So mancher Briefkasten wird auch in den kommenden Tagen leer bleiben Foto: dpa

Am Mittwoch kommender Woche startet die nächste Verhandlungsrunde im Tarifstreit bei der Post. Doch die Fronten sind verhärtet wie nie. Auch in den nächsten Tagen soll weiter gestreikt werden.

Bonn/Stuttgart - Baden-Württemberg ist am Freitag glimpflich davongekommen. Nur im Raum Ulm und Ravensburg haben Post-Beschäftigte am Freitag ihre Arbeit niedergelegt. Viele Sendungen sind in dieser Region liegen geblieben, auch wenn die Post die Ausfälle auszugleichen versucht. „Wir gehen davon aus, dass drei Viertel der Sendungen trotzdem zugestellt wurden“, sagte ein Post-Sprecher in Stuttgart unserer Zeitung. Betroffen vom Ausstand der etwa 7000 Brief- und Paketzusteller waren neben Baden-Württemberg auch Nordrhein-Westfalen, Bayern, Rheinland-Pfalz, das Saarland, Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg Vorpommern, Sachsen, Thüringen, Berlin und Brandenburg. „Auch an diesem Samstag und am Montag wird gestreikt“, kündigte Andreas Henze, Bereichsleiter für Postdienste bei Verdi in Baden-Württemberg, an. Wo genau die Schwerpunkte liegen, wird erst kurzfristig mitgeteilt. Nicht betroffen sind private Postdienste wie etwa die BW-Post.

Vor der nächsten Verhandlungsrunde am 20. und 21. Mai in Königswinter bei Bonn wird der Ton auf beiden Seiten immer gereizter. Die Gewerkschaft Verdi wirft der Arbeitgeberseite vor, die Belegschaft massiv unter Druck zu setzen, um Streiks zu unterbinden. Henze beklagt etwa, dass den Gewerkschaftern der Zugang zu den Briefzentren durch Sicherheits- oder Führungskräfte erschwert werde, wenn dort zu Streiks aufrufen werden sollte. In einem Brief an die Belegschaft, der unserer Zeitung vorliegt, macht der Stuttgarter Niederlassungsleiter Stimmung gegen Verdi. „Befreien Sie sich von einer Gängelei und Bevormundung, wofür Sie auch noch einen monatlichen Beitrag bezahlen müssen“, heißt es darin. „Es ist Zeit für Veränderung.“

Zudem würden Post-Beamte aus der Verwaltung in die Briefzentren geschickt, um dort Streikende zu ersetzen und eine Zustellung zu ermöglichen, obwohl dies rechtlich nicht zulässig sei. In allen Organisationseinheiten der Post, so Henze, seien Fernseher installiert worden, auf denen das Unternehmen die Mitarbeiter mit Botschaften zu beeinflussen versuche. Bereits zuvor waren Vorwürfe laut geworden, nach denen Führungskräfte meist befristet Beschäftigte in Einzelgesprächen eingeschüchtert hätten. Post-Chef Frank Appel erklärte, der Vorwurf der gezielten Einschüchterung sei rufschädigend, er weise ihn entschieden zurück. Betriebsräte erhielten alle erforderliche Unterstützung. Im Konzern seien etwa 50 Prozent mehr Betriebsräte für ihre Arbeit freigestellt, als das Gesetz es verlange.

Die Gewerkschaft wehrt sich vor allem gegen den Aufbau von 49 Regionalgesellschaften. Mit diesen soll ein flächendeckendes Zustellnetz für Pakete entstehen. Die Mitarbeiter dort werden nicht nach dem Haustarif der Post bezahlt, sondern nach dem Tarif der Speditions- und Logistikbranche. Für Stuttgart, wo eine solche DHL Delivery GmbH bereits Anfang des Jahres gegründet wurde, bedeutet dies einen Stundenlohn von 17,74 Euro. Luft nach oben ist aber nicht mehr viel. Bei der Post selbst ist das Einstiegsgehalt niedriger, steigt aber mit Dauer der Betriebszugehörigkeit an. Im März hatte die Stuttgarter Regionalgesellschaft bereits 130 Mitarbeiter. Die Post begründet diesen Schritt mit dem Druck der großen Online-Händler. Das Paketgeschäft werde zwar in den nächsten Jahren deutlich wachsen. Aber nur, wenn die Preise konkurrenzfähig seien. „Außerdem müssen wir viel Geld in die Modernisierung unserer Paketzentren stecken“, so der Post-Sprecher.

Die Gewerkschaft verweist jedoch darauf, dass die Post trotz Haustarifs und vermeintlich höherer Löhne ihren Marktanteil bei der Paketzustellung in den vergangenen Jahren in Deutschland von 39 auf zuletzt 41 Prozent erhöht habe. Danach folgten die Konkurrenten DPD (18,8 Prozent) UPS (17,5), Hermes (12,5) und GLS (8,7). „Wer in der Champions-League spielt, kann nicht zahlen wie in der Regionalliga“, so Henze. Verdi sieht im Vorgehen der Post einen Vertragsbruch und fordert für 140 000 Beschäftigte als Ausgleich eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeiten von 38,5 auf 36 Stunden mit vollem Lohnausgleich. Ein erstes Angebot der Post wurde als „Mogelpackung“ abgelehnt. Verdi-Mann Henze gibt sich kämpferisch: „Trotz aller Widrigkeiten nimmt die Streikbereitschaft zu.“