Sie haben Post: Uns haben im Jahr 2017 viele unerwartete Anfragen erreicht. Foto: dpa

Tausende von E-Mails haben uns im Jahr 2017 für die Filderebene erreicht. Darunter auch ein paar Nachrichten, mit denen wir so nicht rechnen konnten. Weil wir keine Saftpresse haben und auch keine hochzeitstauglichen Räume...

Filder - Leider haben wir keine Saftpresse. Ansonsten hätten wir Herrn oder Frau Trissler gern geholfen. Er oder sie habe zwei Körbe dunkler Weintrauben und „würde sie gern entsaften lassen und abkaufen oder eine Saftpresse kaufen“, so heißt es in einer E-Mail an uns.

Es sind Nachrichten wie diese, die uns in der Redaktion ein Grinsen ins Gesicht zaubern. Sie zwinkern uns aus dem täglichen Wust an E-Mails im Postfach für die Filder-ebene regelrecht zu.

Wir könnten solche Post nun einfach als Irrläufer in den Papierkorb verschieben. Machen wir aber nicht. Weil wir sie anders lesen. Diese Leute trauen uns eine ganze Menge zu. Zweifelsohne müssen gerade Lokaljournalisten Generalisten sein. Wir begegnen Bauern, Malern, Lebenskünstlern, 100-Jährigen, Kindern, Bauarbeitern oder Hausmeistern. Wir schnuppern für unsere Leser in die Leben der anderen. Um darüber zu schreiben. Vielleicht erreichte uns gerade deshalb im zurückliegenden Jahr ein Stapel mit Anfragen von Menschen, die uns für Multitalente halten mit einem Sack voller Möglichkeiten. Das schmeichelt uns, danke.

Habt ihr ein Zimmer frei?

Die meisten erhoffen sich eine Bleibe. Sei es Gerhard D., der ein Bauschild an der Stegmannstraße/Thingstraße gesehen und uns daraufhin geschrieben hat: „Sind von den 16 frei zur Verfügung stehenden Wohnungen noch welche frei?“ Oder Ingeborg K., die für eine Yaping Z. eine Wohnung sucht. Diese sei Doktorandin, gerade in China, aber grundsätzlich noch drei Jahre da. Es sei sehr wichtig, dass Yaping Z. ortsnah unterkomme. Rosy A. wiederum interessiert sich für ein Tiny-House. Dabei könnte es sich unserer Recherche nach um ein kleines Haus handeln, das für das einfache Leben und Selbstgenügsamkeit steht. Ob das nun stimmt oder nicht: Haben wir nicht.

Die Hochzeit sei in Filderstadt

Am besten gefallen hat uns die Anfrage von Maria-Gracia G. aus einer von Stuttgart gut 250 Kilometer entfernten Stadt. Sie würde sich im September 2017 gern frei trauen lassen. „Ist dieser Termin bei Euch noch frei?“ Die Hochzeitsfeier sei in Filderstadt. „Wir interessieren uns für Ihre Räumlichkeiten und würden uns freuen, wenn Sie uns weitere Auskunft geben könnten.“ Einen freien Redner würden sie mitbringen. Blöde aber auch, den hätten wir – anders als hochzeitstaugliche Räume – sogar gehabt. Markus K. hat uns nämlich geschrieben. Er sei freier Redner und wolle uns über seine Dienste informieren. Falls wir das nicht suchten, würde er auch singen oder Instrumentalisten vermitteln. Wir bräuchten eher jemanden, der sich mit Mauerseglern auskennt. Denn Reinhard K. aus Husum hat am 22. Juni bei einem Besuch in Stuttgart in großer Anzahl Mauersegler in einer Höhe von 300 bis 400 Metern gesehen. „Ist das aus eurer Sicht möglich?“, fragt er. Wir schauen aus dem Fenster des Pressehauses – und sehen keine Mauersegler. Und auch keine Bienenkästen. Dabei wollte ein Kindergarten aus Schönberg doch deshalb gern zu uns auf Besuch kommen. Apropos Kindergarten. Vanetina H. würde ihr Kind gern in einen Kindergarten in Vaihingen schicken. „Gerne würde ich erfahren, wer die Kita administrativ und organisatorisch betreuen wird, denn wir würden gerne unsere Kinder dort anmelden.“

Zeitunglesen hilft

Für Kinder haben wir nach Auffassung unserer Leser offenbar eh viel in petto. Claudia S. sucht einen Verein, in dem ihr Sohn Tennis spielen kann. Und Rita P. ist bezüglich des künftigen Hobbys der Tochter noch unentschlossen und braucht grundsätzliche Orientierung. „Ich suche Aktivitäten für meine Tochter (14), können Sie mir Tipps geben und weiterhelfen?“ Die Antwort fällt uns leicht: Zeitung lesen.

Spannend fanden wir aber die Zuschrift von Simon F., der nach eigener Auskunft bei einem Start-up in Stuttgart arbeitet; dieses entwickele ein Messgerät zur Erschütterungsüberwachung. „Wir hätten sehr großes Interesse an Testmessungen in Degerloch“, heißt es. „Könnten Sie uns vielleicht mitteilen, wo gerade konkret gesprengt wird? Straße und Hausnummer würde uns schon sehr helfen.“

Handys können wir leider nicht reparieren

Mehr oder weniger gesprengt hat Werner S. sein Smartphonedisplay. Es sei ihm auf den Steinboden gefallen. „Kann das repariert oder ersetzt werden? Ich hoffe, ich belästige Sie nicht, habe Ihre Adresse in einem Artikel gefunden.“ Handys können wir nicht reparieren, Studentenzimmer haben wir auch keine, Nordic-Walking-Kurse bieten andere an. Was wir aber können, ist Recherche. Und genau das haben wir auf die E-Mail von Denis F. hin getan.

Er hat uns gefragt, ob wir eine Familie Harm aus Degerloch kennen. Sie sei verwandt mit der Familie seiner Großmutter. Um mehr darüber herauszufinden, haben wir den Briefwechsel mit ihm mit unserem Schulfranzösisch übersetzt und alle Harms in Degerloch angerufen, die wir im Telefonbuch gefunden haben. Mit dem Ergebnis, dass wir nichts für Denis F. tun konnten. Vielleicht kaufen wir uns morgen eine Saftpresse.