Mit einem Pop-up-Gemeinschaftsgarten will die Stadt Ostfildern die Traumfelder in den Bürgergärten neu beleben. Bewohner des Scharnhauser Parks dürfen Hochbeete in eigener Verantwortung von Mai bis Oktober bepflanzen.
Ein Vergissmeinnicht im Blumentopf hat die vierjährige Theresa von ihrer Mutter bekommen. „Als ich vergessen habe, es zu gießen, ist alles verwelkt.“ Damit das nicht mehr passiert, übt sie künftig mit den anderen Jungen und Mädchen der Kindertagesstätte Seepferdchen im Scharnhauser Park in ihrem eigenen Beet. Am Montag, 5. Mai, übergibt Bürgermeister Michael Lübke auf den Traumfeldern Hochbeete an interessierte Bürgerinnen und Bürger. Jung und Alt sollen in dem Pop-up-Gemeinschaftsgarten von Mai bis Oktober gemeinsam gärtnern.
Mit diesem Konzept möchte die Stadt die Bürgergärten im Scharnhauser Park neu beleben. Das freut den 86-jährigen Hans Gruber, der sich seit Jahrzehnten um die Pflanzen in den Traumfeldern kümmert. „Es ist einfach sehr viel, das alles schaffe ich in meinem Alter nicht mehr“, sagt der Freizeitgärtner. Zwar hat er viele ältere Mitstreiter, aber die junge Generation war aus seiner Sicht „schwer zu erreichen“. Immer mal wieder hat Gruber auf den Traumfeldern Kaffeenachmittage unter freiem Himmel organisiert, um mehr Menschen aus der Nachbarschaft zu erreichen. Dennoch sei die viele Gartenarbeit „an wenigen von uns hängengeblieben“, sagt der Senior. Nun freut er sich, dass sich auch neue Gesichter für die Gartenarbeit interessieren.
Das Urban-Gardening-Projekt hat schon viele neue Freizeitgärtnerinnen und -gärtner erreicht. Mit einer umfassenden Bürgerbeteiligung hat die Stadt Ostfildern nun ein neues Konzept für die Bürgergärten entwickelt. „Es geht uns darum, niederschwellige Angebote zu machen“, sagt Nina Born, die sich bei der Stadt Ostfildern um partizipative Projekte kümmert. Mit dem Gemeinschaftsgarten wolle man den Ehrenamtlichen die Möglichkeit geben, selbst aktiv zu werden. „Viele Menschen, die in den Geschosswohnungen leben, haben keinen eigenen Garten“, sagt Born. Sie können die Fläche nun nutzen, um selbst Gemüse anzubauen oder um Blumen zu pflanzen.
Die Stadt hat mit Erde gefüllte Hochbeete aus nachhaltigen Materialien aufstellen lassen. Die Tröge werden nun von den Bewohnern bepflanzt und zunächst von Mai bis Oktober gepflegt. Der mediterrane Garten, in dem der Pop-up-Gemeinschaftsgarten Platz gefunden hat, lag jahrelang brach. „Das soll nun ein Ort der Begegnung werden“, sagt Carina Hornung über das Konzept. Die Fachbereichsleiterin hat die Wiederbelebung der Bürgergärten mit ihrem Team geplant.
Vorfreude auf die erste Ernte im Gemeinschaftsgarten
Ihrer ersten Ernte fiebern die Jungen und Mädchen der Kita Seepferdchen in der Herzog-Carl-Straße im Scharnhauser Park schon entgegen. „Wir wollen Kürbisse pflanzen“, sagt Fynn. Der Fünfjährige freut sich schon, daraus Masken zu schnitzen. „Die kann man auch backen“, sagt Sami. Und Leah wünscht sich eine Kürbissuppe. Vor dem mit Erde gefüllten Beet bremst Friederike Knapp, die Leiterin der Kita des privaten Trägers Seepferdchen, die Erwartungen der Kinder. „Erst mal müssen wir die Pflanzen einsäen“, sagt die erfahrene Erzieherin. Dann geht es aus ihrer Sicht darum, „Verantwortung zu übernehmen und die Triebe regelmäßig zu gießen“. Das zu lernen sei für die Kinder wichtig. „Für uns ist das Gartenprojekt pädagogisch sehr wertvoll.“
Weil die Kita keinen eigenen Gartenbereich hat, sind die Erzieherinnen mit den Kleinen oft in den Traumfeldern unterwegs. Der Helikopter-Spielplatz fasziniert die Jungen und Mädchen ebenso wie das Labyrinth, in dem sich die Kleinen zwischen verwachsenen Büschen und Bäumen verstecken und austoben dürfen. „Wir wollen die Kinder mit der Natur vertraut machen“, sagt Friederike Knapp über das Ziel des Projekts. Das klappt aus ihrer Sicht prima. „Schaut mal, eine Meise“, ruft die fünfjährige Leah. Sie und die anderen Kinder kennen schon viele Vogel- und Pflanzenarten, die sie bei Streifzügen durch die Natur entdeckt haben.
Mit Bollerwagen und Geräten zur Gartenarbeit
Vorsichtig streichen die Jungen und Mädchen über die Erde in ihrem Hochbeet, das etwas niedriger ist als die anderen. „Da sind ja Steine drin“, stellt Theresa mit Erstaunen fest. Sie freut sich schon darauf, die Samen in die feuchte Erde zustecken. Friederike Knapp hat mit den Familien schon einen Gießplan gemacht, damit die Kürbisse im Spätsommer auch richtig wachsen. „Nächste Wochen beginnen wir damit, die ersten Pflanzen zu säen“, sagt Friederike Knapp. Mit ihrem Bollerwagen und mit Gartengeräten gehen die Kinder dann gemeinsam in den Gemeinschaftsgarten.
Neben Kürbissen sollen auch Kräuter im Hochbeet der Seepferdchen-Kinder wachsen. Basilikum kennen die Kinder. „Da macht man Pesto draus“, weiß Fynn. Aber auch Petersilie oder Zitronenmelisse sind im Gespräch. Da der Platz im Beet begrenzt ist, müssen die Jungen und Mädchen eine Wahl treffen. Friederike Knapp freut sich schon darauf, immer mal wieder mit den Kindern „mit den selbst geernteten Pflanzen zu kochen“. Die Erzieherin hofft, dass das Gartenprojekt die Familien inspiriert, auf ihren Balkonen oder in den Gärten selbst Blumen oder Gemüse anzupflanzen. Sie selbst ist eine begeisterte Freizeitgärtnerin und möchte ihre Leidenschaft gerne weitergeben.
Perspektiven für die Bürgergärten
Klimawandel
Die Bürgergärten im Scharnhauser Park werden umgestaltet und an die Folgen des Klimawandels angepasst. Die Flächen wurden mit bürgerschaftlichem Engagement aus den Traumfeldern der Landesgartenschau 2002 entwickelt. Allerdings ist das Areal entwicklungsbedürftig. Nach den Worten von Carina Hornung, Abteilungsleiterin Planung im Fachbereich 3, sollen die Bürgergärten als „Freifläche für die Gesamtstadt“ von allen Bürgern genutzt werden. „Wir streben ein pflegearmes Gebiet an, und zwar durch eine Reduktion von Wegen und Vergrößerung zusammenhängender Grünflächen.“
Nachbarschaftsprojekt
Der Pop-up-Gemeinschaftsgarten wird am Montag, 5. Mai, ab 17 Uhr eröffnet. Dazu sind alle Interessenten aus der Stadt eingeladen. Die Veranstaltung findet im Mediterranen Garten südlich des Bibelgartens statt. Bei Regen muss sie entfallen, aktuelle Informationen dazu werden am Vortag bis 17 Uhr auf der städtischen Beteiligungsplattform unter www.stadtentwicklung-ostfildern-verbindet.de/beteiligung/gestaltung-buergergaerten veröffentlicht. Fragen beantwortet Projektleiterin Carina Hornung unter der Telefon 07 11/34 04-429.