Oberbürgermeister Fritz Kuhn (vorne) und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (hinten rechts) sowie Vertreter von neun großen Unternehmen aus Stuttgart und der Region unterzeichneten die Erklärung. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Zuschüsse zu Fahrkarten, mehr E-Autos und Ladestationen: Die Firmen in Stuttgart und dem Umland wollen mehr für die Luftreinhaltung tun.

Stuttgart - Land und Stadt verpflichten die Industrie, künftig aktiv für die Luftreinhaltung in Stuttgart und der Region ihren Teil beizutragen, um das Fahrverbot für Euro-5-Diesel zu verhindern. Dazu unterzeichneten Vertreter von neun großen Unternehmen am Mittwoch in der Integrierten Verkehrsleitzentrale der Stadt ein „Bündnis für Luftreinhaltung“. Unterzeichner waren neben Stuttgarts OB Fritz Kuhn und Ministerpräsident Winfried Kretschmann der Vorstandsvorsitzende der Porsche AG Oliver Blume, Bosch-Chef Volkmar Denner, das Vorstandsmitglied der Audi AG Wendelin Göbel, Frank Heberger, Generalbevollmächtigter der EnBW, der Geschäftsführer des Stuttgarter Marienhospitals Markus Mord, Siegmar Nesch, Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, der Vorstandsvorsitzende der Landesbank Baden-Württemberg Rainer Neske, Markus Schäfer, Leiter Mercedes-Benz Cars Produktion, sowie Jörg Stratmann, Vorsitzender der Geschäftsführung des Mahle-Konzerns.

1700 neue Ladesäulen

In der Erklärung garantieren die Unternehmen, „weitere Beiträge zur kurzfristigen Senkung der Luftbelastung“ zu leisten. Wie Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) erklärte, sei der Dialog mit den Firmen bereits vor rund einem Jahr angestoßen worden. „Das Bündnis für Luftreinhaltung ist darauf angelegt, dass in Zukunft noch weitere Unternehmen hinzustoßen“, so Hermann. Ministerpräsident Kretschmann betonte, dass zusätzliche Maßnahmen vonseiten der großen Arbeitgeber nötig seien: „Damit die Luft sauberer wird, ist ein breites gesellschaftliches Bündnis von höchster Wichtigkeit.“

Zu den Maßnahmen, von denen viele in Teilen bereits bekannt sind oder schon umgesetzt werden, gehört der Ausbau der Elektromobilität und Ladeinfrastruktur – geplant sind 1700 Ladesäulen für 2019/2020 – oder die Erweiterung des betrieblichen Mobilitätsmanagements, wie zum Beispiel der Ausbau der Angebote für Unternehmensmitarbeiter zu Hause zu arbeiten oder Firmentickets zu nutzen.

Jobticket stärkster Hebel

„Alle diese Maßnahmen allein werden den Unterschied nicht machen“, sagte Kretschmann. Die Unterzeichner versprechen sich vielmehr erst von der Gesamtheit der vielen kleinen Maßnahmen einen entscheidenden Beitrag für die Verbesserung der Luft in Stuttgart und der Region. „Für mich“, sagte der Ministerpräsident, „besteht kein Zweifel, dass das Schadstoffproblem in der Stadt gelöst werden wird.“ Das Problem sei alleine die Geschwindigkeit, mit der das gelinge. Unter den vielen Maßnahmen der mitarbeiterstarken Unternehmen, am Luftreinhalteprogramm effektiv mitzuwirken, bezeichnete Kretschmann das Jobticket als stärksten Hebel. Hermann kündigte an, dass in den nächsten Monaten zwischen Stadt, Land und Unternehmen regelmäßige Treffen stattfinden werden, um die Umsetzung des Maßnahmenpakets zu überprüfen.

Bund: Zu wenig Beteiligte

Bei einem anschließenden Rundgang durch die Integrierte Verkehrsleitzentrale an der Mercedesstraße machte deren Leiter Ralf Thomas deutlich, dass die weitere Verflüssigung des Verkehrs für die Luftqualität in Stuttgart ein entscheidender Faktor ist. Aus technischer Perspektive sei es für die Zukunft wichtig, Kooperationen mit Navigations-Diensten einzugehen. Ein Problem sei, dass die Navigationssysteme in den Fahrzeugen den Eingriffen der Verkehrsleitzentrale häufig entgegenliefen.

Für den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Baden-Württemberg ist „die unterzeichnete Erklärung ein wichtiger Schritt für saubere Luft in Stuttgart“. Die BUND-Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender kritisierte, dass nicht mehr Arbeitgeber im Bündnis mitwirkten. „Alle Arbeitgeber über die gesamte IHK und die Dienstleistungsunternehmen hinweg müssten folgen, damit die tägliche Autoverkehrslawine wirksam eingedämmt werden kann.“ Die Zeit dränge.