Das Kraftfahrt-Bundesamt steht erneut unter Beschuss im Abgasskandal. Es soll Berichte über die Abgasreinigung von Diesel-Fahrzeugen bei Porsche geschönt haben.
Flensburg - Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Flensburg hat laut einem Bericht der „Bild“-Zeitung auf Betreiben der Autoindustrie Untersuchungsberichte zum Abgas-Skandal geschönt. Das geht aus der Korrespondenz zwischen KBA und Herstellern hervor, die der „Bild“ in Auszügen vorliegt. Danach habe die Unterbehörde des Bundesverkehrsministeriums bereits vor mehr als einem Jahr festgestellt, dass Porsche mit Abschalteinrichtungen für seine Diesel-Motoren arbeitet. Das frühzeitige Herunterfahren der Abgasreinigungsraten beim Porsche Macan sei „nach Vorschrift als Abschalteinrichtung zu sehen“, heißt es in der Ursprungsversion des Prüfberichts. Nach Intervention des Herstellers sei das geändert worden. Im Endbericht stehe: „Dies kann nach Vorschrift als eine Veränderung des Emissionsverhaltens des Abgassystems gesehen werden.“
Der Minister bringe Porsche als Bauernopfer, sagt der Grüne Krischer
Der Grünen-Vizefraktionschef Oliver Krischer wertete die Korrespondenz als klares Anzeichen dafür, dass Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) schon im Frühjahr 2016 gewusst hat, dass Porsche eine illegale Abschaltvorrichtung bei seinen Autos einsetzt. „Damals wurde vertuscht. Jetzt spielt Minister Dobrindt Porsche als Bauernopfer aus, damit er nicht mit dem Abgas-Kartell in Verbindung gebracht wird“, sagte Krischer. Dass das Kraftfahrt-Bundesamt für seinen Beitrag zum „Bericht der Untersuchungskommission Volkswagen“ mit den Herstellern „Gespräch geführt und technische Fragen erörtert“ habe, bestreite das Verkehrsministerium dem „Bild“-Bericht zufolge nicht. Ein solches Prozedere sei aber „international üblich und notwendig“, erklärte das Ministerium.
Ein „Bettvorleger“ der Autoindustrie nennen Kritiker das Amt
Oliver Krischer, der Grünen-Obmann im Abgas-Untersuchungsausschuss, hatte kürzlich in einem Interview mit dem „Flensburger Tageblatt“ heftige Kritik am KBA geäußert und die Ablösung des Behördenleiters verlangt. Natürlich nehme das KBA auf Betreiben des Ministeriums Überprüfungen vor, aber „was ich da in den Unterlagen gesehen habe, macht mich sprachlos“, sagte Krischer. „Ganze Textpassagen sind von den Firmen formuliert worden, die eins zu eins Eingang in den Bericht gefunden haben.“ Das sei alles anderes als „industriekritisch“, der Behördenleiter Ekhard Zinke habe eine Mail mal mit „industriefreundlichen Grüßen“ unterzeichnet, so Krischer. Der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten war vom KBA in der vergangenen Woche auf Nachfrage ein Hintergrundgespräch über das Profil der Behörde sowie im besonderen über seinen Prüfauftrag versagt worden. Auch ein Gespräch mit Zinke wurde verweigert, auf schriftliche Fragen nach der Überprüfung von zwei Dieselmotoren von Daimler erfolgte keine Antwort durch die Pressestelle.
Die 1951 gegründte Bundesoberbehörde ist vor allem für die Verkehrssünderdatei und als Führerscheinstelle bekannt, sie erteilt aber auch Typgenehmigungen und die Allgemeine Betriebserlaubnis für Fahrzeuge und ist auch für die Rückrufe von Autos zuständig. Seit dem Beginn des VW-Abgasskandals steht das KBA unter Beschuss von allen Seiten. Minister Dobrindt hat sich fragen lassen müssen, warum die amerikanische Umweltbehörde EPA und nicht das KBA den Skandal aufdeckte. Die Deutsche Umwelthilfe kritisierte das KBA als „Bettvorleger der Autoindustrie“, der Auto-Experte und Wissenschaftler Ferdinand Dudenhöffer bezeichnete das KBA kürzlich als „Amateurbehörde“. Eine eigene Prüfstrecke für das KBA ist auf dem ehemaligen Nato-Flugplatz Leck im Aufbau. Von den 900 Mitarbeitern sind 160 in der Abteilung Autotechnik beschäftigt, davon allerdings waren bisher nur 19 Prüfer (Stand 2016). Die Zahl der Prüfer soll in diesem Jahr auf 29 aufgestockt werden.
Unsere Grafik zeigt, wie ein Dieselmotor funktioniert. Zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken: