Sie hat fünf Gänge für 20 Personen im Griff: Graziella Letizia-Deotto. Foto: Horst Rudel

Aus Marktresten zaubert Graziella Letizia-Deotto ein Menü. Sie und ihre Familie tragen so alte italienische Rezepte weiter und nehmen ihre Gäste für einen Abend mit in ihre Familientradition. Die Plätze für den kulinarischen Abend sind begrenzt.

Nürtingen - Artischockensalat, gebratener Radicchio, Frittata, Minestrone, marinierte Erdbeeren und Cantuccini stehen an diesem Abend auf der Speisekarte in der Cucina Casalinga. Das neue Pop-Up-Restaurant in der Villa Melchior der Freien Kunstakademie Nürtingen (FKN) öffnet alle sechs Wochen seine Türen. 20 Gäste dürfen nach Voranmeldung an der gedeckten Tafel Platz nehmen und sich von der Familie Letizia-Deotto in die Welt der italienischen Esskultur entführen lassen. Diesen Ausflug verdanken die Besucher Graziella Letizia-Deotto, die in der Küche ruhig, aber bestimmt ein Gericht nach dem anderen auf die Teller bringt. Die 60-Jährige kocht, was sie von ihrer Mutter gelernt hat, die als Gastarbeiterin aus Süditalien in den Kreis Esslingen kam. „Alles aus dem Kopf“, sagt die Köchin und rührt in der Minestrone.

Ein Ausflug in die Welt der familiären italienischen Esskultur

Nicht nur die alten Familienrezepte, sondern auch die Zutaten sind etwas besonderes. Graziellas Bruder, Renato Letizia ist Obst- und Gemüsehändler und verkauft die Produkte zusammen mit seiner Nichte Francesca auf Märkten in der Region und in seiner Scheune in Dettingen. Hier trifft Katrin Burtschell, die Leiterin der FKN, auf die deutsch-italienische Familie und sieht, dass auch manches übrig bleibt. „Graziella kocht sowieso den ganzen Tag und was sie aus den Resten macht, ist so lecker, da hatten wir gemeinsam die Idee eines Kochabends“, schwärmt Burtschell. Da die Kunstakademie über die nötigen Räumlichkeiten verfügt, war der restaurantähnliche Abend für die Öffentlichkeit geboren.

Nach einem Testlauf im Januar kommen Anfang März dann die angemeldeten Gäste in die Villa. „Wir sind schon ein bisschen aufgeregt“, verraten Graziella und Francesca in der Küche. Obwohl sie es gewohnt sind, für viele Menschen zu kochen, ist so ein ganzes Menü für fremde Gäste doch etwas anderes. Innerhalb kurzer Zeit hat ein Team aus ehrenamtlichen Helfern den Seminarraum liebevoll zu einem Restaurant umgestaltet.

An den Wänden hängt Kunst, auf den Tisch kommen Gerichte auf höchstem Niveau, an deren Qualität sich manches Lokal ein Beispiel nehmen könnte. Renato serviert und kündigt die Speisen an: „Als zweite Vorspeise gibt es Dreierlei von der Artischocke. Ein Artischocken-Püree auf Crostini, eine Artischocke in der Brühe und einen Salat vom Artischockenherz. Guten Appetit“.

Bezahlung läuft über Spenden der Gäste

Burtschell sieht auch einen künstlerischen Aspekt in der Cucina Casalinga: „Essen ist ästhetisches Handeln, in der Kunst und auch hier geht es um das Bewahren und Erinnern. Das macht die Familie mit ihren Rezepten und dem Umgang mit übrigen Gemüse und Obst.“

Renato erfüllt sich damit auch ein bisschen den Wunsch nach einem kleinen Restaurant. „Wir wollen unsere italienische Esskultur weitergeben. Oft fragen mich die Leute auf dem Markt, was man mit diesem oder jenem Gemüse anfangen kann, hier gibt es eine Antwort auf dem Teller“, sagt der 55-Jährige. Der Abend wird durch Spenden finanziert. Jeder gibt, was ihm das Essen wert ist – so lautet die Devise.

Cucina Casalinga, Neckarstraße 13, Nürtingen. Am 18. April und am 6. Juni sind die nächsten Termine. Anmeldung per Mail: info@fkn-kunstakademie.de oder unter 0160/94 61 16 83.