Die Warnstreiks dürften sich nun zu einem Arbeitskampf ausweiten. Foto: dpa/Jens Büttner

Die Tarifverhandlungen bei der Deutschen Post sind vorerst gescheitert – obwohl die Arbeitgeber bis zu 20 Prozent höhere Löhne in den untersten Lohngruppen bieten, wie sei betonen. Nun droht der Arbeitskampf.

Die Zeichen waren vielversprechend: Seit Mittwoch hatten die Deutsche Post und die Gewerkschaft Verdi über höhere Einkommen für die 160 000 Tarifbeschäftigten verhandelt – länger als geplant. Doch am Freitagnachmittag wurde klar, dass die Unterhändler auch in der dritten Verhandlungsrunde in Düsseldorf uneins blieben.

Ausschlaggebend war nach Verdi-Angaben das Angebot der Arbeitgeberseite, „das weit von unseren Forderungen entfernt ist“, wie die Verdi-Vize und Verhandlungsführerin Andrea Kocsis betonte. Die Arbeitgeber seien nicht bereit gewesen, die Reallohneinbußen der Beschäftigten auszugleichen. „Die lange Laufzeit von 24 Monaten und die geringe Entgelterhöhung im Jahr 2024 erhöht das Risiko weiterer Reallohnverluste.“

Bisher fast 100 000 Warnstreikende in dieser Tarifrunde

Zuvor hatte die Tarifkommission die Verhandlungen für gescheitert erklärt und die Durchführung einer Urabstimmung eingeleitet – den nächsten Schritt zum Arbeitskampf. Verdi fordert eine Entgelterhöhung von 15 Prozent über zwölf Monate. Die Ausbildungsvergütungen sollen für jedes Ausbildungsjahr um 200 Euro pro Monat angehoben werden. Verdi hatte zur Bekräftigung zuvor zu massiven Warnstreiks aufgerufen: Daran haben sich in dieser Tarifrunde bisher insgesamt fast 100 000 Streikende beteiligt.

Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro plus deutlich mehr Lohn

Nach Angaben des Managements hat die Post ein „Rekordangebot“ mit einer Laufzeit bis Ende 2024 abgegeben. Alle Tarifbeschäftigten und Azubis sollen demzufolge rückwirkend vom 1. Januar 2023 an über zwei Jahre die volle steuerfreie Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro erhalten. Zudem soll es eine Erhöhung der Tarifentgelte und Ausbildungsvergütungen um insgesamt 340 Euro pro Monat in zwei Stufen ab Anfang 2024 geben – was einem Zuwachs von insgesamt 4420 Euro pro Jahr entspreche und einen deutlichen Einkommenssprung für alle, insbesondere die unteren Lohngruppen, bedeute; im Durchschnitt um 11,5 Prozent.

Das Einstiegsgehalt für einen Paketsortierer würde sich um 20,3 Prozent erhöhen – eine neu eingestellte Zustellerin bekäme rund 18 Prozent mehr im Monat. Beamtinnen und Beamte würden von einer Verlängerung der zum 31. Dezember 2022 ausgelaufenen Postzulage bis Ende 2024 profitieren.

Arbeitgeberseite warnt vor Arbeitsplatzverlusten

Trotz der rückläufigen Gewinnentwicklung im Brief- und Paketgeschäft und der schwierigen regulatorischen Rahmenbedingungen sei man bereit, erhebliche Gehaltssteigerungen und einen zusätzlichen Inflationsausgleich zu zahlen, unterstrich Personalvorstand Thomas Ogilvie. „Verdi hat eine historische Chance verspielt, die Zukunft der Deutschen Post in Deutschland zu sichern.“ Es „nach bislang konstruktiven Verhandlungen nicht nachvollziehbar, dass die Gewerkschaft die Zukunft des Brief- und Paketgeschäftes und damit auch viele Arbeitsplätze aufs Spiel setzt“. Nun sei Verdi „am Zug, diese Entwicklung noch zu stoppen“, so Ogilvie.

Alternativen zur Deutschen Post

Privatanbieter
 Wer einen wichtigen Brief verschicken will, sollte auf Privatanbieter wie BW Post oder Pinmail setzen. Auch Kurierdienste wie FedEx oder TNT liefern Briefe aus. Bei Paketen helfe es, auf Post-Konkurrenten wie Hermes, DPD, GLS oder UPS zu wechseln, schreibt das Magazin „Focus“. Absender können frei entscheiden, welchen Anbieter sie für die Briefzustellung wählen.

Wartezeit
 Weitere Streiktage bei der Post dürften infolge der Urabstimmung folgen. Wartet man auf ein Paket oder einen Brief, könnte sich das etwas hinziehen. Im Schnitt kommen Lieferungen mit einer Verzögerung von mindestens zwei Werktagen an.