BW-Post sind im Internet zu bekommen.

Worum der Wettbewerb im Briefgeschäft geht, zeigt die Sendungsstruktur. So gehen nur sechs Prozent der Briefsendungen von Privatperson zu Privatperson, acht Prozent von Privatkunden zu Firmen und Behörden. 55 Prozent aller Briefe werden von Unternehmen oder Behörden an Private verschickt, immerhin 31 Prozent gehen zwischen Geschäftskunden hin und her.