Große Pläne: Laura-Sophie Warachewicz Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Laura-Sophie Warachewicz ist Schauspielstudentin und hat im Wilhelma Theater in „Das Leben auf der Praça Roosevelt“ eine bravouröse Vorstellung gegeben. Mehr lernen, viel spielen – das sind ihre Ziele für die Zukunft.

Stuttgart - Laura-Sophie Warachewicz teilt gerne Geschenke aus. An sich selbst und an das Publikum. Als Geschenk versteht die Schauspielerschülerin den Moment des Losgelöstseins von allem Eingeübten und Geprobten, die Präsentation einer Rolle, die sich verselbstständigt und in die sie alles legt, was in diesem Moment in ihr steckt: „Wenn es mir gelingt, so zu spielen, dass ich mich dabei nicht beobachte, sondern überrasche und diese Freiheit auskosten kann – dann ist das ein Geschenk, eine einzigartige Erfahrung, die ich mit nichts anderem in meinem Leben vergleichen kann.“ Ein kleiner Rest dieser Euphorie ist Laura-Sophie Warachewicz noch anzumerken, als sie einige Tage nach der Premiere von „Das Leben auf der Praça Roosevelt“ bei einem Milchkaffee darüber spricht, was ihr die Schauspielerei bedeutet. Im Wilhelma Theater ist die Studentin der Stuttgarter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst als Mutter eines vermissten Sohnes über die Bühne gerollt, halb wahnsinnig, halb liebestoll, eine Frau im Ausnahmezustand.

Die 23-jährige Darstellerin macht mit ihrem großen, hellen Augen und der blonden Mähne optisch viel her. Hinter dem guten Aussehen steckt eine große Ernsthaftigkeit: Laura-Sophie Warachewicz muss ihre Worte oft erst suchen, aber dann treffen sie passgenau. Dass sie Schauspielerin werden möchte, stand für die bei Krefeld aufgewachsene Bühnenkünstlerin schon früh fest. „Es gab da keinen Schlüsselmoment, aber irgendwann war es einfach selbstverständlich, dass ich das machen werde.“ In der Schule hat sie mit dem Theaterspielen angefangen, in der Düsseldorfer Jugendschauspielschule Unterricht genommen und sich nach dem Abitur dennoch lange Zeit gelassen, bis sie mit der Ochsentour der Bewerbungen begonnen hat. „Mir war klar, dass ich mit 17 noch viel zu jung und zu naiv dafür gewesen wäre.“

Die Schauspielerin wurde in Stuttgart unter 500 Bewerbern ausgesucht

Sie ist nach Köln gezogen, hat Praktika beim Fernsehen gemacht, ist gereist, hat gekellnert und das Junge Theater in Leverkusen gefunden, bei dem sie spielen konnte. „Für Kinder- und Jugendspielclubs war ich zu alt, eine Profibühne kam noch nicht in Frage. Ich bin froh, dass ich mich in Leverkusen entwickeln konnte.“

Zwölf Vorsprechen an Schauspielschulen in ganz Deutschland hat es gebraucht, bis Laura-Sophie Warachewicz in Stuttgart unter 500 Bewerberinnen und Bewerbern ausgewählt wurde. Acht Plätze hat die Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst im Jahr zu vergeben, mehr nicht. Jetzt ist die junge Frau im letzten Jahr der Ausbildung angekommen, ein Film-Workshop steht derzeit an. Die Schauspielschule mit ihrem vielfältigen Unterricht schätzt sie sehr und ist doch froh, wenn sie dem engen Kosmos aus Bühne, Kommilitonen, Proben und Unterricht ab und zu entkommen kann. „Man arbeitet schon sehr eng miteinander, hat extrem viel Körperkontakt, schlingt sich viel am Boden umeinander herum und hat wenig Fluchtmöglichkeiten“, erzählt sie mit einem feinen Lächeln. Dauernd in der Auseinandersetzung mit dem eigenen Selbst zu sein, was eine Schauspielausbildung immer auch bedeutet, sei anstrengend. „Ich hatte mich manchmal so satt. Und habe gehofft, dass es bald mal wieder um etwas anderes geht als um mich.“

Für Laura-Sophie Warachewicz waren und sind es die Familie, die Freunde aus ihrer Kölner Zeit und aus Schultagen, die sie im Leben jenseits der Bühne erden. Sie hat viel gelernt in den vergangenen drei Jahren. Nur bei der Frage, wie sie sich besser davor schützen könnte, nicht völlig vom Theater aufgesaugt zu werden, gibt es bei ihr Luft nach oben. „Mir ist immer noch ein Rätsel, wie ich es schaffen soll, in einer Probe nicht hundert Prozent, sondern nur sechzig zu geben“, sagt sie über ihre Arbeitsweise. Mit halber Kraft voraus: Das ist ihre Sache nicht, auch wenn sie immer wieder merkt, dass ihr Energiehaushalt Grenzen hat. Manchmal reicht ein Spaziergang um die Bärenseen, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen.

Der große Zukunftstraum: Ensemblemitglied an einem Theater werden

Vor der Zeit nach dem Ende des Studiums ist es Laura-Sophie Warachewicz nicht bange, auch wenn die Schauspielerei ein prekäres Gewerbe ist: „Zukunftsängste kenne ich nicht. Es kommt, wie es kommt.“ Es wäre für sie großartig, an einem Theater festes Ensemblemitglied zu werden – „ich möchte noch so viel lernen, auch von den älteren Kollegen.“ Aber wenn sie es nicht schaffen würde, im Beruf zu bestehen, dann würde für die Vollgas-Schauspielerin die Welt nicht untergehen. Im Studium hat sie das Mikrofon-Sprechen für sich entdeckt und empfindet es „als sehr schöne Aufgabe, eine Geschichte durch das Einlesen anreichern zu können, einem Text etwas von sich selbst hinzuzufügen“. Was gut zu ihr passt, der bekennenden Hörbuch-Liebhaberin, die sich Romane lieber vorlesen lässt als sie in die Hand zu nehmen. „Ich bin als Kind nie ohne Kassette eingeschlafen“, erinnert sie sich.

Doch den magischen Moment, auf der Bühne loszulassen und die Zuschauer mit auf diese Reise zu nehmen, den gibt es nur im Theater. „Zweimal ist mir das gelungen. Einmal beim Abschluss einer Semesterarbeit und bei der Premiere von ‚Leben auf der Praça Roosevelt‘ im Wilhelma Theater.“ Wer Laura-Sophie Warachewicz dort gesehen hat, wünscht ihr noch viele solcher Momente.

Termine: 17. und 30. November, 1., 6., 7. Dezember