Am Haken: wer bezahlt am Schluss die Bergung des gesunkenen Segelboots? Foto: Privat

Ein beschlagnahmtes Segelboot sinkt im Neckar – und bringt nun das Land vor Gericht. Die Frage: Wer steht für die teure Bergung gerade? Eine bekannte Veranstaltungslocation wehrt sich.

Es ist ein ruhiger Tag im November 2021 als das gut neun Meter lange Segelboot in aller Stille im Neckar versinkt. Es kommt niemand zu Schaden. Zumindest niemand an Bord des Schiffes. Das liegt auch daran, dass niemand das Wassergefährt betreten darf. Denn das Schiff ist zu diesem Zeitpunkt von einer Gerichtsvollzieherin beschlagnahmt.

 

Gerichtsvollzieherin beschlagnahmt das Boot

Doch der Reihe nach. Die Geschichte beginnt auf dem Gelände einer Wassersportvereinigung am Neckar in Hofen. Dort hatte der ursprüngliche Eigner des Bootes einen Liegeplatz gemietet. Als er mit der dafür zu entrichtenden Gebühr in den Rückstand gerät, gehen die Dinge ihren Gang. Im Dezember 2020 liegt ein Vollstreckungsbescheid vor. Eine Gerichtsvollzieherin beschlagnahmt das Boot, der bisherige Eigentümer ist es los.

Boot zu Fridas Pier geschleppt

Ein halbes Jahr später muss jedoch die Steganlage, an der das Boot immer noch vertäut ist, erneuert werden. Alle Eigner suchen sich vorübergehend eine andere Anlegestelle, so auch die Gerichtsvollzieherin. Dabei kommt das Areal der Eventlocation Fridas Pier in den Blick. Unweit des Gaskessels liegt das ehemalige Binnenschiff Wilhelm Knipscheer und wird als Veranstaltungsort genutzt. Trotz der stattlichen Länge von gut 80 Meter bleibt neben dem Schiff noch genug Platz, um das beschlagnahmte Segelboot festzumachen. Dort wird es „angekettet, verplombt, Zutritt verboten“, wie in eine von Fridas Pier zusammengestellten Historie der Vorgänge zu lesen steht.

Dann kommt der 18. November 2021 und das Ende des Segelschiffs. Sang- und klanglos versinkt es in den Wassern des Neckars.

Das bleibt nicht lange unentdeckt. Erst rückt die Wasserschutzpolizei und in deren Gefolge schließlich das Technische Hilfswerk und die Feuerwehr an. Die Retter bergen in einer aufwendigen Aktion das Boot und legen es auf die Flächen von Fridas Pier zwischen Neckar und B10 ab.

Hohe Kosten für die Bergung

Nach beendetem Einsatz rücken die Retter wieder ab und schicken wenige Tage später Fridas Pier eine Rechnung, in dem sie einen fünfstelligen Betrag für die geleisteten Dienste fordern. Die Veranstaltunsglocation begleicht die Rechnung in der Annahme, das Geld von der Gerichtsvollzieherin zurückzuerhalten. Ein Gespräch Mitte des Jahres belehrt sie eines Besseren. Wenn Fridas Pier noch den eigenen Aufwand zur Bereinigung des Vorgangs mitrechnet, sei man mittlerweile bei 20.000 Euro. „Eigentlich wollten wir die Gerichtsvollzieherin auf Ihre Bitte nur unterstützen. Dass wir später als Dank auf 20.000 Euro Kosten hängen bleiben sollen, hätten wir nie für möglich gehalten. Das fördert Hilfsbereitschaft im Ländle aus unserer Sicht nicht“, sagt Benjamin Kieninger, Geschäftsführer der Betreibergesellschaft von Fridas Pier.

Das im Neckar versunkene Boot hänkt am Haken. Foto: privat

Am 17. Juni 2025 hat man daher ein erstes Mal vor dem Landgericht Stuttgart (Az.: 7 O 300/24) getroffen. „In dem Verfahren nimmt die Klägerin das Land Baden-Württemberg als Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch“, sagt Katja Knickenberg, Vorsitzende Richterin am Landgericht und stellvertretende Sprecherin für Zivilsachen. Laut ihr stritten die Parteien unter anderem darüber, „ob und mit wem ein Verwahrungsvertrag über das Boot zustande gekommen ist und wer die Verantwortung dafür trug“.

Fall wird vor dem Landgericht verhandelt

Bei Fridas Pier sieht man sich nicht in der Verantwortung. Zudem verweisen sie auf ein Gutachten. Das hatte die Gerichtsvollzieherin einholen lassen, weil sie das Schiff verkaufen wollte. Laut Fridas Pier seien die Experten darin bereits im September 2021 und damit Wochen vor dem Untergang zum Schluss gekommen, dass im Innenraum des Segelbootes mittlerweile das Wasser 15 bis 20 Zentimeter hoch stehe.

Das und alles weitere will die Direktorin des Amtsgerichts Bad Cannstatt, Carolin Bourgun, in deren Bezirk die Gerichtsvollzieherin tätig ist, nicht bewerten. Sie könne keine Einzelheiten nennen, „da Ursachen und Umstände des Sinkens Gegenstand eines aktuell laufenden gerichtlichen Verfahrens sind“. Wenig überraschend ist man auf Klägerseite der festen Überzeugung, nichts falsch gemacht zu haben. „Das Boot wurde versiegelt und uns wurde das Betreten verboten. Als das Boot dann gesunken war, waren wir plötzlich schuld“, sagt Moritz Hüttemann, Mitarbeiter von Fridas Pier.

Laut der Landgerichtssprecherin ist ein Fortsetzungstermin im Januar 2026 bestimmt. „Die Parteien befinden sich allerdings in Vergleichsgesprächen, so dass noch unklar ist, ob es bei dem Termin bleibt“.