Der Schweizer Entertainer veranstaltet sein Auftaktkonzert seit vielen Jahren im Europapark in Rust. Foto: dpa

DJ Bobo füllt seit nun mehr 25 Jahren die Mehrzweckhallen der Republik – und ist erfolgreicher als je zuvor. Er hat sogar Zeit für einen neuen Nebenjob bei Andrea Berg.

Rust - Wenn Menschen etwas nicht verstehen, nennen sie es Phänomen. DJ Bobo, seit 25 Jahren Tänzer, Eurodance-Hitschreiber und Inszenator von übertriebenen Shows, ist so ein Phänomen. Im April startet seine neue Tour. DJ Bobo ist kaum jemandem egal. Entweder man verabscheut die Musik und das Tamtam oder man setzt sich die Ironiebrille auf – oder man liebt ihn. Solche Fans gibt es erstaunlich viele.

Seine neue Show feierte Weltpremiere im Europa-Park Rust. Das passt schon sehr gut zusammen. Überall glitzert und blinkt es. Feierlich beleuchtet ist der nächtliche Park mit seinen künstlichen Welten von Island bis zur Schweiz. Da gibt es Themenhotels – und mittendrin die neue Show mit dem Kunstnamen „Mystorial“. Willkommen im Kosmos des DJ Bobo, in dem auch mal ein weißer Flügel durch die Luft schwebt und Steinzeitmenschen aus dem Bühnenboden hüpfen. Drei Abende in Folge ist die Show in der neuen Arena in Rust ausverkauft.

Für seine Tour braucht DJ Bobo keine Werbung. Kein einziges Plakat musste aufgehängt werden, um die Karten zu verkaufen. Auch für die Porsche-Arena in Stuttgart gibt es seit Monaten keine Tickets mehr; nur noch für Plätze, von denen aus man nichts sieht. „Aber das will ja keiner“, sagt DJ Bobo, der eigentlich René Baumann heißt. Er weiß, dass die Marke DJ Bobo eng mit dem Visuellen verknüpft ist.

Der 49-Jährige ist ein angenehmer Gesprächspartner: freundlich, kompetent, sachlich. Er spricht mit schweizerischer Färbung. Da sagt er: „G’wunderig ist das. Wie heißt das auf Deutsch? Neugierig. Ja, der Titel soll die Leute neugierig machen.“ Das möchte er mit „Mystorial“. Das Wichtigste an einer Show von DJ Bobo? „Abwechslung“, antwortet er sehr schnell. „Der Zuschauer denkt die ganze Zeit, gleich könnte etwas Neues passieren.“

DJ Bobo ist ein Selbstläufer. Seit zehn Jahren finden die öffentlichen Testläufe der neuen Shows im Europa-Park statt. Im Publikum sind viele Familien, Kinder mit Ohrstöpseln und Leuchtstäben. Ab dem dritten Lied sitzt kaum jemand mehr auf seinem Stuhl. Drei Jahre war Pause zwischen den Tourneen. Natürlich hat er an neuem Material gearbeitet, aber sich auch Zeit für seine Kinder (zehn und 14) genommen. Und er hat viel Zeit mit Schlagersängerin Andrea Berg verbracht. Nach einem Auftritt in der Porsche-Arena im Jahr 2010 kam Andrea Berg mit ihrem Mann Uli Ferber zu ihm, hat ihn geherzt und gesagt: „Das war unglaublich. Ich will auch so was.“ Die Bühne zierte ein 14 Meter hoher Buddha. DJ Bobo dachte, „die weiß nicht, was sie hier sagt.“ Baumann bekam von ihr eine DVD der vergangenen Tour und mailte seine Gedanken nach Aspach. „Das war halt ehrlich. Ich dachte, dass ich nie mehr etwas von ihr höre“, sagt er. Nach einem Jahr erhielt er eine neue Konzert-DVD: Andrea Berg hatte alle seine Anregungen wie etwa farbiges Licht, bunte Kostüme und Deko umgesetzt. „Seitdem arbeiten wir zusammen“, sagt Baumann. Man trifft sich in Aspach, in der Schweiz, fliegt für Shows nach Las Vegas. Trotzdem: „Wir kommen aus zwei verschiedenen Welten, haben andere Zielgruppen. Da gibt es keine Überschneidungen.“

„Der Bob Dylan des Eurodance“

Seine Songs sind Eurodance-Klassiker, und zum Jubiläum gibt es alle großen Hits: „There’s A Party“, „Respect Yourself“ und „Chihuahua“. Das Rezept ist immer sehr ähnlich: Jemand anders singt den Refrain, dazwischen rappt Bobo in sein goldglitzerndes Mikro. Eurodance ist ein Genre, das nie cool war, seine Protagonisten ebenfalls nicht. Doch DJ Bobos Arbeit erkennt man inzwischen an. Die „Süddeutsche“ nannte ihn schon „Bob Dylan des Eurodance“. „Diese Musikwelle war unterschätzt. Eurodance ist aus Techno entwachsen. Techno war eine reine Clubgeschichte, basierend auf den Sounds wurde Eurodance entwickelt, zu den sanften Melodien auf den harten Beats kamen die Raps dazu“, erklärt Baumann.

Heute interessiert das Genre keinen mehr. Aber DJ Bobo ist immer noch da. Dass er immer noch so erfolgreich sei, liege bestimmt an den Shows. „Das hat uns schon früh ausgezeichnet, dass wir uns da anders positioniert haben“, sagt er. „Ein Album ist für mich der Soundtrack zur Tour.“

Chef Bobo hat alles im Blick: Logistik, Finanzen, Show

Mehr als hundert Leute sind mit ihm auf Tour, die eng getaktet ist. Morgens um halb sieben geht es in die Halle, nachts um drei Uhr verlässt der letzte Lastwagen das Gelände. „Wir sind maximal in einer Distanz von etwa 400 Kilometer unterwegs. Damit das mit dem Auf- und Abbau alles klappt.“ Chef Bobo hat alles im Blick: Logistik, Finanzen, Show. „Die Herausforderung sind die schnellen Wechsel. Es sind manchmal nur 40 Sekunden Zeit zum Wechsel der Bühnenwelt, der Deko und der Kostüme. Da muss man ganz genau planen, wer geht wann wo runter “, sagt er.

Seine Firma hat neun Festangestellte in der Schweiz. Von ihnen werden Verlagsrechte, Autorenrechte, Merchandising, Sponsoring, Platten und Tour bearbeitet. „Bei so einer Tour gehen wir mit ein paar Millionen Euro in Vorleistung“, erklärt er. Aber: „Das ist kalkulierbar. Wir kennen das Volumen der Hallen. Wir gehen da kein Risiko ein“, sagt der Geschäftsmann Bobo.

Am Ende der Tour werden 200 000 Menschen in Deutschland die Show gesehen haben. „Die Hauptbesuchergruppe ist 30 bis 45“, sagt Baumann. Fans, die mit DJ Bobo groß geworden sind. Vor 25 Jahren fing er an. Als DJ. „Ich wollte nur eine eigene Platte machen und denen in der Diskothek vorspielen, in der ich aufgelegt habe“, sagt Baumann. „Ich hatte da noch keine Vision.“ Irgendwann aber erkannte er, dass seine Musik nicht in einem üblichen Konzertrahmen präsentiert werden kann.

Was eine Show sein kann, hat er sich bei den Großen abgeschaut. Mit Michael Jackson war er 1996 auf Tour. DJ Bobo baute sich daraufhin seine eigene Showwelt zusammen. Da er ja kein Discjockey ist, der Platten auflegt, dachte er schon daran, seinen Namen zu ändern. Als das bei Prince mit dem Namen Symbol nicht geklappt hat, sagte er sich: „Besser einen komischen Namen, als einen, den keiner kennt.“