Taufe im Jordan Foto: Getty Images Europe

Der Jesustreff setzt an diesem Sonntag in Stuttgart die neue Taufordnung um. Der Prädikant Tobi Wörner taucht vier Täuflinge in einem Pool im Wizemann unter unter.

Stuttgart - Der Jordan ist auch nicht mehr das, was er mal vor über 2000 Jahren gewesen sein soll. Ein mächtiger Fluss. Heute plätschert das Wasser eher so dahin. Und dennoch bleibt der Fluss ein Mythos – auch weil Johannes der Täufer hier Jesus getauft haben soll. Es ist ein markantes Datum. Denn als Johannes Jesus taufte, „tat sich der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren“, berichtet der Evangelist Matthäus (3,16).

Diese Taufe ist der Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu und damit ein wichtiges Ereignis in der christlichen Geschichte. Ungeachtet dieser Dimension ist die Taufe heute noch für jeden Täufling der Zeitpunkt, an dem er in die Gemeinschaft mit Christus aufgenommen wird. In der evangelischen Kirche wird sie in der Regel als Kindertaufe praktiziert. Hierbei bekennen Eltern und Taufpaten – entweder als Stellvertreter des Täuflings oder im eigenen Namen – den Glauben an Jesus Christus und versprechen eine christliche Erziehung des Kindes.

Wasser als Zeichen für Reinheit

Später bestätigt der Täufling dies in der Konfirmation selbst, indem er ein Bekenntnis zu Jesus Christus ablegt. Doch seit den 1970ern setzt sich immer mehr der Trend der Taufe bei der Konfirmation durch. Eltern wollen ihre Kinder in Glaubensfragen nicht bevormunden. Ihre Kinder sollten sich selbst für den christlichen Glauben entscheiden. In der Bibel gibt es keine verbindliche Regelung dafür, ob man als Kind oder Erwachsener getauft werden soll. Allerdings gab es in der württembergischen Landeskirche bis zuletzt eine Taufagende. Die schrieb vor, den Täufling mit Wasser zu begießen. Wörtlich: „Der Taufende schöpft mit der Hand dreimal Wasser aus dem Taufbecken und gießt es über die Stirn des Täuflings.“ Das Element Wasser dient als Zeichen der Reinheit: Gott reinigt die Getauften von Sünde und Schuld.

Gott reinigt die Getauften

Nun verstärkt sich bei einer wachsenden Zahl von Protestanten der Wunsch danach, wie Jesus getauft zu werden: durch ein Untertauchen. Auch weil der Durchgang durch das Wasser und das Wieder-Auftauchen das Sterben und die Auferstehung mit Christus symbolisiere. Daher wird diese Form der Taufe durch Untertauchen nun seit Jahresbeginn auch in Württemberg, sprich: in Stuttgart, offiziell möglich. Und zwar durch den progressiven Flügel der Nordkirche, den Jesustreff. Zwei Erwachsene und zwei Kinder nehmen die Taufe an diesem Sonntag im Wizemann wörtlich. Denn das griechische Wort für die Taufe ist „baptismós“. Es ist eine Ableitung von „báptein“ und bedeutet eintauchen, untertauchen.

Taufe in einem Pool

Daher wird Jesustreff-Leiter Tobi Wörner im Rahmen des Sonntagsgottesdienstes (11 Uhr) die vier Gläubigen in einem Pool untertauchen und taufen. Ob die Mutterkirche im Norden das Vorgehen der Schwester Jesustreff gut oder schlecht findet, wollte eine Pfarrerin nicht beantworten. Für sie springt Stadtdekan Søren Schwesig in die Bresche: „Ich finde es gut, dass wir die Immersionstaufe in unsere Taufagende aufgenommen haben, weil wir damit der Lebenswirklichkeit von Menschen entsprechen.“ Gleichzeitig betont er, dass dieses Untertauchen in keiner Weise „biblischer“ sei als der bisherige Ritus. Und er stellt klar, dass die neue Form der Taufe nicht eingeführt worden sei, weil man damit auf das Angebot mancher Freikirche reagiere: „Wir haben diese Entscheidung nicht aus der Konkurrenzsituation heraus getroffen, sondern weil wir uns der Lebenssituation von Menschen stellen wollten.“