Taylor Swift: Die ultrarechte Gemeinde in den USA erhebt die frühere Country-Sängerin zur „arischen Göttin“. Foto: Getty

Die ultrarechte Gemeinde in den USA erhebt die frühere Country-Sängerin zur „arischen Göttin“. Die 27-Jährige kann nichts dafür. Eine scharfe Distanzierung von Rassisten und Neonazis bleibt aber aus. Ein gefährliches Spiel.

New York - Taylor Swift ist gerade dabei, sich wieder einmal neu zu erfinden. Der einstige Country Music-Star taucht in ihrem neuesten Musikvideo „Look what you made me do“ als Electropop-Diva auf. Die 27-Jährige will ihren Ruf retten. Warum sie das für nötig hält, gibt sie bereits im Song selbst zu verstehen: „I don’t like the role you made me play“, singt sie da – „Ich hasse die Rolle, in die Du mich gesteckt hast.“

Der Kommentar wird gemeinhin als Anspielung auf die andauernde öffentliche Fehde mit Kanye West gedeutet, die für Taylor Swift in einem PR-Desaster endete. Swift fühlte sich von West in einen Morast hineingezogen, in dem sie zu versinken drohte. Doch die Zeile kann auch als Verweis auf einen ganz anderen Morast gelesen werden, in den Swift hineingeraten ist. Wie erst kürzlich die öffentliche Rundfunkstation NPR berichtete, hat sich Taylor Swift gegen ihren Willen zu einer Ikone der rassistischen sogenannten Alt-Right-Bewegung in den USA entwickelt. Alt-Right steht für „alternative Rechte“. Die Feministin Camile Paglia, selten um eine Provokation verlegen, nannte Swift giftig ein „blondes Nazi-Püppchen“.

Ein rechtsradikaler Blogger nennt Swift eine „arische Göttin“

Es begann mit einer Pinterest-Wand genannt „Real Taylor Swift Quotes“, auf der eine Nutzerin Fotos von Taylor Swift mit Zitaten von Adolf Hitler überblendete. Dort wurden der blonden Schönheit Worte in den Mund gelegt wie: „Wir sind ein Ritterorden, aus dem man nicht austreten kann, in man den durch sein Blut aufgenommen wird und dem man mit Leib und Seele angehört.“ Es war unklar, ob die Montagen als Satire gedacht waren, um Swifts „arische“ Anmutung aufs Korn zu nehmen.

Doch die profaschistische Rechte sah darin keine Ironie und adoptierte Swift dankend als Idol. So widmete der rechtsradikale Blog „Daily Stormer“ Swift eine eigene Kolumne. Gründer Andrew Anglin nannte Swift eine „arische Göttin“. „Die gesamte Alt-Right“, führte Anglin aus, „wartet auf den Tag, an dem wir ihr unsere Schwerter zu Füßen legen dürfen, vor ihrem Thron niederknien und ihre Befehle entgegennehmen, die untermenschlichen Feinde der arischen Rasse zu vernichten.“ Die ultrarechte Internetgemeinde nahm begierig den Faden auf. Eine Facebook-Gruppe namens „Taylor Swift für ein faschistisches Europa“ hatte vorübergehend 18 000 Anhänger.

Swift hat nichts getan, was derartige Theorien rechtfertigt

Durchs Netz wabert der Verdacht, dass Taylor Swift das ist, was unter der neuen Rechten in den USA als „redpilled“ bezeichnet wird, in etwa zu übersetzen mit: auf der richtigen Seite stehen. Um die liberale Unterhaltungsbranche nicht zu brüskeren, traue sie sich nicht, sich offen zu ihrer Herrenmenschen-Ideologie zu bekennen, zur Überzeugung, dass die weiße Rasse allen anderen überlegen sei. Doch wie auch der „Daily Stormer“ mutmaßte, werde der Tag kommen, an dem die Sängerin ihren Anhängern ihre wahren Farben zeige.

Dabei gibt es nichts an Swifts Verhalten oder an ihren Äußerungen, das derartige Theorien rechtfertigt. Die Musikerin kann genauso wenig dafür, dass sie zur Faschisten-Ikone geworden ist, wie Gloria Gaynor („I will survive“) einst dafür konnte, dass sie zur Stimme der Schwulenbewegung wurde. Doch kann man Swift vorwerfen, nicht genug zu tun, um sich davon zu distanzieren. Ihre Anwälte haben zwar gegen die Hitler-Zitate protestiert. Die 27-Jährige hat sich jedoch, anders als viele Popstars, auch nach den Gewaltexzessen in Charlottesville nicht gegen rechte Hassgruppen und Neonazis ausgesprochen. Auch gegen Donald Trump hat sie sich nicht ausgesprochen. Ein mutmaßlich großer Anteil ihrer Fans sind Sympathisanten des Präsidenten, die sie nicht brüskieren will.