Drei junge Kegelrobben in der deutschen Seehundstation Friedrichskoog: Die Meeressäuger sind niedlich, aber bei Fischern in Nord- und Ostsee als Konkurrenten gefürchtet. Foto: dpa

Sind polnische Fischer schuld am gewaltsamen Tod der Meeressäuger? Die werden als Konkurrent empfunden. Die Öffentlichkeit ist wütend, doch die Fischer haben die Unterstützung der Regierungspartei.

Warschau - Sie liegen am Strand, die Bäuche aufgeschlitzt, den Kopf eingeschlagen oder mit einem Strick um den Hals. In Polen führen grausame Tötungen von Kegelrobben zu Aufregung. Die Zeitungen vom Dienstag vermeldeten wieder einen Fall. Am Putziger Wiek nördlich von Danzig wurde erneut ein erschlagenes Tier am Strand aufgefunden. Dabei gibt es Indizien, wer die Meeressäuger auf dem Gewissen hat, nämlich erzürnte Fischer.

„Wir werden diese Strolche eigenhändig vernichten“, soll einer einem polnischen Journalisten verraten haben. Denn die Robben haben längst gelernt, wie sie aus den Netzen, die ihnen selbst manchmal zum Verhängnis werden, Fische herausfangen können. Bislang wurden vier Tiere getötet, eines davon war ein Aufzuchttier aus dem Ozean-Institut der Universität Danzig, das auf der Halbinsel Hela liegt.

Die Anzahl der Kegelrobben in der Ostsee, geschützt durch polnisches und internationales Recht, ist mittlerweile auf mehr als 30000 Exemplare angewachsen, in den 80er Jahren lebten aufgrund der Jagd dort nur um die 4500 Tiere. Weitaus seltener sind Seehunde und Ringelrobben an den polnischen Stränden zu finden. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Fische dort ab. Auf dem Grund der Ostsee liegen chemischer Abfall und versenkte Schiffe aus dem Zweiten Weltkrieg, bis heute werden Giftstoffe in das Meer geleitet.

Eine Abgeordnete schlägt vor, den Robbenschutz wieder aufzuheben

Der Staat entschädigt die Fischer in Polen mit 50 bis 80 Prozent des geschätzten Werts ihres Fangs, sollten die Robben zuschlagen. Es bleibt für sie also ein Verlust, verursacht durch einen Feind, der lange Zeit verbannt schien: An der südlichen Ostsee wurden die Kegelrobben bis in die 1920er Jahre auf Betreiben der Fischer vollständig ausgerottet. An deutschen Ostseestränden gibt es mittlerweile hundert Tiere, die sich in den vergangenen 15 Jahren aus nördlichen Beständen angesiedelt haben. Auch in Deutschland gibt es den Widerstand der Fischerei sowie mysteriöse Todesfälle bei Kegelrobben. Im vergangenen Winter hatten tote Tiere in Mecklenburg-Vorpommern die Ermittler auf den Plan gerufen.

Auf in der polnischen Öffentlichkeit ist nun ein entsprechender Druck da, die oder den Täter zu finden. Im Internet hat sich eine Initiative gebildet, die die Fischer mit einem Kaufboykott strafen will. Die örtliche Polizei ist mit der Spurensuche befasst und gibt kund, dass eine Aufklärung wohl schwierig sei.

Zudem erfahren die Fischer Unterstützung von einer Abgeordneten der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Dorota Arciszewska-Mielewczyk schlägt vor, den Schutz der Robben wieder aufzuheben, um die Schäden der Fischer zu kompensieren. An der Misere hätten zudem deutsche Umweltschützer Schuld. Generell ist die PiS dafür bekannt, in Sachen Umweltschutz einen Rückwärtsgang einzulegen, beziehungsweise mehr die Interessen der Forst- und Agrarwirtschaft sowie der Fischerei zu berücksichtigen. Der Europäische Gerichtshof hat kürzlich Polen Rechtsbruch vorgeworfen, da das Umweltministerium massive Abholzungen im Bialowieza-Nationalpark erlaubt hatte.