Diese Tapa misst knapp 25 Quadratmeter. Der Kunstsammler Peter Klein ist fasziniert von den Texturen, die aus dem Bast des Papiermaulbeerbaums gewonnen werden. Foto: factum/Granville

Eine ungewöhnliche Ausstellung eröffnet am Sonntag, 20. Januar, im Kunstwerk Klein. Gezeigt werden bemalte Rindenbaststoffe aus Samoa, Tonga und Co. Keine leichte Aufgabe für die Galeristin.

Eberdingen-Nussdorf - Warum um alles in der Welt sammelt man Rindenbaststoffe aus Polynesien? Peter Klein, Millionär, Mäzen und Sammler zeitgenössischer Kunst, weiß, dass dies die erste Frage ist, die ihm jeder zu seiner neuen Ausstellung im Kunstwerk Klein stellen wird. Seine Antwort: Als er noch Geschäftsmann war, habe er auch einen Geschäftspartner aus Tonga gehabt. Und in dessen Büro habe er zum ersten Mal eine Tapa gesehen. So werden die Rindenstoffe genannt, die die Einheimischen der polynesischen Inseln aus dem Bast von Bäumen zu feinen Texturen schlagen, und dann mit Naturfarben bemalen oder bedrucken. „Das hat mich damals schon fasziniert, ich konnte aber noch nichts damit anfangen“, sagt Klein.

Gekauft hat er sie dennoch fortan, in kleinen Dörfern von Eingeborenen auf Futuna, Samoa, Tonga oder den Fiji-Inseln, bis sich im Keller der Klein’schen Kunstsammlung rund dreißig Tapa gesammelt hatten. Dann kam die Frage an seine Galeristin Valeria Waibel: „Was machen wir eigentlich damit?“ – natürlich eine Ausstellung. Keine einfache Aufgabe für Waibel, die es aber gewohnt ist, den extravaganten Geschmack ihres Chefs in ansprechende Expositionen zu gießen. So gab es im Kunstwerk Klein schon mehrfach Ausstellungen mit Gemälden und Objekten australischer Ureinwohner – alle mit großem Erfolg beim Publikum.

Werke zwischen Ethnologie und Kunst

Waibel holte sich Unterstützung von Ingrid Heermann, die vor ihrem Ruhestand als Ethnologin im Lindenmuseum Stuttgart gearbeitet hat. Sie ist begeistert von der Idee Kleins und Waibels: „Ich kenne kein Museum zeitgenössischer Kunst, das Tapa in diesen Mengen gesammelt hat.“ Was wohl auch daran liegen mag, dass die Kunstmuseen sagen, Tapa seien Ethnologen-Sache, weil es sich ja im Grunde um Alltagsgegenstände handelt. Die Ethnologen wiederum sagen, dass die Verzierungen auf den Stoffen durchaus Kunst sind – nur versteht sie niemand so richtig. So sei von Augustin Krämer, dem ersten Direktor des Lindenmuseums in Stuttgart, der Spruch überliefert, dass er verzweifle an dem Versuch, an Namen und Bedeutung der Tapa heranzukommen.

Die Ausstellung „Aus der Südsee“ versucht das erst gar nicht. Vielmehr bieten Wandtexte und der Katalog Einblicke in die Geschichte, die Verwendung und die Traditionen der Tapa, die als Kleidung, Bettzeug oder auch als zeremonielle Geschenke dienten. Kleine Brüche des Erwartbaren machen die Exponate sehenswert: Auf einem Tapa von 1943 sieht man neben klassischen geometrischen Formen und Blumen plötzlich Flugzeuge. Der historische Hintergrund: In jenem Jahr hatte die tongasische Königin Spitfire-Kampfflugzeuge erworben, um Großbritannien im Zweiten Weltkrieg zu unterstützen.

Südsee-Tänzerinnen gibt es keine

Das ist durchaus erhellend, könnte so aber auch in einem Museum für Ethnologie stehen. Im Unterschied zu dort werden sie in Nussdorf aber ansprechend und raumgreifend dargeboten, um ihre ästhetische Qualität zu unterstreichen, wie Valeria Waibel sagt. Eine zusätzliche künstlerische Brechung erfahren die Tapa durch Werke zeitgenössischer Künstler aus Polynesien: Darryn George und John Pule reflektieren in ihren Gemälden Elemente der pazifischen Kultur und Geschichte.

Eine weitere freche Frage eines Journalisten musste sich Klein dann am Ende der Vorab-Tour durch die Ausstellung gefallen lassen: Ob denn bei der Vernissage auch Südsee-Tänzerinnen auftreten? Klein nahm es mit Humor und antwortete diplomatisch: „Dafür fehlt mir der Mut.“ „Aus der Südsee“ im Kunstwerk Klein ist zu sehen vom 20. Januar bis zum 10. Juni. Geöffnet ist mittwochs bis freitags und sonntags von 11 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist kostenfrei.