Maria Scharapowa erwartet wohl ein eisiger Empfang auf der WTA-Tour. Foto: Baumann

Maria Scharapowa schlägt beim Porsche Grand Prix in Stuttgart Ende April auf. Die Russin erhält unmittelbar nach Ablauf ihrer Dopingsperre eine Wildcard vom Turnierveranstalter. Das sorgt für Wirbel.

Stuttgart - Es zieht noch mehr als ein Monat ins Land, ehe die große blonde Diva des Tennissports am 26. April mit ihrem ersten Aufschlag auf dem Sandcourt der Stuttgarter Porsche-Arena ihre Rückkehr auf die Tennistour einleiten wird. Doch schon jetzt hat sich der Pulsschlag bei einigen ihrer Konkurrentinnen deutlich erhöht. Groß ist die Aufregung etwa bei der Dänin Caroline Wozniacki, die am Comeback der Maria Scharapowa nach Ablauf ihrer 15-monatigen Dopingsperre keine allzu große Freude empfindet.

„Es ist respektlos“, erklärte Woszniacki, eine ehemalige Nummer eins des weißen Sports, die auf Weltranglistenplatz 14 abgerutscht ist, der BBC: „Jeder verdient eine zweite Chance – auch Maria. Doch nach einer Dopingsperre sollte eine Spielerin unten anfangen und sich wieder sportlich zurück nach oben kämpfen müssen.“

Dopingpause wegen des verbotenen Präparates Meldonium

Sich hinten einreihen, das muss Maria Scharapowa beim Neustart ihrer Karriere tatsächlich nicht. Denn die Veranstalter des Stuttgarter Porsche Tennis Grand Prix haben ihr eine von zwei Wildcards für das Hauptfeld ihres Events zugesprochen.

„Maria ist eine der populärsten Spielerinnen der Welt. Sie hat auch mit dazu beigetragen, das Turnier noch populärer zu machen“, erklärt der Turnierdirektor Markus Günthardt: „Sie hat einen Fehler gemacht, diesen eingestanden und ihre Strafe erhalten. Eine Wildcard halten wir durch ihre Erfolge für gerechtfertigt.“ Immerhin ist das Verhältnis zwischen dem Hauptsponsor des Turniers und der Russin mit Hauptwohnsitz in Kalifornien von jeher ein besonderes. Seit Jahren ist Maria Scharapowa, die Triple-Siegerin der Jahre 2012, 2013 und 2014, eine weltweite Markenbotschafterin der Autobauer aus Zuffenhausen. Lange war diese Liaison eine fast einzigartige Erfolgsgeschichte, ehe Scharapowa am 26. Januar 2016 bei den Australian Open der Einnahme des verbotenen Präparates Meldonium überführt wurde.

Porsche hält an Scharapowa fest

Meldonium, das im Kreise von Spitzensportlern als „russisches Aspirin“ traurige Berühmtheit erlangt hat, fördert die Durchblutung und verbessert die Sauerstoffversorgung. Während der Sperre für Scharapowa fuhr Porsche seine Werbeaktionen mit Scharapowa deutlich zurück, gönnte seiner Tennis-Queen lediglich vereinzelte Auftritte wie den auf der Los Angeles Motorshow an der Seite des Hollywoodstars Patrick Dempsey; komplett fallen ließ man die fünfmalige Grand-Slam-Siegerin aber nie.

„Es wurden keine Verträge gekündigt. Wir waren und sind mit ihr in engem Kontakt und haben unsere gemeinsamen Aktivitäten nur ruhen lassen, bis ein abschließendes Urteil vorlag“, sagt Viktoria Wohlrapp, die Leiterin Sportkommunikation des Sponsors. Porsche und Maria Scharapowa – für viele auf der zig Millionen US-Dollar schweren WTA-Tour der Frauen ist diese langjährige Beziehung nun allerdings um eine pikante Note erweitert worden. Selbst Angelique Kerber, die ebenfalls Markenbotschafterin der Stuttgarter Sportwagenschmiede ist, findet die nahtlose Rückkehr von Scharapowa auf die Weltbühne des Tennis „ein wenig seltsam“.

Titelverteidigerin Kerber will Wildcard für deutsche Spielerinnen

Dabei steckt der Stein des Anstoßes in einem ungewöhnlichen Detail: Zunächst hatte der Internationale Sportgerichtshof Cas die Sperre der Russin, die dank der einträglichen Vermarktung durch ihren Manager Max Eisenbud die bestbezahlte Sportlerin der Welt war, von ursprünglich zwei Jahren auf 15 Monate reduziert. Denn man befand, dass der Tennisweltverband den veränderten Status von Meldonium nicht klar genug kommuniziert habe. Immerhin stand der Wirkstoff noch keine vier Wochen auf der Dopingliste, als Scharapowa ertappt wurde.

Keine Sonderregel für Scharapowa

Nun also ist die 29-Jährige vom 26. April an wieder spielberechtigt. Dies ist ein Mittwoch und damit genau jener Tag, an dem beim Stuttgarter Tennis Grand Prix letztmals Spiele der ersten Runde ausgetragen werden. „Ich finde es fragwürdig, einer Spielerin einen Turnierstart zu ermöglichen in einer Woche, in der sie noch gesperrt ist“, findet Caroline Wozniacki, wobei der Veranstalter dagegen hält: „Der Spielplan wird von der WTA und dem Turnier erstellt. Im Einklang mit dem WTA-Regelwerk darf Maria Scharapowa in der Woche auf der Profitour spielen, in der sie wieder spielberechtigt ist, sofern die erst Runde des Turniers auf den Tag ihrer Spielberechtigung fällt“, erklärt Viktoria Wohlrapp. „Es wurde also keine Sonderregel ins Leben gerufen.“

Auch Kerber sieht Freifahrtsschein kritisch

Und so kommt es in Stuttgart zu dem außergewöhnlichen Szenario, dass Scharapowa mittwochs in Runde eins in der Porsche-Arena aufschlägt, in einer Halle also, die sie als wegen Doping gesperrte Athletin tags noch am Dienstag nicht betreten darf.

Dies ist aber nur eine weitere Volte im Fall der äußerst kritisch beäugten Rückkehr der Maria Scharapowa. „Entschuldigt bitte…?“, so hatte etwa die erregte Französin Alize Cornet (Nummer 46 der Welt) auf einen Twitter-Eintrag der WTA reagiert. „Das Tennis braucht Maria“, so hatte der Dachverband zuvor das Comeback des gefallenen Superstars angekündigt. Für viele Spielerinnen war dies zu viel des Roten Teppichs. Auch Titelverteidigerin Kerber sieht den Freifahrtsschein für Scharapowa kritisch: „Wir haben so viele deutsche Spielerinnen, die gerade bei einem Heimturnier eine Wildcard bräuchten.“