Die wichtigste Voraussetzung für eine gelungene Integration: Flüchtlinge müssen Deutsch lernen. Bild unten von links: Lamin Camara mit Ausbilder Frank Wallesch und Autohaus-Chef Jürgen Weller. Foto: Mathias Schmid, dpa/Franziska Kraufmann

Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu bringen, beschäftigt Institutionen und Ehrenamtliche – das Engagement im Kreis Ludwigsburg ist beeindruckend. Das bundesweite Einwanderungsgesetz bietet mehr Möglichkeiten.

Bietigheim-Bissingen - Lamin Camara hat es geschafft. Nach zwei Jahren hat der 27-jährige Gambier seine Ausbildung als Fachkraft für Lagerlogistik abgeschlossen. Das Autohaus Weller mit Standorten in Bietigheim-Bissingen und Ludwigsburg hat ihm einen unbefristeten Arbeitsvertrag gegeben, die Ausländerbehörde gab ihm eine Arbeitserlaubnis für die kommenden beiden Jahre. Es war kein einfacher Weg. Schon seit 2017 hat sich am Aufenthaltsstatus von Lamin Camara nichts geändert. Er ist kein anerkannter Flüchtling, wird aber, so heißt das im Amtsdeutsch, in Deutschland geduldet. Dass er nun länger hier bleiben darf, macht auch ein neues Gesetz möglich. Die Integration von Flüchtlingen ist zäh, aber das Beispiel zeigt: Es kann gelingen.

Das belegen auch die Zahlen des Ludwigsburger Landratsamts. Von allen Geflüchteten im Landkreis, die von den im Jahr 2018 neu geschaffenen Integrationsmanagern betreut werden, haben 19 Prozent eine Arbeitsstelle und sechs Prozent eine Ausbildung. Das Jobcenter des Landratsamts hat 2017 insgesamt 590 Personen mit Fluchthintergrund und 2018 dann nochmal 914 Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integriert.

Der Freundeskreis Asyl betreut rund 100 Menschen in Bietigheim

In Zukunft sollen die Zahlen steigen, und die Chancen stehen nicht schlecht – wegen des sogenannten Spurwechsels im Einwanderungsgesetz der Bundesregierung. Die Neuregelung legt fest, dass auch nicht anerkannte Flüchtlinge in Deutschland bleiben können – sofern sie bereits eine gewisse Zeit arbeiten.

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Dass Camara nun eine Bleibeperspektive hat, freut auch Manfred Graf vom Freundeskreis Asyl in Bietigheim-Bissingen. Der Pensionär kümmert sich um die Vermittlung von Flüchtlingen an Arbeitgeber. „Wir haben natürlich nicht alle Flüchtlinge auf dem Radar, die arbeiten wollen“, sagt er. Derzeit betreuet der Freundeskreis rund 100 Menschen in der Stadt, von denen rund 30 eine Arbeit haben und zehn in der Ausbildung stecken. Dabei handelt es sich ausnahmslos um Menschen, deren Aufenthalt gestattet (Asylverfahren nicht abgeschlossen) oder geduldet (Antrag abgelehnt) wird.

Der Arbeitsmarkt im Kreis ist leer gefegt, viele Unternehmen suchen Leute

Anerkannte Flüchtlinge können sich ganz regulär beim Jobcenter melden. Aber auch sie brauchen Hilfe – und vor allem Unternehmen, die bereit sind, sie zu beschäftigen oder auszubilden. In Sachsenheim liegt der Fokus aktuell auf der Vermittlung anerkannter Asylbewerber. Inwiefern sich das durch das Spurwechsel-Gesetz ändert, kann Sozialarbeiterin Judith Schulz noch nicht sagen. Die Stadt, die Ehrenamtlichen und die Sozialarbeiter des Kreisdiakonieverbands arbeiten Hand in Hand, zudem wird mit Geldern der evangelischen Kirchengemeinde eine Studentin beschäftigt. „30 Personen werden von uns arbeitsmarkttechnisch betreut“, sagt Schulz. Bei 350 Flüchtlingen in Sachsenheim sei das „nur ein kleiner Teil“. Wichtiges Bindeglied ist der Arbeitskreis Asyl (AK). „Der AK hat die Kontakte zu den lokalen Firmen“, erklärt Schulz, „ohne die Ehrenamtlichen geht es nicht.“

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So klappte jüngst auch die Vermittlung eines jungen Afghanen, der noch während seines Deutschkurses in ein Unternehmen schnuppern durfte. Kaum war er fertig, hatte er eine Festanstellung. Der Arbeitsmarkt im Kreis ist leer gefegt, viele Unternehmen suchen Leute. Aber oft gibt es seitens der Firmen Vorbehalte. „Wir können da nur Mut machen“, sagt Schulz. „Es gibt sicher Schwierigkeiten, aber am Ende hat man oft einen motivierten Mitarbeiter.“ Manfred Graf vom Freundeskreis Asyl sieht es ähnlich. Es gebe zwar eine Reihe von Unternehmen, die Flüchtlinge beschäftigen. „Es könnten aber mehr sein.“

Lamin Camara scheint in Deutschland angekommen

Die größte Hürde bei der Vermittlung ist die Sprache – das weiß nun auch Lamin Camara, der zunächst eine Ausbildung zum Mechatroniker begonnen hatte. „Da war die Sprachbarriere zu hoch“, erklärt Jürgen Weller, der Geschäftsführer des Autohauses, bei dem Camara nun arbeitet. Deshalb sattelte der Flüchtling um auf die Lagerlogistik. „Jetzt hat er seine Ausbildung wirklich ordentlich abgeschlossen“, sagt Weller. „Er ist ein wichtiger Mitarbeiter, hat schon ganze Aufgabenbereiche übernommen.“

Fünf Jahre ist es nun her, seit Lamin Camara seine Heimat in Afrika verlassen musste. Mit der deutschen Sprache klappt es immer besser, und es scheint, als sei er in Deutschland angekommen. Aber er musste viel zurücklassen in Gambia. Sein nächstes Ziel: „Ich will meine Tochter wieder sehen“, sagt er.