Der Ku Klux Klan (Symbolbild aus den USA) Foto: dpa

Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) hat mit einer Mahnwache vor dem baden-württembergischen Innenministerium auf die aus ihrer Sicht schlampigen Ermittlungen im NSU-Komplex reagiert. „Das Misstrauen in die Behörden wächst“, sagte der Bundesvorsitzende der Organisation, Gökay Sofuoglu.

Stuttgart - Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) hat mit einer Mahnwache vor dem baden-württembergischen Innenministerium auf die aus ihrer Sicht schlampigen Ermittlungen im NSU-Komplex reagiert. „Das Misstrauen in die Behörden wächst“, sagte der Bundesvorsitzende der Organisation, Gökay Sofuoglu, am Mittwoch in Stuttgart. Der TGD-Chef spielte damit auf einen Bericht der Stuttgarter Nachrichten an, wonach mehrere Polizisten sich um die Aufnahme in den rassistischen Ku Klux Klan (KKK) bemüht hatten.

Der Türkischen Gemeinde geht es allerdings auch um den Tod von Florian H., der sich im Herbst 2013 selbst in seinem Auto auf dem Cannstatter Wasen verbrannt haben soll, und seiner ehemaligen Freundin Melissa M., einer 20 Jahre alten Zeugin aus dem NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags. Sie starb am vergangenen Wochenende überraschend – laut Polizei und Staatsanwaltschaft an einer Lungenembolie in Folge eines Sport-Unfalls. Man fordere eine „lückenlose Aufklärung“, sagte TGD-Vorsitzender Sofuoglu.

Das Innenministerium lud Vertreter der Türkischen Gemeinde zu einem Gespräch ein. „Wir nehmen sehr ernst, was die Menschen hier bewegt“, sagte der Leiter der Zentralstelle des Innenministeriums, Thomas Berger, bei der Mahnwache: „Der Vorwurf, dass wir nicht aufklären wollen, trifft die Polizeibeamten an einer empfindlichen Stelle.“

Berger vertrat Ressortchef Reinhold Gall (SPD), der aus terminlichen Gründen nicht zu der Aktion vor seinem Ministerium kommen konnte.

Mutmaßlich der rechtsextreme Nationalsozialistische Untergrund (NSU) soll zwischen 2000 und 2007 neun türkisch- und griechischstämmige Kleinunternehmer sowie die Polizeimeisterin Michèle Kiesewetter 2007 in Heilbronn getötet haben.

Der Untersuchungsausschuss des Landtags untersucht die Aktivitäten der rechten Terrorgruppe in Baden-Württemberg sowie die Ermittlungsarbeit der Behörden. Im Fokus war zuletzt der Feuertod des Neonazi-Aussteigers Florian H. im Fokus der Abgeordneten. Ermittler hatten im ausgebrannten Peugeot von H. Beweismittel übersehen. Der Neonazi-Aussteiger behauptete zu wissen, wer Kiesewetter tötete. Brisant: Sowohl im Fall H. als auch im Fall Kieswetter führen Spuren nach Schwäbisch Hall zum KKK. Dem rassistischen Geheimbund gehörten mindestens zwei Polizisten aus dem Südwesten an, darunter der am Mordtag eingesetzte Gruppenführer Kiesewetters. Der Bruder eines Ermittlers im Fall Florian H. war an führender Stelle bei den Kapuzenträgern aktiv. Ein Sprecher des Innenministeriums beharrt, es gebe „keine verwertbaren Belege“, dass es aus Polizeireihen weitere KKK-Mitglieder gebe.

Nach der Darstellung des damaligen Klanchefs aber waren bis zu 20 Polizeibeamte an einer Mitgliedschaft im baden-württembergischen Ku Klux Klan interessiert gewesen. „Wenn das stimmen würde, wäre das Image der Polizei zurecht angekratzt“, sagte der baden-württembergische Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Joachim Lautensack, den Stuttgarter Nachrichten. Lautensack zweifelt jedoch die Glaubwürdigkeit des früheren Klanführers an: „Ich will und kann das nicht glauben.“ Rassistisches Gedankengut dürfe „im Selbstverständnis eines Polizisten keinen Platz haben“.