Präsident Petro Poroshenko will sein Amt verteidigen. Foto: AFP

Der Wahlkampf um die Präsidentschaft in der Ukraine war turbulent. Auch die Stimmabgabe der Kandidaten verläuft für die westlich orientierte Ex-Sowjetrepublik nicht ohne Reibereien. Wie kommt das bei den Wählern an?

Kiew - Die nach Westen strebende Ukraine hat in einer Stichwahl einen neuen Präsidenten bestimmt. Begleitet wurde die Abstimmung am Ostersonntag von einem weiteren Schlagabtausch der beiden Kandidaten. „Es ist sehr wichtig, dass bei der Wahl der Verstand Oberhand behält“, sagte Amtsinhaber Petro Poroschenko bei seiner Stimmabgabe in Kiew am Sonntag. In zuletzt veröffentlichten Umfragen lag der Präsident deutlich hinter dem Politneuling und Komiker Wolodymyr Selenskyj. Poroschenko sagte, die Abstimmung könne Spaß machen. „Aber danach sollte es nicht schmerzhaft werden“, mahnte der Amtsinhaber. „Ich verlasse mich auf die Weisheit des ukrainischen Volkes.“

Rund 30 Millionen Wähler sind in der krisengebeutelten Ex-Sowjetrepublik zur Stimmabgabe aufgerufen. Erste Prognosen werden kurz nach Schließung der Wahllokale ab 19.00 Uhr MESZ erwartet.

In Separatistengebieten wird nicht gewählt

Beide Kandidaten stehen für einen prowestlichen Kurs in Richtung EU und Nato. Sie hatten sich seit dem ersten Wahlgang vor drei Wochen einen hitzigen Wahlkampf geliefert. Dabei war es unter anderem zu Drogentests und einem turbulenten Rede-Duell im Kiewer Olympia-Stadion gekommen. Poroschenko hatte dem Polit-Neuling immer wieder dessen Unerfahrenheit und Populismus vorgeworfen. Selenskyj kritisierte hingegen, dass Poroschenko in fünf Jahren Amtszeit den Krieg im Osten des verarmten Landes nicht beendet zu haben und die Korruption zugenommen habe.

Poroschenko betonte, dass das Land riesige Fortschritte gemacht habe. „Wir haben eine gesicherte demokratische Tradition und gerade das macht die Ukraine als europäischen Staat aus.“

Selenskyj konterte im Wahllokal: „Heute habe ich für einen würdigen Menschen im Amt gestimmt.“ Er versprach, die Korruption im Falle eines Wahlsieges bekämpfen zu wollen.

Bis Mittag registrierte die Wahlkommission in Kiew eine leicht höhere Wahlbeteiligung als im ersten Durchgang. Rund 18 Prozent der Wähler gaben bereits am Vormittag ihre Stimme ab. In den Separatistengebieten Donezk und Luhansk im Osten wird nicht gewählt.

Wahlkampf artete in Schlammschlacht aus

Zehntausende Polizisten sicherten die rund 30.000 Wahllokale. Vor der Stimmabgabe von Selenskyj entblößte sich eine Aktivistin der ukrainischen Frauenrechtsgruppe Femen. Mit nacktem Oberkörper protestierte die hochschwangere Frau gegen den Favoriten und sagte: „Selenskyj ist eine Katze im Sack.“ Niemand wisse, in welche Richtung die Ukraine unter ihm steuere.

Der Wahlkampf zur Stichwahl war daraufhin in eine politische Schlammschlacht ausgeartet, den auch viele Wähler negativ bewerteten. „Ich bin froh, dass der Wahlkampf endlich beendet ist“, sagte der 37 Jahre alte Sergej in einem Kiewer Wahllokal. Das TV-Duell im Stadion sei jedoch ein Beweis für die Demokratie in dem Land gewesen, sagte der Mann der Deutschen Presse-Agentur. Gleichzeitig beklagte ein anderer Wähler die vielen Falschnachrichten und Schmutzkampagnen, die den Wahlkampf dominierten. „Das war die schlechteste Wahl, die wir je in der Ukraine hatten“, sagte Wladislaw, nachdem er abgestimmt hatte.

EU und Russland verfolgen Wahl mit Interesse

Der blutige Konflikt im Osten der Ukraine war eines der wichtigsten Themen. Poroschenko war vor fünf Jahren mit dem Versprechen gewählt worden, den Konflikt schnell zu beenden. Nach UN-Angaben sind bei Kämpfen zwischen Regierungssoldaten und prorussischen Separatisten rund 13 000 Menschen getötet worden. Die Gefechte halten an. Die Umsetzung des 2015 unter anderem durch deutsche und französische Vermittlung vereinbarten Minsker Friedensplans liegt auf Eis.

Sowohl in der Europäischen Union als auch im benachbarten Russland wird die Abstimmung mit großem Interesse verfolgt. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hoffte, dass nach der Wahl der Minsker Friedensplans wieder vorangetrieben werde. Die Wahl wolle er aber vor dem Ergebnis nicht kommentieren, sagte er russischen Agenturen.