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Ex-VfB-Spieler Gerhard Poschner über Deutschlands Halbfinalgegner Spanien.

Stuttgart - Es ist die Neuauflage des EM-Finales von 2008 - Deutschland gegen Spanien am Mittwoch (20.30 Uhr/ARD und Sky). Ex-VfB-Profi Gerhard Poschner war zuletzt Generaldirektor bei Real Saragossa, lebt in Spanien und ist sich sicher: "Deutschland kommt klar weiter."

Hallo Herr Poschner, wo haben Sie am Samstag den deutschen Sieg gefeiert?

In einer kleinen argentinischen Bar auf Mallorca - meine Frau ist Argentinierin. Und ich war der einzige Deutsche.

Und jetzt hängt der Haussegen schief?

Nein, nein. Der Sieg bleibt ja in der Familie.

Waren Sie überrascht vom starken Auftritt der deutschen Elf?

Argentinien war für mich ein Favorit, sie haben starke Spiele gemacht. Dass es so deutlich wird, damit konnte keiner rechnen. Aber dass die Chancen gut sind, war klar - weil Deutschland eine sensationelle WM spielt.

"Die Spanier haben sich schwergetan"

  Deutschlands Halbfinalgegner Spanien hat in seinem Viertelfinale gegen Paraguay dagegen nicht besonders überzeugt.

Die Spanier haben sich schwergetan. Am Ende hatten sie das Glück, das man manchmal braucht. Spanien spielt unter seinen Möglichkeiten, das ist gut für die Deutschen. Was mir Sorgen macht, ist, dass sie auch Spiele gewinnen, in denen sie schlecht spielen. Das war früher nicht so. Von der aktuellen Form her kann Deutschland aber mit breiter Brust in die Partie gehen. Spanien ist eine Topmannschaft - vielleicht qualitativ die beste - aber die Theorie ist nicht entscheidend. Deutschland spielt bei dieser WM einfach den besten Fußball.

Die DFB-Elf geht nun als Favorit ins Halbfinale - macht es das schwieriger?

Die Mannschaft hat bewiesen, dass sie mit ganz verschiedenen Situationen umgehen kann. Am Anfang war sie unbelastet, dann haben sie die Drucksituation nach der Niederlage gegen Serbien toll weggesteckt. Das Team hat schon fast alle Facetten, die es im Fußball gibt, durchgespielt. Ich glaube, die Spieler werden auch weiterhin diesen frischen und begeisternden Offensivfußball beibehalten und ihr Ding durchziehen.

Wo liegen die Schwächen der Spanier?

Wenn man überhaupt von Schwächen sprechen kann, würde ich sagen, sie sind offensiv besser als defensiv. Ein wichtiges Duell wird das zwischen Lukas Podolski und Sergio Ramos sein. Ramos ist ein offensivstarker Verteidiger, der aber die Abwehr ab und zu vernachlässigt. Ihn muss man auf unserer linken Seite abfangen - und dementsprechend die Schwachstelle auf der rechten spanischen Seite nutzen. Dort muss Podolski Akzente setzen.

Was ist mit Stürmerstar Fernando Torres los?

Torres ist nach seiner Knieverletzung noch nicht in der alten Verfassung. Ich denke nicht, dass er wieder von Anfang an spielen wird. Aber das ist für Spanien kein Nachteil. Sie haben so viele Variationsmöglichkeiten und können ihr System jederzeit umstellen. Dann rückt eben David Villa in die Mitte, und David Silva kommt über links, oder Fernando Llorente kommt für Torres. Spanien ist nicht von einzelnen Spielern abhängig. Und das macht sie stark.

"Deutschland kommt klar weiter"

  Auch nicht von Villa, der immerhin fünf von sechs Toren erzielt hat?

Wenn Villa nicht trifft, hat man viel gewonnen, das ist schon mal gut. Aber es gibt auch Spieler aus der zweiten Reihe, die Tore schießen können: Cesc Fabregas oder Andrés Iniesta. Sich zu sehr auf Villa zu konzentrieren kann in die Hose gehen.

Wie schlägt man Spanien?

Man muss ihnen ihre größte Stärke nehmen: den Ballbesitz. Die Spanier fühlen sich sehr wohl, wenn sie den Ball haben und unwohl wenn nicht. Die haben meistens 60, 70 Prozent Ballbesitz. Wenn man das unterbinden kann und den Ball in den eigenen Reihen hält, dann werden sie sich ziemlich ärgern.

Wagen Sie einen Tipp?

Deutschland kommt klar weiter.

Und das Spiel schauen Sie wieder in Spanien?

Natürlich, und wenn Deutschland gewinnt, dann wird das ziemlich witzig - für mich.