Eine Aufnahme aus dem Prozess gegen den baden-württembergischen PolizeiinspekteurFoto:Julian Rettig / Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Hat Andreas Renner einer weiteren Polizistin gegen deren Willen pornografische Aufnahmen geschickt? Darum geht es bei einem neuen, nun eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegen den Inspekteur der Polizei.

Der 23. Mai 2023 war in der ursprünglichen Planung des Landgerichts der letzte Termin, also Tag des Urteils, im Verfahren gegen Andreas Renner, den Inspekteur der Polizei. Schnell jedoch wurde klar, dass es zu diesem Zeitpunkt noch zu keinem Ende kommen würde. Inzwischen sind Termine bis Mitte Juli festgelegt.

Doch auch wenn bis dahin ein Urteil wegen des Vorwurfs der sexuellen Nötigung gefallen sein wird, Ruhe wird es noch lange nicht geben in Sachen Ermittlungen gegen den Inspekteur. Die Stuttgarter Zeitung meldete am Dienstag, das ein weiteres Verfahren gegen den 50-Jährigen laufe. Es geht um den Verdacht der Verbreitung pornografischer Schriften. Dabei geht es vermutlich um Nacktbilder von sich selbst, die Renner an eine Frau geschickt haben soll, an eine Polizeibeamtin. Die Staatsanwaltschaft hat gegenüber der Stuttgarter Zeitung bestätigt, dass sie ermittelt, sich aber nicht zu den Inhalten geäußert.

Die Tatsache, dass diese Bilder existieren, wurde bekannt, weil sich der Ex-Partner der betroffenen Polizistin meldete. Der Anwalt Holger Rohne, der im aktuellen Verfahren wegen sexueller Nötigung das mutmaßliche Opfer als Nebenklägerin vertritt, las Whatsapps vor, die Renner und der Expartner sich geschrieben hatten. Sowohl der Mann als auch die Frau sollen nun als Zeugen gehört werden, voraussichtlich Mitte Juni.

Da der Mann die Existenz der Bilder aktenkundig machte, hat die Staatsanwaltschaft nun ein Verfahren gegen Renner wegen der Verbreitung pornografischer Schriften eröffnet. Es steht unter Strafe, Bilder mit sexuellen Inhalten an jemanden zu schicken, der oder die solche Aufnahmen nicht anfordert. Es soll dem Gericht jedoch auch ein Schreiben der Frau vorliegen, in dem sie ausführt, die Fotos habe sie nach Absprache von Andreas Renner erhalten.

Mehrfach soll Renner Nacktfotos verschickt haben

Ein ähnlicher Vorwurf war schon einmal untersucht worden. Ein anonymer Hinweisgeber hatte angezeigt, Renner habe Nacktfotos an drei Frauen verschickt. Das Verfahren war am Ende eingestellt worden, da Renner sagte, er habe die Zustimmung der drei Frauen gehabt, die Aufnahmen zu senden. Im aktuellen Verfahren spielt es immer wieder eine Rolle, ob Renner auch zu anderen Frauen intime Kontakte hatte. Er muss sich wegen sexueller Nötigung einer 16 Jahre jüngeren Kriminalhauptkommissarin verantworten. Er soll sie bei einem Kneipenbesuch genötigt haben, ihn vor dem Lokal beim Urinieren im Intimbereich anzufassen. Dem Absacker zu zweit in der Bar in Bad Cannstatt war eine Sektrunde mit weiteren Kollegen und Kolleginnen, darunter auch Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz, im Innenministerium vorausgegangen.

Ein Referent aus dem Innenministerium als Zeuge

Im Landgericht war am Dienstag ein Referent aus dem Innenministerium als Zeuge geladen, der dabei war, als die Landespolizeipräsidentin dem Inspekteur, wenige Tage nachdem die Beamtin sich gemeldet hatte, die Eröffnung des Disziplinarverfahrens eröffnete. Bei dieser Gelegenheit wurde Renner auch das Führen der Dienstgeschäfte verboten. Bei der Befragung des Zeugen ging es unter anderem um den Satz „Die Hose blieb zu“, den Renner bei diesem Termin geäußert haben soll.

Der Satz sei gefallen, erinnerte sich der Jurist aus dem IM. Gemeint gewesen sei die Hose der Frau, der Anzeigenerstatterin. Ob der Inspekteur selbst seine Hose geöffnet und sich damit vor der Hauptkommissarin entblößt habe? An eine solche Aussage des obersten Polizisten im Land erinnerte sich der Zeuge nicht. Genau im Kopf hatte er hingegen die Reaktion des Inspekteurs. Er soll an mehreren Stellen „sehr emotional“ geworden sein. Als Beispiel nannte der Jurist die Stelle, an der Stefanie Hinz das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aussprach. Renner habe vorgeschlagen, er könne doch stattdessen Überstunden abbauen oder Urlaub nehmen. Als er schließlich das Ministerium verlassen musste, habe er noch gebeten, sich bei ein paar Kollegen noch persönlich verabschieden zu dürfen.

„Das bekomme ich nie wieder los“

Eine starke Reaktion habe auch die Eröffnung des Sachverhaltes hervorgerufen. „Das bekomme ich nie wieder los“, habe er gesagt, und: „Die will mich fertig machen.“ Zu seiner Verteidigung habe er damals gesagt, der Abend sei zwar „wild“ gewesen, aber es sei nichts passiert. Die Frau sei „ungenötigt“ am Ende des Zusammentreffens in ein Taxi eingestiegen. Vom ersten Tag an ist es die Linie der Verteidigung Renners, die Frau als Initiatorin der Annäherung und Zärtlichkeiten, die in dem Lokal vor dem Gang nach draußen gelaufen sein sollen, darzustellen.

Der Prozess wird am 12. Juni fortgesetzt.